Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Hübsch, die beiden! Hier gibt es seit einigen Monaten auch einen Kangal. In Privathand bei einer türkischen Familie. Da ich regelmäßig da am Zaun vorbeigehe, habe ich, als er noch Welpe war, mich ihm vorgestellt, mit ihm geredet, ihn ein wenig gestreichelt, daß er mich kennenlernt. Denn ich habe keine Lust, daß ein territorial-aggressiver Hund am Zaun ist, wenn ich vorbeigehe. Nun ist er schon ziemlich groß, fängt auch schon an zu bewachen. Aber wenn er mich sieht, dann freut er sich (noch?) und kommt an den Zaun und drückt sich richtig an den Zaun ran, damit ich ihn streicheln kann. Das mal so nebenher.

  • Was? Schon wieder?
    Und? Wird diesmal was getan?


    Komisch. Bei den Beißunfällen durch Hunde waren sie alle ganz schnell bei der Sache und haben Gesetze geschaffen. Und wehe dem, wenn ein Hund zubeißt ... Aber bei Wölfen gibt es nichts. Da wird sich dann auf dem Schutzmodus ausgeruht, hat man den Eindruck.
    Mensch, daß ich sowas mal schreibe ... Vor ein paar Jahren war ich ja auch ziemlich "Haben sie halt Pech gehabt. Denen geht es doch nur um das Geld, das sie verloren haben, weil sie die Tiere nicht mehr verkaufen können." (Aber ich hatte trotzdem keine rosarote Brille auf und war auch für den Abschuß nicht scheuer Wölfe). Wie man sich ändern kann. Das verdanke ich ja mehr oder weniger nur Chris. Denn durch die Berichte aus erster Hand, die auch tiefer in die Materie Tierhaltung und Gesetze etc. gingen, hat sich mein Blickwinkel dann doch etwas verändert.

  • Und es geht weiter in Cunnewitz.

    Ist doch klar, die Alligatoren im Burggraben fehlen ja noch. Sorry für den Zynismus, aber die offiziellen Stellen sollten allmählich mal begriffen haben, dass der Herdenschutz in dieser Region, wenn sie der Meinung sind, dieses Rudel nicht entnehmen zu müssen, nun Chefsache der Behörden ist. In allen Belangen. Seien es weitere Zaun-Maßnahmen, sei es die Heranschaffung von geeigneten (!) HSH in ausreichender Anzahl, erwachsen, ein gewachsenes Hunde-Team mit Wolfserfahrung, inklusive Betreuungsperson rund um die Uhr, Versicherung und der drolligen Hundehütte, sei es das zur Verfügung stellen von Scheunen/Gebäuden zur sicheren Aufstallung, die dann bitte aber auch in einer Variante, die den verstörten überlebenden Schafen Ruhe, Sicherheit und genügend Platz läßt, inklusive Futter, Einstreu und Betreuungspersonal, sowie Nachtwachen. Und - jemand, der Tag und Nacht auf der Lauer liegt und den angreifenden Wölfen ein Streufeuer aus Gummigeschossen auf den Hintern verpaßt, wenn sie sich an die Tiere annähern.


    Auch diese Herdenschutzberater, die in Wirklichkeit ja gar keine sind, haben ihren Job nicht gemacht. In anderen Branchen würde man dafür gefeuert werden.


    Man darf gespannt sein, auf was für lustige Vorschläge die offiziellen Stellen jetzt kommen werden. Rote Weihnachtssterne an den Zaun binden, um die Wölfis in vorweihnachtliche Stimmung zu versetzen?


    Der öffentliche Druck wächst und allen Beteiligten sollte klar sein, dass sie da auf einem Pulverfass sitzen, dem mit ein paar Flatterbändchen nicht beizukommen ist.


    LG, Chris

  • Zu den Herdenschutzberatern hab ich noch gar keine Meinung. Ich wüsste gern, ob denen klar ist, dass das alles Augenwischerei ist und ob sie überhaupt 'ehrlich' beraten dürfen. Sprich, haben sie den Auftrag nach Grundschutzmaßnahmen zu beraten, um quasi eine Entschädigungsfähigkeit herzustellen, oder dürfen sie den Herdenbesitzern dort ehrlich sagen, dass sie am Arsch sind.


    Ist ja nicht immer einfach. Ich weiß, dass die Berater des Wolfsbüros z.T. selbst am Ende sind.

  • oder dürfen sie den Herdenbesitzern dort ehrlich sagen, dass sie am Arsch sind.

    Wenn sie selbigen in der Hose haben, sollten sie das tun. Ob sie dürfen oder nicht.
    Das ist u. a. auch eine menschliche Frage, wenn man in einem Job tätig ist, in dem man die Wahrheit nicht nach aussen tragen darf, wenn es denn so ist.


    Ich habe aber tatsächlich eher den Eindruck, dass die Wolfsbiologen oft selbst überrascht sind, dass so viele Maßnahmen bei bestimmten Rudeln oder Einzeltieren nicht funktionieren. Und das finde ich mindestens genauso erschreckend, denn Informationsmöglichkeiten, wie Herdenschutz anderswo praktiziert wird, gibt es doch zuhauf.


    Es stellt sich doch immer mehr heraus, dass Herdenschutz nur dann funktionieren kann, wenn als letztes Glied in der Kette auch hochwirksame Vergrämungsmaßnahmen im unmittelbaren Angriffsfall stattfinden.


    LG, Chris

  • Ich hätte ja nie gedacht, dass ich sowas mal in Betracht ziehen würde, aber ich denke, wenn man weiterdenkt, muss man über kurz oder lang anstreben, das Waffenrecht zu ändern. Wenn z.b. Rudelstärken von mehreren adulten Tieren und Jungtieren erreicht werden, kann ich im Grunde nicht mehr zur Nachtwache aufbrechen. Ich kontrolliere um diese Jahreszeit z.B. in den Dämmerungsstunden und auch in den Nachtstunden meine Tiere. Während ich mir früher höchstens Gedanken darüber gemacht habe, einen Fuchs zu treffen, oder Betrunkene, Idioten oder mich unfreiwillig hinzulegen, muss ich ehrlich sagen, dass ich mit zunehmender Wolfsdichte eigentlich nur noch Runden fahren dürfte. So komme ich aber nicht zu meinen Pflegeflächen. Allein noch nachts zu Fuß zu kontrollieren wird doch in absehbarer Zeit zum Himmelfahrtskommando. Ohne Waffe kann man dann weder durch Warnschüsse Tiere vertreiben, noch auf sich aufmerksam machen oder im Fall des Falles wirklich drauf halten.

  • Ja, es ist schwierig.
    Gestern war hier ein extrem nebliger Tag - gäbe es hier schon Wölfis wäre das ein Abend gewesen, an dem wir mit maximal erhöhter Aufmerksamkeit unterwegs gewesen wären.


    Und ich habs hier wirklich richtig gut. So man das in dieser Thematik sagen kann.
    Ich habe einen guten schlagstarken, sehr gepflegten Zaun, der täglich kontrolliert wird.
    Ich habe die Hunde, die bei einem Test mit dem Hund der Hundetrainerin richtig Hintern in der Hose gezeigt haben, so hab ich sie nie zuvor gesehen. Ich hab Hunde, die absolut zauntreu sind, selbst wenn Nachbars ausgebüxte Stallhasen 2 Meter vor ihrer Nase rumhoppeln oder sich Hunde am Zaun annähern.
    Ich habe die Lage meiner Flächen am Hof, so dass die Hunde im Fall X nicht allein dastünden, quasi eine Bereitschaftsbehirtung.
    Ich bin noch dabei den schneesicheren Nachtpferch für den Winter zu bauen - da besteht die größte Schwierigkeit darin, dies innerhalb des vom Baurecht vorgegebenen Rahmens zu tun, aber es ist, wenn auch aufwändig, lösbar. Billig natürlich nicht. Billig ist in Sachen Herdenschutz gar nichts.


    Und ich habe das alles, bevor sich hier der erste Wolf überhaupt niedergelassen hat.
    Dazu noch eine Tierart auf der Fläche, die sich nicht ohne heftige Gegenwehr packen lassen würde - so dass ich davon ausgehe, dass künftige Wölfis hier einen ausgewachsenen Keiler vielleicht doch für die bessere Alternative halten.


    Mein Entschluss, von Anfang an in Sachen Herdenschutz loszuklotzen kommt mir immer "richtiger" vor. Aber nachdem ich mich in die Thematik eingelesen hatte, blieb mir im Grunde auch gar nichts anderes mehr übrig. Ich bin, als ich die ersten Überlegungen in Sachen HSH angefangen habe, oft belächelt worden und wie viele andere in anderen Herdenschutz-Belangen auch "beschwichtigt" worden. Mit der klaren Aussage, ich bräuchte mir keine Sorgen um meine Rinder zu machen. Nicht von unserer bayerischen Herdenschutzbeauftragten, die diese Bezeichnung als eine der wenigen tatsächlich verdient hat. Sondern von anderen vermeintlichen Experten. Nun zeigt sich, dass ich damit offensichtlich doch auf genau dem richtigen Weg bin, dass mein "Bauchgefühl" in Sachen Wolf ganz richtig ist und man sich aus allem, was man hört, liest und sieht, für sich und seine eigenen Gegebenheiten die eigenen Schlüsse ziehen muss.



    LG, Chris

  • Das ist doch aber eines der Probleme. Du bist in einer relativ glücklichen Lage, schon rein technisch was das Grundstück angeht. Das ist aber selten und für die leichtere Beute Schaf sogar eher ungewöhnlich.


    Ich glaube nicht, dass deine Rinder wirklich sicher sind. Es wird vielleicht länger dauern, aber früher oder später vermutlich doch zum Riss kommen. Junge Wölfe lassen sich eventuell abschrecken, aber der Effekt verpufft und er verpufft sicher, wenn die zugewanderten Tiere aus Gruppen stammen, die schon erfolgreich Rinder erlegt haben. Dazu wachsende Bestandszahlen, mal ein knackiger Winter ... Ich bleibe dabei, das ist Wettrüsten. Ich persönlich wäre übrigens arg angepisst, wenn Wolfi einem meiner Macs oder Macs deiner Art ein Haar krümmen würde.

  • Ich glaube nicht, dass deine Rinder wirklich sicher sind.

    Ich geh grad mal davon aus, dass Fanni, Brauni, Bingo, Boss und Finn derzeit die mit am besten geschützten Rinder diesseits von Feuerland sind. Dort, wo es bisher zu Rinderrissen gekommen ist, gab es im Vorfeld die übliche Fehlinformation, dass Wölfe ja nicht an Rinder gehen. Der Rest war das in dem Video genannte "Training" mit schrittweise aufgerüsteten Zäunen. Die Variante mit den HSH bei Rindern nach bereits erfolgten Wolfsübergriffen ist um Klassen schwieriger als bei Schafen, deshalb ist dort das Nachrüsten mit Hunden auch unglaublich schwierig. Meine Rinder sind behörnt, temperamentvoll und sehr sportlich - die Kühe haben sehr gute Muttereigenschaften, die Hunde sind eine wichtige Ergänzung für "besondere Momente" und grad noch rechtzeitig ins Spiel gekommen, wenn ich an den sehr "nervösen" September bis Oktober denke. Die Hunde haben es in dieser Zeit nicht umsonst so schwer mit den Rindern gehabt.


    So reagieren meine Rinder momentan auf Fremdhunde am Zaun:
    9803202e265.jpg


    Die, die da schon am Zaun sind, der breite Streifen ist das Hundeareal noch mit Schlupfen, sind dort hingedonnert, eines kommt grad noch hinterm Baum angerast.
    Das war beim Reinholen - die Mcs waren da leider schon vorne, weil es auf dem Treibweg nach vorn momentan noch zu eng für lustige Aktionen ist.
    Das war früher nicht so, da wären sie bei sowas entspannt geblieben - ich bin mir sicher, dass da im Herbst wieder was in der Gegend war, ob Luchs oder durchziehender Wolf ist dabei fast egal.


    Bei einer wehrhaften potentiellen Beutetierart ist es deutlich leichter, es den Wölfis möglichst schwer zu machen, als bei einfacher zu erlegenden Tierarten.


    Dazu gehört natürlich auch ein entsprechendes "Management" drum rum.
    Hier wird es z. B. nie wieder Abkalbungen Ende März geben, wenn noch Schnee-Gefahr besteht. Hier wird es auch niemals Herbstabkalbungen geben, ausgerechnet in dem Zeitraum, in dem die jungen Wildtiere auch keine so leichte Beute mehr sind und sich die Wölfe vermehrt den Weidetieren zuwenden.
    Hier wird es künftig mindestens noch einen weiteren HSH geben, um immer einen Mindestschutz mit 2 Hunden garantieren zu können.


    Und es wird immer Tage/Abende geben, wo man sich wetterbedingt von anderen Aktivitäten loslöst, um heim zu fahren und nach dem Rechten zu sehen.


    Für jemanden wie mich ist es kein Unterschied, ob einem meiner Rinder oder einem meiner Hunde etwas passiert. Die Hunde sorgen aber dafür, dass die Wahrscheinlichkeit dafür noch einmal deutlich geringer wird.


    Ganz zum Schluss haben die Vierbeiner hier dann auch noch mich - wenn ein oder mehrere Wölfe hier trotz aller Schutzmaßnahmen eindringen, werde ich keine Skrupel haben, mich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln gegen das Töten meiner Tiere zu wehren. Die rechtlichen Grundlagen dafür stehen jedem von uns Tierhaltern durch die Notwehr-Regelungen zur Verfügung. Das Gemeine für einen Grossteil der Tierhalter dabei ist, dass sie im Normalfall im Fall X eben nicht vor Ort sind - und ja, das sehe ich wie Du, ich betrachte mich als "glücklich", dahingehend, dass hier die Bedingungen für einen effektiven Mehr-Faktoren-Herdenschutz eben auch einfach da sind.


    LG, Chris

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