Hund knurrt fremde Menschen an

  • Hallo,
    erstmal kurz zu mir bzw. meinem Hund.

    Tosca ist jetzt ca. 8 Monate alt. Sie wurde als Welpe über den Tierschutz aus Rumänien geholt und ins Würzburger Tierheim gebracht wo mein Freund und ich sie ins Herz geschlossen haben. Damals war sie 5 Monate alt und hatte noch nichts von der Welt gesehen.
    Anfangs hatte sie vor so ziemlich allem Angst, das haben wir aber innerhalb von 2 Wochen in den Griff bekommen. Sie ist eigentlich ein echt superlieber Hund, Abrufbarkeit und Co werden auch von Tag zu Tag besser. Eigentlich können wir uns also nicht beklagen.
    Sie hat jetzt ca. 40cm Schulterhöhe und wächst wohl auch noch ein Stückchen.

    Jetzt kam es heute zu folgenden Vorfällen:
    Wir waren heute Mittag im (inoffiziellen) Hundepark. Anfangs waren viele Hunde da mit denen sie wie gewohnt getobt hat. Nach und nach gingen alle anderen Hunde weiter und wir haben es uns im Schatten gemütlich gemacht.
    Mein Freund und ein Bekannter von uns haben Frisbee gespielt, Tosca lag bei mir.
    Auf einmal ist sie aufgesprungen, zu unserem Bekannten (den sie auch schon öfter gesehen hat) hingerannt und hat ihn angeknurrt. Er hat sie schnuppern lassen dann war es auch wieder in Ordung. 5 Minuten später das selbe.
    Wir haben vermutet das sie eifersüchtig ist weil mein Freund mit jemand anderem als mit ihr spielt.

    Dann hatte es sich irgendwann ausgespielt und wir saßen noch weiter rum, sie lag auch völlig entspannt bei uns, als ein Spaziergänger ein paar Meter von uns entfernt über die Wiese lief.
    Sie hat geknurrt, das "alles ist gut" überhört und ist auf den armen Kerl zugerannt. Sie ist dann bestimmt ne Minute lang um ihn herumgerannt und hat ihn angeknurrt bis wir sie endlich zu fassen bekommen haben.

    Woran kann dieses Verhalten liegen? Wie kann ich es verhindern?

    Ich bin um jeden Rat wirklich dankbar :hilfe:

  • Zitat

    Damals war sie 5 Monate alt und hatte noch nichts von der Welt gesehen.

    Da Tierschutzhunde häufig schlecht sozialisiert sind und die Phase des "leichten Lernens" schon vorbei ist/war, ist es nun eure Aufgabe, den Hund allen möglichen Reizen auszusetzen (das Tempo/Ausmaß gibt der Hund vor) und ihm adäquat zu zeigen, wie er sich zu verhalten hat, wenn ihm etwas unheimlich vorkommt. Meist ist es so, dass man Angstauslöser gruppieren kann. Also beispielsweise "alle Männer über einem gewissen Alter", "alle Kinder unter 10 Jahren", "Menschen mit Hut", "Menschen mit einer bestimmten Gangart", etc. pp.

    Lies dich mal in die Methoden der Desensibilisierung und Gegenkonditionierung ein. Zuweilen kann man auch mit "umgekehrten Flooding" arbeiten, um den diskriminierenden Stimulus (erstmal) auszublenden. Also ein Hund, der Männer mit Hut gruslig findet, wird diesen in einer Menschenmenge, wo jeder 2. einen Hut trägt nicht mehr so gruslig finden - ihn aber allein auf der gegenüberliegenden Straßenseite vielleicht sogar anbellen.

    Dann wäre natürlich noch wichtig, dass man einen Hund, der angst hat, nicht für seinen Verhalten bestraft. Angst ist ein Reflex, den der Hund nicht steuern kann und somit nicht seiner Entscheidung unterliegt. Er fühlt sich von etwas bedroht und will es loswerden, wenn ihr jetzt noch mit unangenehmen Methoden dazukommt, wirkt die erste Bedrohung für den Hund doppelt so schlimm. Im Rahmen der Gegenkonditionierung wird die zugrunde liegende Emotion (Angst) gewandelt, dazu muss der Hund aber erst (am besten ein paar) Alternativverhalten erlernen, die über positive Verstärkung gelehrt wurden.

  • Hi,
    es kann auch anders sein. Der Hund kann schutz"trieb" haben, der jetzt erwacht. Da ist Desensibilisierung der falsche Weg.

    Am besten ist, man lässt jemanden raufschauen, der den Hund und das Verhalten vesteht, analysiert und bestenfalls auch Tipps gibt.

    Mit meinem ungarischen Hütehund (Mudi) aus dem Tierschutz kam auch das Erwachen :D

    Also nett auf der Parkbank sitzen ging ohne Management nicht ;) Die hat moderat aufgepasst, dass dann im Umfeld auch alle brav waren, sich keiner auf die Bank setzte oder ihr zu nahe kam :D

    Ein bisschen wie die Aussis sind, mit denen hat sie sich auch immer "ohne Worte" verstanden....die waren sich immer einig, wen man dann in die Schranken weisen müsste.

    Nun ist dein Hund noch jung und eine gewisse Unsicherheit wird bei sein. Im Grossen und Ganzen musst du ihm die Welt erklären. Und drauf achten, dass sich diese "hervorstürzen" nicht immer und immer und immer wieder wieder holen kann. Denn das geht nicht weg durch Desensibilisierung.

  • Zitat

    Da Tierschutzhunde häufig schlecht sozialisiert sind und die Phase des "leichten Lernens" schon vorbei ist/war, ist es nun eure Aufgabe, den Hund allen möglichen Reizen auszusetzen (das Tempo/Ausmaß gibt der Hund vor) und ihm adäquat zu zeigen, wie er sich zu verhalten hat, wenn ihm etwas unheimlich vorkommt. Meist ist es so, dass man Angstauslöser gruppieren kann. Also beispielsweise "alle Männer über einem gewissen Alter", "alle Kinder unter 10 Jahren", "Menschen mit Hut", "Menschen mit einer bestimmten Gangart", etc. pp.

    Lies dich mal in die Methoden der Desensibilisierung und Gegenkonditionierung ein. Zuweilen kann man auch mit "umgekehrten Flooding" arbeiten, um den diskriminierenden Stimulus (erstmal) auszublenden. Also ein Hund, der Männer mit Hut gruslig findet, wird diesen in einer Menschenmenge, wo jeder 2. einen Hut trägt nicht mehr so gruslig finden - ihn aber allein auf der gegenüberliegenden Straßenseite vielleicht sogar anbellen.

    Dann wäre natürlich noch wichtig, dass man einen Hund, der angst hat, nicht für seinen Verhalten bestraft. Angst ist ein Reflex, den der Hund nicht steuern kann und somit nicht seiner Entscheidung unterliegt. Er fühlt sich von etwas bedroht und will es loswerden, wenn ihr jetzt noch mit unangenehmen Methoden dazukommt, wirkt die erste Bedrohung für den Hund doppelt so schlimm. Im Rahmen der Gegenkonditionierung wird die zugrunde liegende Emotion (Angst) gewandelt, dazu muss der Hund aber erst (am besten ein paar) Alternativverhalten erlernen, die über positive Verstärkung gelehrt wurden.

    Kann mich dem nur anschließen. :gut:

  • Vor allem wäre es hilfreich, Liv, wenn du sagen könntest was genau bei "Schutztrieb" geholfen hat/helfen würde ...

    Im Rahmen der Ausarbeitung eines Trainingsplans mit Desensibilierungs- und Gegenkonditionierungsübungen würde ein guter Trainer zu Beginn feststellen, ob der aus Hund Angst oder Frust "nach vorn geht". Er würde abhaken, ob das Verhalten nur an bestimmte Orte oder Menschen gebunden ist, würde den "Halter" tauschen, um zu sehen, ob der Hund das andere Ende der Leine als "unfähig" einschätzt und deshalb meint, Situationen kontrollieren zu müssen... Auch "Schutztrieb" ist letztendlich nur eine "Umweltunsicherheit", sprich eine Angst und Angst ist bekanntlich veränderbar.

    Ganz banal kann es auch einfach sein, dass der Hund "überreagiert" hat, weil über Zeit sein Stresslevel erreicht worden war, denn Stressoren wirken bekanntlich additiv. Viele kleine Dinge können bis zum Ausbruch passiert sein, die nicht wahrgenommen wurden, während der Cocktail im Hundehirn aber schon längst am Brodeln war. Und wenn es der Kopf nicht mehr aushält schwemmt es in den Körper und der Hund kann nichts dagegen tun als Aufspringen und sich abreagieren.

  • Top erklärt, Estandia :gut:

    Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Mag sein, daß ein Hüte/beschützerverhalten reinspielt. Ist bei Rumänen nicht so unüblich ….

    Aber das Hinrennen zum Spaziergänger (kam der frontal, schnell auf euch zu??) und bellend umrunden, das würde ich mal ganz vorsichtig als angst-motiviertes "Hau bloß ab, du gruseliger Angreifer! werten.

    Welche Motivation auch immer - nimm es sehr ernst (nicht streng, sondern jetzt angehen, sonst artet es sicher aus), sicher den Hund ab heute immer (Geschirr und lange Leine, die könntest du ja schleifen lassen, aber im Notfall auch drauftreten!) und vor allen Dingen: Spielt dein Hund wirklich mit den anderen Hunden?
    Mit Hinweis auf Estandias vorherigen Post: Viele Hunde spielen aus Angst und Unsicherheit, weil sie sich nicht zu helfen wissen, heißt, eigentlich wollen sie Abstand von den Hunden. Das nennt man fiddle about beim Hund.
    Sie spielen dann z. b. mit eingeklemmter Rute, oder sie zeigen Stressverhalten (aufreiten, Pfote/Kopf auflegen, zu Frauchen rennen), wollen also eigentlich raus aus dem Spiel.

    Beobachte die Körpersprache deines Hundes genau.

    Eine gute Trainerin/Trainer wäre sicherlich die beste Idee! Und die verlinkte Seite übers Markertraining ist eine Topadresse!

    lg
    sam

    edit: Fehlerteufel

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