Lohn oder Ursache der Angst

  • Britische Forscher um Michael Mendl von der University of Bristol in Langford haben sich der Frage gewidmet, warum manche Hunde einen Aufstand anzetteln, wenn sie alleine gelassen werden, andere jedoch völlig unbeeindruckt die Ruhe bewahren. In zwei interessanten Experimenten kamen sie zu dem Schluss, dass die Grundhaltung der Hunde, optimistisch oder pesimistisch, dafür verantwortlich ist.

    Mehr kann hier nachgelesen werden: http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/312160.html

    Für mich folgert daraus, dass insbesondere ängstliche Hunde (aber nicht nur die) viele Erfolgserlebnisse brauchen, um die Umwelt optimistischer zu bewerten und damit in Stresssituationen gelassener reagieren.

    Erfolgserlebnisse können sein das Überwinden bzw. Durchstehen schwieriger Situationen (war doch gar nicht so schlimm), Verlässlichkeit des HH (wenn der das/die so sagt, dann ist das auch so) aber auch besondere Leistungen (ich kann das zwar, aber so gut/viel/lange/... - hätte ich nie gedacht). Und natürlich viiiel Lob.

    Verhätscheln sehe ich eher als kontraproduktiv an. Während ein "Ich habe es trotzdem geschafft" das Selbstbewusstsein und den Optimismus fördert, schafft Verhätscheln eher ein Gefühl von "Wenn mir mehr nicht zugetraut wird, dann bin ich wohl nicht so gut" und fördert damit mangelndes Selbstbewusstsein und Pessimismus. Auch der Hund wächst mit seinen Aufgaben ;) .

    Warum das jetzt unter Welpen & Junghunde? Weshalb reparieren, wenn es sich von Beginn an in die richtigen Bahnen lenken lässt?

  • Das finde ich sehr interessant! :smile:
    Danke, dass du das rausgesucht hast ;)
    Den Schluss den man daraus zieht, ist ja eigentlich das, was das richtige in der frühen Erziehung ist :

    Zitat


    Erfolgserlebnisse können sein das Überwinden bzw. Durchstehen schwieriger Situationen (war doch gar nicht so schlimm), Verlässlichkeit des HH (wenn der das/die so sagt, dann ist das auch so) aber auch besondere Leistungen (ich kann das zwar, aber so gut/viel/lange/... - hätte ich nie gedacht). Und natürlich viiiel Lob.


    Einfach eine liebevolle, konsequente Erziehung, ohne zu viel Betüddeln, mit Herausforderungen, die aber zu schaffen sind und somit zu Erfolgserlebnissen führen. Ich denke, (was ja für die meisten hier nicht unbedingt neu ist) dass ist das was spätere Probleme, sei es Alleinsein oder oder... verhindert.
    Und der Bericht liefert die nötige wissenschaftliche Basis, die das Ganze stützt! :gut: Daher, nochmal Danke!

  • Ich finde, deine Überlegungen gehen durchaus in die richtige Richtung. Sehr wichtig ist die Erfahrung für den Welpen, dass er etwas aus eigenem Antrieb und mit eigener Anstrengung schaffen kann - dies ist durch Forschungsergebnisse belegt. Daher finde ich auch Erziehungsansätze, die den Welpen anfänglich stark einschränken und er sich Freiheiten verdienen muss, etwas bedenklich. Sie verstärken das Abhängigkeitsgefühl vom Menschen, und behindern die für ein gesundes Selbstvertrauen notwendige Erfahrung, etwas selber schaffen zu können. Dies ist weniger ein Problem für die Unerschrockenen, aber ängstlichere Welpen brauchen diese Erfolgserlebnisse dringend. Der Mensch sollte natürlich für Sicherheit sorgen, aber er soll dem Welpen nicht das Gefühl geben, dass er (der Welpe) ohne ihn gar nichts schaffen kann.

    Bei diesen Dingen ist die Belohnung für den Welpen, dass er es geschafft hat. Viel Lob vom Menschen ist aber sicher auch wichtig, bedeutet es doch anerkennung für den Zwerg!

  • Zitat

    ... Sehr wichtig ist die Erfahrung für den Welpen, dass er etwas aus eigenem Antrieb und mit eigener Anstrengung schaffen kann - dies ist durch Forschungsergebnisse belegt. Daher finde ich auch Erziehungsansätze, die den Welpen anfänglich stark einschränken und er sich Freiheiten verdienen muss, etwas bedenklich. ...

    Na ja, vielleicht verstehe ich das ja falsch. Ich "treibe" den Welpen auch mal an. So "Wenn du mitkommen willst, dann musst du da jetzt rüber" oder "Komm, musst du drunter durch kriechen" auch mal "Stell dich nicht so an, das kannst du".

    Einschränken, meinst du das im Sinne von behüten oder im Sinne von Gehorsam? Gehorsam muss auch sein, unbedingt, und auch Konsequenz. Allerdings darf das auch nicht übertrieben werden, das stimmt natürlich. Bloß, wo ist der Unterschied zwischen "Du darfst nur das, was ich erlaube (weil ich übermäßig streng bin)" und "Du darfst nur das, was ich erlaube (weil ich übermäßig Angst um dich habe)"? Kommt aufs gleiche raus, weil der Hund keine Erfahrungen sammeln kann.

    Wo es vertretbar ist, lasse ich den Hund auch Fehler machen. Ich sage ihm zwar meine Meinung, aber lasse ihn auch gewähren. Mit dem Ergebnis, dass der Hund nicht nur lernt wo z.B. die physikalischen Grenzen sind, er lernt auch, dass das, was ich so von mir gebe, nicht ganz ohne Sinn und Verstand ist. Lässt sich allerdings im weiteren Sinne auch unter nicht einschränken und Konsequenz verbuchen.

  • Zitat

    Na ja, vielleicht verstehe ich das ja falsch. Ich "treibe" den Welpen auch mal an. So "Wenn du mitkommen willst, dann musst du da jetzt rüber" oder "Komm, musst du drunter durch kriechen" auch mal "Stell dich nicht so an, das kannst du".


    Sicher kann man das auch mal so machen.Für den Lernerfolg des Welpen sind allerdings Dinge, die er aus eigenem, inneren Antrieb schafft viel signifikanter. Es gibt da ein Sonderheft von Berlowitz/Weidt, welches diese Erkenntnisse zusammenfasst. Die Blindenführhundeschule Allschwil prägt und fördert ihre Welpen nach diesen Erkenntnissen mit ausgeklügelten Lernparcours, aber im Kleinen kann man das auch selber berücksichtigen.

    Zitat

    Einschränken, meinst du das im Sinne von behüten oder im Sinne von Gehorsam? Gehorsam muss auch sein, unbedingt, und auch Konsequenz. Allerdings darf das auch nicht übertrieben werden, das stimmt natürlich. Bloß, wo ist der Unterschied zwischen "Du darfst nur das, was ich erlaube (weil ich übermäßig streng bin)" und "Du darfst nur das, was ich erlaube (weil ich übermäßig Angst um dich habe)"? Kommt aufs gleiche raus, weil der Hund keine Erfahrungen sammeln kann.


    Ich denke, im Endeffekt ist es beides. Es gibt einige Erziehungsmethoden, die aktuell sehr "in" sind und generell stark auf Bewegungseinschränkung setzen. Nun ist es zwar, dass man einen Hund, der noch keine Erziehung genossen hat nicht überall laufen lässt, aber das geht (so wie ich es verstanden habe) weit darüber hinaus. Die freie Bewegung des Hundes, und eben auch des Welpen, wird grundsätzlich stark beschränkt, auch dort, wo es gefahrlos möglich wäre. Es soll wohl so eine starke Abhängigkeit geschaffen werden. Kann mir gut vorstellen, dass das klappt, und viele Leute wollen ja auch einen möglichtst unselbständigen Hund. Ein robuster, eher kühner Hund wird, wenn er sich dann durch Gehorsam mehr Bewegungsfreiheit verdient hat, auch dann noch auf Entdeckung gehen. Aber bei einem eher unsicheren ist die Tür wohl endgültig zu, der hat gelernt, dass er allein nix schaffen kann.

  • Zitat

    Für den Lernerfolg des Welpen sind allerdings Dinge, die er aus eigenem, inneren Antrieb schafft viel signifikanter.

    Das wäre dann wohl mein letzter Absatz, denn wer Fehler machen darf, darf selbstverständlich auch was richtig machen :lol: .

    Ich gebe ja zu, dass das nicht unbedingt nur vorteilhaft ist, aber ich ermuntere den Welpen auch. Etwa das Vorangehen (lässt sich einfach besser beobachten, wenn Welpi vor mir geht statt neben oder hinter mir).

    Zum eigenen Antrieb dürfte aber auch das gehören, was mein Rüde sich im zarten Alter von 3 Monaten angetan hat:
    Wir waren an einer Fischtreppe an einem Bereich, wo das Wasser sich beruhigen konnte (also einem Miniatursee). Ich entferne mich so, dass er 5 m am Ufer gehen musste, um zu mir zu gelangen. Was macht der in seiner Verzweiflung? Stürzt sich in die Fluten und nimmt die Abkürzung durch das Wasser. Ein Seehund war er danach noch nicht, aber er wusste, dass er es kann.

    Oder die regennasse Schnauze, die weder mein Rüde noch seine Schwester so recht mochte. "Äh, können wir nicht vielleicht ..." "Nö, du bist doch nicht aus Zucker." Heute ist Regen kein Thema mehr. Meine Hündin hatte als Welpe nie ein Problem mit Regen, wenn schließlich beide Begleiter der Regen nicht interessiert ... "Warum soll ich mir dann Gedanken machen?"

    Ja, manchmal dauert es etwas, aber das Beispiel, das gegeben wird, ist auch wichtig. Kennen wir ja im Zusammenhang mit z.B. Leinenwangriffigkeit (ich hoffen, dass Angriff = Aggression ist, wollte hier nämlich keinen Link) und der sich selbst erfüllenden Prophezeiung des HF :D . Geht ja bekanntermaßen positiv wie negativ.

    Lachen hilft m.E. beim Bewältigen kleiner Malheurs.

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