Problemhund vs quasi Hundeanfänger

  • Wir sind Besitzer eines älteren Dackels. Der hat uns immer mit seiner Art sehr verwöhnt, ich denke, dass es eigentlich gar kein Hund ist, sondern ehr eine Katze. Viele Sachen habe ich in der Erziehung sicherlich falsch gemacht und wüsste auch was ich bei einem neuen Tier richtig machen würde. Naja wir haben uns entschlossen, dass wir uns einen Zweithund anschaffen wollen. Mein Hund war eigentlich schon immer mein Sportpartner, aber der fällt nun wohl langsam aufgrund seines Alters aus.

    Ich und mein Mann erwarten von unserem neuen Hund, dass er auch mal allein bleiben kann.Wir gehen beide arbeiten. Mein Mann arbeitet Schichten, so dass halt immer unterschiedlliche Zeiten des alleinseins bleiben. Höchstens allerdings 6 Stunden, im schlechtesten Falle. Ich möchte meinen Hund irgendwann -möglichst ohne Leine - zum walken mitnehmen. Und er soll vielleicht auch einmal Reitbegleithund werden (ging mit meinem alten Hund leider nicht). Ich weiss dass es ein langer Weg ist, bis ein Hund soweit ist, dass der Alltag klappt und es so wird.


    Wir haben uns auf eine Anzeige gemeldet. Grobe Daten: 1jährige Hündin, nicht kastriert, aus Rumänien, seit einem halben Jahr bei den jetzigen Besis, meist über 9 Stunden allein. Aus Zeitmangel würde sie nun abgegeben werden. Wir haben sie 4 Tage zur Probe bekommen. Die junge Dame hat stundenlang im Garten getobt und mit unserem Dackelmann. Beim abendlichen Gassigang ist sie dann wie eine Bekloppte an der Leine gewesen. Ich war erstmal überfordert und habe dann mit einer Freundin gesprochen, die sich in der Hundehaltung und - erziehung auskennt. Ich habe dann übers Wochenende mit der Hündin gearbeitet und siehe da bereits am drei Tage später sah das schon recht gut aus. Aber gerade was andere Tiere betrifft, denke ich das ein sehr großer Jagdtrieb vorhanden ist. Und sie wahrscheinlich dauerhaft an der Leine sein müsste.
    Mein Mann hatte am Abend vorher mit der Hündin gemeckert und als er morgens die Treppe herunterkam hat sie ihn deutlichst angeknurrt. Über mein Erscheinen hat sie sich schwanzwedelnd gefreut.

    Auch nach einem 8 km Spaziergang ist die junge Dame noch toppfitt und hat stundenlang im Garten getobt. Tja und dann kam halt der Tag, wo wir beide arbeiten mussten. Sie hat in der Abwesenheit das komplette Körbchen des anderen Hundes zerlegt, eine Pflanze plattgemacht, einen Schuh und Türrahmen angenagt. *grr*
    Mein Mann hat sie dann zurückgebracht, weil wir beide überfordert sind. Dort hat er dann gesehen, wo sie ihre Tage verbringt, nämlich in einer Waschküche mit nix drin. Kann ich schon verstehen, warum sie so reagiert. Nun haben die Besis gesagt, sie soll ins Tierheim nächste Woche. Mir tut sie leid und ich war schon fast soweit zu sagen, irgendwie bekommen wir das schon hin. :???:
    Kann man das in den Griff bekommen?

    Ich war schon fast soweit anzurufen und zu sagen, ich nehme sie. Nun habe ich mit jemanden gesprochen der auf die Therapie von "Problem"hunden spezialisiert hat. Sie kennt mich, unseren Hund und hat gleich gesagt, Finger weg. Ich würde mich, den Hund und meine Familie unglücklich machen.
    Zeitgleich hat mein Mann durch einen dummen Zufall mit einem Arbeitskollegen über den "Neuhund" gespochen. Und dieser kannte die Familie und hat gemeint, dass der Hund schon mehrmals vermittelt war, aber immer wieder zurück kam. Also scheint dieser Vorfall bei uns ja nicht einmalig gewesen zu sein.

    Vielleicht könnt ihr mir mal auf die Springe helfen. Würde ich sie wieder hinbiegen können?

  • Huhu,

    erst mal vorweg: Ob DU sie hinbekommen würdest, kann keiner sagen.

    Es scheint sich um eine Junge Hündin zu handeln, die nicht viel kennen gelernt hat, zu wenig Beschäftigung und zu wenig kennen gelernt hat.

    Ich bin mir sicher, man kann sie "hinkriegen".
    Ob es aber klappt, wenn ihr sie 6h allein lassen müsst, ist eine andere Sache und wirklich ein langer Weg.

    Klar kann es sein, dass sie sich mit genug Auslauf und Ruhe im Haus lernen zu einem super Hund entwickelt, das weiß hier keiner.

    Aber denkt bitte an eure Kräfte und Grenzen.
    Es ist weder euch noch dem Hund geholfen, wenn ihr absolut überfordert seid.

    Im Tierheim hat der Hund die Chance, Menschen zu finden, die Erfahrungen mit solchen Hunden haben und die sie vernünftig fordern und fördern.

    Also bitte: Keine Hundeanschaffung aus Mitleid

  • Hinkriegen kannste jeden Hund.
    Aber das dauert sehr lange und ist sehr Zeit-Intensiv.
    Man muß ja erst mal Vertrauen aufbauen, und das geht eben nicht, wenn er wieder mehrere Stunden alleine ist.
    Wenn ihr beide am arbeiten seid und die Zeit nicht habt, würde ich auch die Finger davon lassen.
    So gesehen, kommt der Hund ja in die selben Verhältnisse, wie ers jetzt ist.
    Von der Waschküche mal abgesehen. ;)

  • Schon einmal vielen Dank für die klaren Worte. Ihr habt natürlich recht und ich sollte mein schlechtes Gewissen ausschalten. :headbash:
    Fakt ist nun auch einmal, dass wenn die Besis ehrlich gewesen wären, dann hätte ich die Hündin erst gar nicht zum probieren mitgenommen.

  • Hi,

    Ich denke auch, MAN kann es hinkriegen.

    Die Voraussetzung wäre aber definitiv, erstmal einen Hundesitter zu finden, der tagsüber auf sie aufpasst, so dass ihr das Alleinebleiben langsam und in winzigkleinen Teilschritten mit ihr üben könntet.
    Denn wenn ihr sie von Anfang an mehrere Stunden am Stück alleinelasst, kann man wenig gegen das Problem tun. Sowas muss langsam aufgebaut werden.

    Außerdem solltet ihr von Anfang an mit einem guten Trainer zusammenarbeiten, denn Aggression gegen Menschen (auch wenn es bisher nur ein Knurren war!) ist nicht zu unterschätzen.

    Sowohl der Sitter als auch der Trainer können natürlich recht teuer werden.

    Ich denke auch, ihr geht das von der falschen Seite an, wenn ihr sie aus Mitleid nehmen wollt.

    Die Fragen die ihr euch eigentlich stellen solltet sind:
    Ist das der Hund, den ihr euch vorgestellt habt?
    Passt er zu eurem ersten Hund?
    Habt ihr die Motivation, über Monate mit einem nicht ganz einfachen Hund zu trainieren?
    Habt ihr spontan ein gutes Gefühl, ist euch der Hund sympathisch?

    Wenn es so ist, klar dann kann man die Baustellen des Hundes gemeinsam mit einem guten Trainer bearbeiten. Wie erfolgreich das ist, hängt dann aber natürlich auch in hohem Maße davon ab, wie gut ihr die Tipps des Trainers umsetzen könnt.

    lg,
    Sanne

  • Also für mich klingt das nicht wie ein Problemhund, eher wie ein chaotischer Junghund :smile:
    Die Hündin wurde bisher sehr reizarm gehalten, war sehr oft alleine. Dann kommt sie zu euch... und da stehen dann zwei verzückte Erwachsene und schauen der kleinen Prinzessin beim toben im Garten zu, zeigen ihr viele tolle, neue Spazierwege, nach ein paar Tagen geben sie ihr sogar ganz viel Spielzeug zum kauen, reissen und zergeln - da kann Hund also noch Hund sein. :headbash:
    Ich würde Frau Hund einfach behandeln wie einen Hund, der nichts kennt. Von Anfang konsequent auf die Spielregeln im Haus wert legen (kein toben im Haus, kein annagen von Dingen) und das aber auch ohne grossen Tamtam. Sie klaut sich einen Schuh? Du stehst auf, nimmst den Schuh weg. Sie nagt am Türrahmen? Du schiebst sie weg.

    Der Vorteil an einem solchen Hund mit wenig engagierten Vorbesitzern ist, dass die Hunde auch nichts falsches gelernt haben. Wenn du ruhig und souverän bist, dann reicht es eben den Schuh 3x wegzunehmen, anstatt vielleicht 20x, wenn die Vorbesitzer da schon entsprechend falsch vorgearbeitet hätten.

    Beim Gassi gehen würde ich auch sofort klare Spielregeln festlegen und mich nicht durch die Gegend ziehen lassen. Kommt ihr dann anfangs in 1h nur 200m weit, dann ist das halt so.

    Was den Jagdtrieb angeht: man kann dran arbeiten und oftmals lässt sich da was machen, aber nicht immer. Nur ob man das nach vier Tagen schon beurteilen kann, glaube ich nicht. Ist halt ein Risiko - was ihr aber quasi bei jedem Hund haben werdet.

    Fürs allein bleiben wäre es natürlich schon schön, wenn irh das langsam aufbauen könntet (Urlaub?), ist für sie auch stressfreier. Alternativ braucht ihr eben acuh erstmal einen Ort, an dem sie nichts oder kaum etwas kaputt machen kann.

    Das Knurren würde ich übrigens nicht überbewerten. Im einfachsten Fall hat sie gedroht aus Unsicherheit, dass dein Mann sie gleich wieder anmeckert und wollte sich nur schützen.

    Mit 1 Jahr, davon 6 Monate bei Menschen, die sehr wenig Zeit für sie hatten, x Monaten in einem rumänischen Tierheim und vorher ggfs. noch x Monate in sehr schlechten Haltungsbedingungen oder auf der Strasse - der Hund ist quasi noch ein Welpe, nur mit etwas mehr Energie - und genau so sollte man die kleine Maus auch behandeln.

  • Das ist ja das schlimme, dass es super mit unserem Hund gepasst hätte. Die beiden haben einen Meter auseinander Fressen können, ohne das sie ihm etwas gestibitzt hätte. Mir ist die Hundedame äußerst sympatisch und ich könnte mir auch vorstellen mit ihr zu arbeiten. Allerdings einen Hundesitter zu finden, ist schwer. :headbash:
    (Wir haben schon immer Probleme unseren Althund mal für einen Tag unterzubringen)

    Training wäre ohnehin klar gewesen. Ich habe ja auch ein Pferd und das wird ja auch regelmäßig unter Traineraufsicht gearbeitet.

    Die Idee mit dem Urlaub ist schon gut, allerdings zur Zeit nicht zu bekommen. Es ist Urlaubszeit und wir sind ein kinderfreier Haushalt. :verzweifelt:

  • Wenn Du Lust auf einen weiteren Hund hast, dann schau Dich doch im Tierschutz um nach einem Hund, der besser in Deine Bedingungen passt. Dort gibt es durchaus Hunde, die z.B. allein bleiben können - was ich jetzt als zwingende Bedingung rauslesen würde.

    Viele Grüße
    Corinna

  • Hi,

    Ich sehe es auch so, alleinebleiben können oder Hundesitter wäre hier für mich eine Voraussetzung.
    Klar kann man den Hund auch in einen Raum/großzügigen Kennel tun, wenn er alleinebleiben muss. ABER das erschwert aus meiner Sicht das Training fürs stressfreie Alleinebleiben.

    Denn wenn man den Hund nur in einem Raum verwahrt, in dem er nichts kaputt machen kann und in dem es nicht stören würde, wenn er bellt und jault, dann mag das ok für den Menschen sein. Der Hund hat aber einen Riesenstress dabei. Und umso öfter der Hund beim Alleinebleiben großen Stress hat, umso schwieriger wird es später sein, dass er lernt auch ohne die Anwesenheit von Menschen zu entspannen.

    Beim Training zum Alleinebleiben arbeitet man ja so, dass man immer wiederkommt bevor der Hund großen Stress bekommt und diese Zeiten dann langsam ausdehnt.
    Diesem Training steht es aus meiner Sicht aber total im Weg, wenn der Hund dann trotzdem immer wieder lange alleinebleiben muss. Kann man also selbst keinen Urlaub nehmen, braucht man eine andere Person bei der der Hund bleiben kann, bis er das alleinebleiben ausreichend gelernt hat.

    lg,
    Sanne

  • Für mich liest sich das auch nicht nach einem Problemhund, sondern einem, der nie gelernt hat, wirklich richtig alleine zu sein, keine Erziehung an der Leine genossen hat. Das sind alles Baustellen, die du, wenn du sie richtig angehst, schnell in den Griff bekommst. Das mit dem Allein-Sein ist natürlich so eine Sache. Habt ihr Plan B, wenn ihr lange weg seid? Könnt ihr euch zunächst Urlaub nehmen, damit die Kleine bei euch ankommen kann? Für mich wäre in eurer Situation wichtig, dass der Hund zunächst bei Null anfängt, alles von vorne lernt - sprich alleine sein, Leinenführigkeit etc. pp.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!