,,Wir wollen Agility machen, nicht der Hund"

  • Zitat

    Der Artikel spricht mir aus der Seele. Ich finde auch durchaus, dass ein Hund mal bellen, an der Leine zerren und sich daneben benehmen darf. Nur in unserer heutigen Gesellschaft sind solch "unerzogenen" Hunde dermaßen stigmatisiert und deren Besitzer gleich noch viel mehr. Da wird man schon komisch angeguckt, wenn man sagt, man geht nicht in die Hundeschule. Wie?? Keine Hundeschule, obwohl der Hund an der Leine zerrt? Unverantwortlich ist sowas!! Denen sollte man den Hund wegnehmen. :headbash:
    Ich glaube, dass die meisten Hunde auch mit wesentlich weniger Beschäftigung glücklich wären, aber deren Besitzer nicht. Hab ich hier im Forum auch schon oft gelesen: "Er/Sie wäre auch happy, wenn es weniger Action gäbe, aber dann hätte ich ein schlechtes Gewissen, denn es ist schließlich ein Border Collie/Aussie/Malinois und die brauchen halt jeden Tag das volle Programm." Dieses "Auslasten" ist zum Wahn geworden, genau wie die Erziehung.


    Die Frage ist doch einfach in welchem Maß es für den Hund gesund ist.
    Warum sollte ich dem Hund die gesundheitliche Belastung einer ständigen Belastung auf dem Halsbereich durch zerren an der Leine antun,wenn es durch ein kurzes Training geklärt sein kann?
    Warum sollte ich den Hund immer an der Leine führen, wenn ein sicherer Abruf so gut konditionierbar ist?


    Das ein Hund sich auch mal daneben benimmt, ist ja total normal.
    Aber direkt fürgar keine Erziehung zu plädieren, weil man den Hund damit ja überfordert...Hilfe...das sind in meinen Augen ganz arme Hunde, die im Grunde eigentlich überhaupt nix dürfen...nicht frei laufen, nicht allein in den Garten, nicht die Zeit bei ihren Besitzern verbringen...

  • Zitat

    Und ich kenne keine Rasse die dafür gezüchtet wurde über Hürden zu hüpfen, durch Reifen zu springen oder durch Tunnel zu rennen...


    Auf das Agility bezog sich meine Aussage auch gar nicht.
    Darum schrieb das mit dem genetischen Hintergrund direkt dazu.


    Ich bezog mich auf diese Aussage "Der Hund möchte nur ein gemütliches Leben haben, Bewegung, Nahrung zerlegen, durch sein Revier wandern, körperliche Nähe, hier und da mal eine Interaktion mit einem bekannten Artgenossen. Das reicht ihm."...wo dem Hund die Suche nach einer Aufgabe abgesprochen wird..

  • Zitat

    Die Frage ist doch einfach in welchem Maß es für den Hund gesund ist.
    Warum sollte ich dem Hund die gesundheitliche Belastung einer ständigen Belastung auf dem Halsbereich durch zerren an der Leine antun,wenn es durch ein kurzes Training geklärt sein kann?
    Warum sollte ich den Hund immer an der Leine führen, wenn ein sicherer Abruf so gut konditionierbar ist?


    Das ein Hund sich auch mal daneben benimmt, ist ja total normal.
    Aber direkt fürgar keine Erziehung zu plädieren, weil man den Hund damit ja überfordert...Hilfe...das sind in meinen Augen ganz arme Hunde, die im Grunde eigentlich überhaupt nix dürfen...nicht frei laufen, nicht allein in den Garten, nicht die Zeit bei ihren Besitzern verbringen...


    Ich plädiere nicht für gar keine Erziehung. Ich plädiere dafür, den Hund nicht "überzuerziehen". Aber vor allem bin ich stark dafür, dass der Hund nicht direkt als "unerzogener Köter" abgestempelt wird, nur weil er zum Beispiel nicht den ganzen Gassigang neben mir läuft, wie ein willenloser Zombie. Das ist aber leider eine Sache, die heutzutage fast schon von dem Hund verlangt wird.

  • Zitat

    Das ein Hund sich auch mal daneben benimmt, ist ja total normal.
    Aber direkt fürgar keine Erziehung zu plädieren, weil man den Hund damit ja überfordert...Hilfe...das sind in meinen Augen ganz arme Hunde, die im Grunde eigentlich überhaupt nix dürfen...nicht frei laufen, nicht allein in den Garten, nicht die Zeit bei ihren Besitzern verbringen...


    :???:
    Das steht doch nirgendwo... :???: wo hast du das gelesen? Wer hat das gesagt?

  • Ein schönes und wahres Interview :gut:


    Auch ich empfinde den Umgang vieler Hundehalter mit ihren Tieren als teils schon fast absurd.
    Jeder Hund der mal einen Artgenossen anbellt (oder mal ! zurückbellt wenn er extrem angekläfft wird), mal was kaputt macht, nicht mit jedem anderen Hund superverträglich ist, sich nicht kommentarlos von Kindern ärgern lässt etc. pp. gilt häufig gleich als aggressiv und verhaltensgestört.


    Besonders viele Stadthunde haben es heute wirklich nicht leicht. Überall fremde Hund, ständig 1000e Reize durch Lärm, Gerüche etc. und überall soll blos niemand auffallen und immer zu 100% funktionieren und abends auf dem Hundeplatz noch alles perfekt machen. In jede Geste des Hundes wird sonstwas reininterpretiert...
    auch Hunde sind Persönlichkeiten die mal aus der Haut fahren durfen, nicht alles supertoll finden müssen !


    Dieses "Helikopterhundehaltersyndrom" ist wohl auch teils eine Folge der Aufklärung der Hundehalter der letzten Jahre. Für jedes Psychoproblem von Hunde gibt es einen Namen und angeblich fast immer eine "Methode" es in den Griff zu bekommen und das leider zu oft von sog. "Hundetrainern" die keine Ahnung haben und völlig unindividuell Schema X auf jeden Hund anwenden.
    Dabei wird jedoch oft leider vergessen, dass ganz viele Probleme schonmal darin liegen dass ganz viele Rassehunde/Spezialisten in den falschen Händen sind und nicht argerecht beschäftigt werden und dieses Grundproblem lässt sich eben nicht perse wegtrainieren sondern der schicke Weimaraner oder Border muss artgerecht beschäftigt werden. Und an die Probleme die irgendwelcher rangekarrten Straßenhunde aus Südeuropa mitten in einer Großstadt in der S-Bahn haben, weil sie es ja hier angeblich besser haben, will ich gar nicht denken.

  • Zitat


    Ich bezog mich auf diese Aussage "Der Hund möchte nur ein gemütliches Leben haben, Bewegung, Nahrung zerlegen, durch sein Revier wandern, körperliche Nähe, hier und da mal eine Interaktion mit einem bekannten Artgenossen. Das reicht ihm."...wo dem Hund die Suche nach einer Aufgabe abgesprochen wird..


    ja, das sehe ich auch als problematischen Punkt in dem Interview an.
    Dass ein Hund kein Agility braucht, sollte eigentlich klar sein und mir tun viele Border leid, die NUR das haben, als einzige Aufgabe (und da wird das schnell zum Lebensinhalt).
    Ich bin ja in der bequemen Lage, das sagen zu können, denn ich mach ja kein Agility :D
    aber ich beschäftige meine Hunde anderweitig. Meine Liesl darf das tun, das ihr in die Wiege gelegt worden ist. Ob sie jemals wirklich im Hundesport geführt werden wird, da bin ich mir momentan unsicher. Ich habe da überhaupt keine Ambitionen und sie braucht es einfach nicht! Wir machen das, was Spaß macht. Und da sind wir bei Bela: selbst Mr. Couchi braucht eine Beschäftigung, was genau das ist, muss ich herausfinden. Aber GAR nichts zu machen wäre keine Option. Ich glaube, dass er DAVON depressiv werden würde! Was ich aber mit ihm nicht mache, sind Dinge, von denen ich mir unsicher bin, ob sie ihm Spaß machen und die ich aber unbedingt will.


    Ein paar Wahrheiten sind in dem Interview allerdings schon drin. Wir machen gerne zu viel von allem. Wir übertreiben es gerne. Und wir machen uns selber Druck, wir googlen zu viel, und wir konsultieren zu viele vermeintliche Experten. Nachdenklich hat mich das Interview schon gemacht, ja.

  • Der Herr spricht mir aus der Seele. Nicht unbedingt nur, was unseren Umgang mit Hunden angeht, sondern, wie Ulixes schon schrieb, vor allem, was die Tendenz in unserer Gesellschaft angeht.
    Wenn ich mir anschaue, was die Leute in meinem Umfeld alle für Termine haben, wo sie überall meinen es allen recht machen zu müssen, wegen was für einem - sorry - Scheiß sie sich einen Kopp machen, dann kann ich mich nur wundern. Und bei Hunden und Kindern fällt mir das besonders auf: Da wird hier frühgefördert, dort ein Kurs belegt, hier eine Aktivität dort ein Termin.... und für einfach mal nur in den tag hinein leben ist überhaupt kein Platz mehr. Vor diesem Hintergrund bin ich echt froh, in meiner Kindheit noch so unendlich viel unverplante Freizeit gehabt zu haben....


    Mit Hunden ist das natürlich so eine Sache.... vor den gesamten Hundeverordnungen war es eben auch deutlich leichter Hund Hund sein zu lassen. In meiner Kindheit liefen Hunde überwiegend frei und wenn da mal einer durch die Gegend streunte hat es keine gestört (und von denen, die es gestört hat, hat der Hund eins mit dem Schlappen oder Besen drüber gekriegt, was wiederum keinen Hundehalter gestört hat). Wenn sich mal zwei Hunde geprügelt haben, war das halt so, und es ist auch niemand auf die Idee gekommen wegen einer Macke im Ohr zum TA zu rennen bzw. dem anderen Hundehalter dafür ne Rechnung zu präsentieren.
    Ist natürlich jetzt etwas übertreiben vereinfacht, aber in der Tendenz war man da eben sehr relaxt.
    Und heute erwartet die Gesellschaft eben, dass Hunde bessere Plüschtiere sind.
    Von daher ist es nicht ganz verkehrt, wenn man sich heute ein wenig mehr Gedanken um die Erziehung macht.


    Nur, der Rattenschwanz an "Auslastung", der da inzwischen dran hängt ist natürlich absurd. Ich finde es absolut in Ordnung, wenn man mit seinem Hund etwas mehr macht, als nur Gassi zu gehen, und ja, ich bin auch der Meinung, dass es Hunde gibt, die auch "mehr" brauchen (bleibt dann die Frage, warum man als Privatmensch einen Hund hat, der sowas fordert, wenn man eigentlich keine Verwendung für diese Anlagen hat? aber das ist ein anderes Thema), aber die Frage ist doch: Was, und in welchem Maß?
    Boder und Terrier sind NICHT dafür gezüchtet über Hürden zu hopsen, sondern um Schafe zu hüten und Tiere zu jagen. Ich wette, ein Terrier, der auf einem Hof wohnt und dort den lieben langen tag rum stromern und Ratten jagen darf ist 1000 mal mehr ausgelastet, als ein Agility-Terrier, und dabei sicher ausgeglichener.
    Und ich geben dem Verfasser des Artikels absolut recht: Das, was speziell beim Agi (zumindest in der Leistungsorierntierten Form) geübt wird, ist unter dem Aspekt der "Gelassenheit" absolut das falsche für Hunderassen wie Border, Aussie und Jacky, die eh zum hochdrehen neigen.
    Wie schon gesagt auch das Maß der Beschäftigung ist für mich ein Aspekt: Kein Hütehund im echten Gebrauch muss das ganze Jahr über quasi jeden Tag Hochleitungen erbringen. Ein guter Hütehund muss vor allem eins können: Langeweile ertragen. Denn außer beim Umtrieb gibt's nicht so schrecklich viel zu tun... Speziell Hütehunde werden in Familien aber häufig regelrecht "Überfördert": Montags Agi, Dienstags Longieren, Mittwochs Frisbee, Donnerstags wieder Agi, Freitags eine lange Radtour, damit der Hund sich "mal richtig auspowern" kann, Samstags Gruppenunterricht, Sonntags Familienausflug... und zwischendrin noch ein paar Tricks und überall mit hin soll der Hund natürlich auch noch.... wo soll der Hund sich denn da bitte regenerieren? Und besonders bei Arbeitsrassen ist das ganze fatal, die fahren nämlich in einen Zustand, in dem sie immer noch mehr und noch mehr "fordern" und dabei psychisch völlig über drehen.


    Nicht falsch verstehen, ich bin durchaus dafür aktiv etwas mit seinem Hund zu tun. Gerne auch einen Sport. Als Hobby für Hund und Halter. Aber ich bin für rassegerechte Auslastung - und die Betonung liegt hier bei "rassegerecht". Und das bedeutet auch, mit Maß auszulasten und eine Beschäftigung zu finden, die den angelegten Trieb auch wirklich befriedigt.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!