Blinder Welpe kommt ins Haus

  • Mein nächster Pflegehund ist vorraussichtlich blind, 4 Monate alt.
    Habt ihr Tipps, Erfahrungen, gute Ideen und vielleicht auch gute Adressen und Ansprechpartner im Münchner Raum?


    Ich habe im Internet gelesen, dass ein blinder Hund quasi normal leben kann, Agility und Obedience machen kann...aber es gibt bestimmt ein paar Dinge, an die man spontan vllt nicht denkt. Ich freue mich auf Eure Ratschläge.
    Der Kleine hat schon einen Termin bei einer Augenspezialistin in Augsburg um genau zu klären ob oder wie viel er vllt doch sieht. Ich würde mich auch über direkten Kontakt mit anderen blinden Hunden und ihren BesitzerInnen freuen.
    Viele Grüße, Anke

  • Hallo Anke,


    ich finde es toll, dass du einen eingeschränkten Pflegehund nimmst. Und ja, blinde Hunde können ein genauso gutes Leben führen wie sehende Hunde. Ich hatte bisher nur blinde Hunde, die bereits älter waren oder im Alter blind wurden. Das wichtigste dabei war immer, dass diese Hunde absolut zuverlässig auf Lautsignale - am wichtigsten war immer: STOP! - reagieren. Das haben, zumindest meine älteren Hunde, immer sehr schnell gelernt. Mit Lautsignalen kann man mit den Hunden so ziemlich alles trainieren und sie dann später, wenn das sitzt, sogar im Gelände frei laufen lassen. Mach das bitte nicht, solange die Signale nicht sitzen, das kann bitterböse ins Auge gehen.


    Sehr viel Informationen, Hilfe und auch Austausch speziell über blinde Hunde findest du auch im Forum für behinderte Hunde Behinderte Hunde Forum - Powered by vBulletin. Dort gibt es eine eigene Unterkategorie für blinde Tiere.


    Alles Gute und viel Freude mit dem Pflegling

  • Meine Hündin ist erst im höheren Alter blind geworden, aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass das gut zu managen ist. Das Schlimmste war der erste Schock, und der bleibt einem immer schon blinden Welpen ja erspart - für den ist das alles Normalität.


    Bei uns hat sich als Alltags-nützlich erwiesen, dass ich drinnen viel und draußen immer vor mich hingesprochen oder -gesummt habe. Man kommt sich zwar total blöd vor, aber der Hund weiß immer, wo man gerade ist. Zudem habe ich, außer den Warnkommandos wie "Vorsicht!" "Stufe!" und so weiter, dem Hund immer gesagt, wohin ich im Haus ging, also nach "oben" oder "unten". Dann konnte er in Ruhe entscheiden, ob es sich lohnte, mir mühsam über die Treppe nachzukommen, oder ob er lieber liegenbleib. Das trug sehr zur Entspannung bei, blinde Hunde sind sonst mehr "auf dem Sprung", um die Bezugsperson nicht zu verlieren.


    Was meiner Erfahrung nach sehr hilfreich ist, sind unterschiedliche Untergründe im Haus/Garten - blinde Hunde orientieren sich stark nach Tastsinn. Ich habe zum Beispiel die Treppe, die nicht absperrbar war, damit entschärfen können, dass ich oben und unten je eine rutschfeste Matte auf den Holzfußboden gelegt habe. So wußte meine Hündin immer, dass die Treppe nahe war, bremste sofort ab und tastete sich vor, ohne dass ich da noch aufpassen mußte. Angeblich soll sowas auch mit Geruchssignalen gehen, aber das hat bei uns nichts geholfen.


    Auf jeden Fall: es sind diese kleinen, praktischen Dinge, auf die man achten muß - im großen Ganzen kommt ein blinder Hund gut zurecht.

  • Dem kann ich mich soweit anschließen. Meine Vini ist auch erst später erblindet, im Alter von acht Jahren. Das war im Frühjahr diesen Jahres... Daher ist bei uns auch noch alles etwas ungewohnt...
    Viel Ansprache ist wichtig. So sage ich ihr zum Beispiel, dass Hunde auf uns zu kommen, wenn ich sie sehe ("da kommt ein Kumpel"). Auchdie Kommunikation mit anderen Hundehaltern ist in dem Zusammenhang wichtig. Leute, die ihre Hunde immer auf andere zustürmen lassen sind im Normalfall schon ärgerlich. Für den Blinden Hund ist es natürlich noch schwieriger damit umzugehen.
    Außerdem habe ich draußen immer einen Glöckchenball (eigentlich ein Katzenspielzeug) in der Tasche. Vini kann so auch frei laufen, denn sie weiß immer wo ich bin...
    Kommandos wie stop, Stufe, links, rechts und weiter sind enorm wichtig und sollten gut trainiert werden..
    Im Haus habe ich auch gute Erfahrung mit verschiednen Untergründen gemacht. Danach orientiert Vini sich gut.
    Falls euer Welpe noch ein Restsehvermögen hat, vereinfacht das vieles. Aber auch ein komplett blinder Hund kann gut zurechtkommen, mit einem sicheren Menschen an seiner Seite. :roll:

  • Was mir noch einfiele: Führ den Hund besser am Geschirr als am Halsband (was du in dem Alter wohl eh tun wirst). Meine Hündin brauchte eine freie Kopf- Halspartie, um sich auszubalancieren und zu orientieren. Sie mochte Norwegergeschirr am liebsten, wohl wegen der sicheren Anlehnung nach vorne. Das hab ich dann gleich mit dem Wort "blind" und der Telefonnummer besticken lassen, da der Hund weiter draußen frei lief und theoretisch hätte verloren gehen können.


    Überhaupt: Kennzeichne den Hund deutlich. Das macht euch den Alltag deutlich leichter. Mir ist erst, als mein Hund blind war, aufgefallen, wie selbstverständlich Passanten erwarten ,dass ihnen ein kleiner Hund auf dem Fußweg blitzschnell aus dem Weg geht, und die sensible Hündin irritierte der dazu nötige Zug total. Mit einem Blindentuch am Hund war das kein solches Problem mehr, da haben die Leute deutlich mehr Rücksicht genommen.


  • Auf dem Foto kannst du übrigens vieles von dem sehen, was typisch für einen blinden Hund ist: Orientierung am Untergrund (für meine Hündin bedeutete Gras unter den Pfoten freie Fläche, also endlich Galoppiermöglichkeit), den starken Einsatz anderer Sinne, hier Nase und Ohren, und die im Gegensatz zu einem sehenden Hund etwas höhere Kopf- und Halshaltung, mit der sie sich balanciert.

  • Das Tuch ist eine tolle Idee. Meist klappt die Rücksichtnahme von Spaziergängeern und Radfahrern beimisst dadurch deutlich besser. Obwohl ich nun schon zweimal angesprochen wurde, ob Vini MEIN Blindenhund sei...
    Naja, vielleicht zeigt dieser Umstand auch nur, dass Fremde ihr ihre blindheit oft tatsächlich nicht anmerken.
    Was evtl auch noch im Haus wichtig ist, zeigt dem Hund anfangs die Wege. Natürlich ist es sinnvoll, dann nicht ständig umzuräumen oder Sachen liegen zu lassen, wo sie sonst nicht sind. Vini ist anfangs oft gestolpert, weil mein Mann seine Schuhe immer wieder an unterschiedlichen Stellen hat liegen lassen... ;)

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