Beiträge von Montagsmodell

    vielleicht übertrage ich ja auch was und vielleicht hilft es sogar, wenn ich stattdessen mal einfach gar nicht reagiere.

    Das ist ja etwas, das man von ganz vielen schlauen Hundehaltern immer wieder als Allgemeinwissen gepredigt bekommt. Liegt alles nur am Halter, wenn der endlich ruhig bleiben würde usw... Nun ja. Bei vielen stimmt das sicher auch, unterwegs oft zu sehen wie Halter ihre an sich durchaus souveränen Hunde völlig kirre machen. Aber es trifft halt lange nicht bei allen zu.

    Als ich klein-Sandor bekam hab ich auch erst einmal reagiert wie immer, sprich: Bei Hundesichtungen (bzw. wenn ein Hund plötzlich um die Ecke kommt) erst einmal die Leine lang und locker lassen, und dem Hund die Möglichkeit geben möglichst ungestört zu kommunizieren. War bei meinen bisherigen Hunden auch immer ein prima Ansatz gewesen, eingegriffen hab ich da nur wenn ein deutlich überlegener Hund der Meinung war, meine Zwerge so richtig überrollen zu müssen. Aber in 99% der Fälle (mindestens) hab ich meine Hunde einfach machen lassen wenn ein anderer Hund ankam, und das lief prima.

    Entsprechend fiel ich aus allen Wolken als klein-Sandor keinerlei Anstalten machte, irgendwie zu kommunizieren, sondern schreiend auf den anderen Hund los wollte. :shocked: Und zwar nicht auf einzelne, sondern auf nahezu jeden. Irgendwann ist dann auch bei mir der Groschen gefallen, und ich konnte all den "das liegt alles am Menschen"-Vertretern überzeugt sagen: Es ist für meinen Hund völlig egal, ob ich hintendran Meditations- oder Marschmusik spiele, der nimmt mich in diesen Momenten eh gar nicht wahr.

    Da lautet die Devise vielmehr, erst einmal überhaupt in die Wahrnehmung des Hundes vorzudringen, ihm dann zu helfen solche Situationen durchzustehen, und ihm zu vermitteln dass man Lösungen parat hat. Und den Rest der schlauen Ratgeber zu ignorieren.

    Den Punkt mit den Autos begrüße ich auch uneingeschränkt. Es ist eine Sache, wenn ein Hund mal 10 Minuten im (im Schatten geparkten und belüfteten) Auto wartet während der Mensch schnell ein paar Sachen aus dem Laden holt, und eine völlig andere wenn er für längere Zeit dort untergebracht wird. Vor allem dann, wenn der Mensch auch noch so richtig abgelenkt ist und dadurch die Zeit vergisst. (Ich stell mir selbst während des Einkaufs den Handywecker auf 10 Minuten, länger darf es nicht dauern...)

    Die Sache mit dem generellen Boxverbot auf dem Ausstellungsgelände dagegen sehe ich eher kritisch. Da hätte ich eher die Bedenken wie Czarek, dass viele Hunde dadurch eher gestresst werden. Denn sind wir doch mal ehrlich: Hundehalter mit Sachverstand und Empathie würden ihren Hund nicht stundenlang sinnfrei in der Box "einknasten" wenn ihm das so gar nicht liegt - und Hundehalter ohne Sachverstand und Empathie werden ihren Hund auch nicht schützen wenn andere Menschen und/oder Hunde ihn bedrängen, über ihn drüber stolpern oder sonstwie stressen. (Und selbst für die vernünftigen, empathischen wird es schwierig wenn sie selbst mal aufs Klo müssen...) Es ist nun mal von Hund zu Hund verschieden, was ihm besser bekommt. Und somit werden auch bei noch so gut gemeinten Regelungen immer Hunde durchs Raster fallen.

    Ich hab jetzt auf dieser Frage ein wenig rumüberlegt, bis mir aufgefallen ist, dass im Grunde genau das meinen Stil beschreibt: Reflektiert. Ich denke gerne darüber nach, was ich da tue, weshalb ich es tue, ob es Sinn macht, und vor allem: Werden sowohl mein Hund wie auch ich damit glücklich?

    So gesehen fallen Ansätze wie CM für mich von vornherein raus. Ich muss mir nur die Hunde in den Clips anschauen, dann könnte ich eher heulen über das was sie ausdrücken. Darunter fallen auch andere wie HTS, die mehr oder weniger ein "deckeln" der Hunde zum Ziel haben und viel mit wie auch immer gearteter Einschüchterung arbeiten.

    Von anderen Stilen greife ich mir heraus, was mir 1. sinnvoll erscheint und 2. offenbar meinem Hund liegt. Wichtiger als die Methode selbst finde ich dabei, dass ich es mit Sinn und Verstand auswähle und immer wieder überprüfe, ob es so auch für uns passt. Da fliegt dann schon mal auch was für den jeweiligen Hund raus, was ich zwar prima finde, aber mein Hund offenbar nicht. (Glenny zum Beispiel fand freies Formen gar nicht witzig, während Kaya da voll drauf gestanden hat. Bitte sehr, dann halt der eine so und die andere so.) Und manchmal muss man sich halt auch vorsichtig durchtesten, was nun am besten passt.

    Das führt dann zu etwas, was ich viel zu selten lese bzw. sehe, aber für immens wichtig halte: Immer wieder kurz innehalten. Aus Situationen rausgehen, Trainingsrunden unterbrechen. Bevor man irgendwie weiter macht, besser versuchen kurz innerlich Abstand zu bekommen, und zu überlegen: Was läuft hier eigentlich gerade wirklich ab? Macht das, was ich tue, die Sache besser? Wenn ja, was ist das entscheidende Detail? Wenn nein, was muss ich ändern damit es besser wird? Leider sieht man ständig, wie Hundehalter auf Biegen und Brechen versuchen, etwas sofort hinzubiegen, sich selbst und ihre Hunde damit unter Druck setzen, und dadurch oft alles nur noch schlimmer machen. Wie war das doch mit der Definition von Wahnsinn? "Immer wieder das gleiche tun, und andere Ergebnisse erwarten"...

    Meinst du nicht, dass man in der Hundeerziehung auch mit gesundem Menschenverstand und ganz normalem Einfühlungsvermögen arbeiten kann?

    Im Allgemeinen - durchaus.

    Wenn du da bei jedem kleinen Problem nicht mehr weiter weißt und einen Trainer brauchst, bist du verloren.

    Stimmt. Und wenn es halt kein kleines Problem ist, muss man im Zweifel eben darüber nachdenken, für den Hund ein passenderes Zuhause zu suchen.

    Weißt du, ich verstehe schon wie du darauf kommst. Bevor ich meinen Krümel bekommen habe hätte ich mir so einiges auch gar nicht vorstellen können. Aber wenn du dann einen jungen Hund vor dir hast der draußen nicht eine Sekunde im eigenen Gleichgewicht stehen kann, von irgendwie ansprechbar sein ganz zu schweigen, beim Anblick von Hunden/schnelleren Autos/Sperrmüll und ähnlich merkwürdigen Dingen anfängt zu schreien und man jede Ader im Auge sieht, er dann nach solchem Stress abends prompt einen Krampfanfall bekommt - und das auch nur um die Spitze des Eisbergs zu nennen - dann findest du diese Probleme plötzlich gar nicht so klein. Und ob du es glaubst oder nicht, ich hab das tatsächlich allein hinbekommen, Ergebnisse kannst du in unserem Thread (siehe meine Signatur) nachlesen. Aber aus dieser Erfahrung heraus kann ich gut nachvollziehen, wie belastend so etwas sein kann. Und wie sehr es einem zusätzlich zusetzt, wenn es in der Umwelt jeder besser weiß im Sinne von "du musst doch nur", "mit meinem Hund geht das auch" etc.

    Mit Sandor stellt sich diese Frage gar nicht, aber auch meine früheren Hunde hab ich definitiv nie vor dem Supermarkt angebunden. Ok, die hätten nicht gebissen, aber ich wollte ja nun auch nicht dass sie geärgert oder schlimmstenfalls sogar geklaut werden. Was ich aber ab und an gemacht habe, wenn ich wirklich nur zwei Kleinigkeiten vergessen hatte: Glenny und Kaya unter die vor dem Laden stehende Obstauslage geschickt, so eine mit der Werbefläche bis fast ganz unten, und sie dort abliegen lassen. So waren sie für Passanten gar nicht zu sehen, ich konnte aber durch die Eingangsscheibe immer einen kurzen Blick auf sie werfen. Die Verblüffung von Passanten war allerdings oft filmreif wenn ich beim rauskommen nur kurz gemeint habe "weiter geht's!", und die beiden freudestrahlend unter der Auslage vor kamen :lol:

    Ansonsten ist das wohl immer auch von der Umgebung abhängig. Hier in Frankfurt ist es kein sonderlich hundefreundliches Pflaster, da hat man ruckzuck Auflagen, schon wenn sich jemand nur bedroht sieht - braucht doch keiner. :ka:

    Mal ganz allgemein gesprochen: Es kann mehrere Ursachen geben, weshalb ein Hund völlig überdreht. Ein ausgeglichener Hund hat eine gute Balance zwischen "Gas und Bremse", und kann vor allem zwischen beidem problemlos wechseln. Es gibt aber auch Hunde, bei denen das nicht richtig funktioniert. Dabei werden dann diejenigen, die bildlich gesprochen immer auf der Bremse stehen und kaum Gas haben, von den Haltern meist nicht als Problem wahrgenommen. (Eine Ausnahme bilden dabei Hundehalter, die mit ihren Hunden in irgendeiner Form arbeiten wollen, sei es beruflich oder sportlich. Da kann es schon auch für den Halter zum Thema werden, wenn der Hund seinen "Anschalter" nicht findet. Wie es für die Hunde aussieht, das steht auf einem anderen Blatt.) Hunde dagegen, die nur Gas kennen und den Ausschalter dafür nicht finden, die werden - wie im Fall hier - durchaus als Problem gesehen. Fragt sich: Wieso schaffen diese Hunde das nicht?

    Zum Teil ist das natürlich genetisch. Sei es per Rasse oder per Individuum, manche drehen einfach schon im Grundsatz höher als andere. Daran kann man als Halter erst mal nicht viel machen, außer durch "Augen auf beim Hundekauf".

    Der nächste wichtige Schritt ist, dass gerade entsprechend veranlagte Hunde (aber natürlich auch alle anderen) als Welpe lernen, ihren Energielevel zu steuern. Junge Welpen auf ersten Entdeckertouren kennen zunächst nur "an" und "aus": Entweder sie geben Vollgas, oder sie kippen um und schlafen. Die feinere und vor allem bewusstere Steuerung müsen sie erst lernen.

    Später wird dann wichtig, wie der Alltag des Hundes gestaltet ist. Bekommt der Hund keine richtigen Ruhephasen, kann er wahrgenommenes nicht richtig verarbeiten und entsprechend abspeichern. Das führt dazu, dass sich seine Eindrücke alle in der Zwischenablage stapeln, bis es dort aussieht wie in einem Messiehaushalt und der Hund damit nicht mehr klarkommt. Das wieder ordentlich aufzuräumen dauert eine Weile und muss Schritt für Schritt gemacht werden. Wobei klar ist, dass man am Anfang kaum einen richtigen Fortschritt sieht, das kommt erst mit zunehmender Ordnung.

    Zu einem ähnlichen Effekt kommt es auch, wenn zu viele Eindrücke und Reize auf den Hund einprasseln, also dauerhaft mehr, als er verarbeiten kann. Auch hier wieder bietet sich der Vergleich mit der Ablage an: Wenn jeden Tag mehr Zettel reinkommen als man abheften kann, dann läuft die Ablage irgendwann im Chaos über.

    Ein weiterer Faktor, weshalb ein Hund zu sehr hochdreht, kann aber auch sein, dass er zu wenig Gelegenheit bekommt, seine Energie - körperlich wie geistig - auf eine sinnvolle Art auszuleben. Und da muss man beim Hund genauso trennen wie beim Menschen: Auch hier käme ja niemand auf die Idee, Job und Ausgleichssport in einen Topf zu werfen! Hat ein Hund also zu wenig Gelegenheit, sich seinen Bedürfnissen entsprechend auszuleben, dann sammelt sich die angestaute Energie wie der Dampf im Kessel, und irgendwann pfeift es nur noch.


    So weit die häufigsten Faktoren. Bei den vielen auffälligen Hunden ist es dabei nur einer oder zwei, und entsprechend kann man das relativ gut in den Griff bekommen. Es gibt aber auch andere, bei denen praktisch jeder einzelne Punkt zutrifft. (So ein Exemplar hab ich hier daheim, und weiß von daher wie viel Management, Einfühlungsvermögen und Geduld es braucht, um das auf die Reihe zu bekommen!)

    Nehmen wir nun den Fall hier: In wie weit die Genetik mitspielt lässt sich nur schwer sagen. Allerdings legt die körperliche Problematik nahe, dass es da ein Thema geben könnte, auf jeden Fall ist die allgemeine Rassedisposition schon ein Faktor.

    Ob der Hund es als Welpe gelernt hat, zwischen Gas und Bremse zu wechseln, das darf bei dem, wie der Züchter und seine Ansichten geschildert werden, bezweifelt werden. Und ich vermute ins Blaue, dass ein unerfahrener Hundehalter auch nicht gleich passend versuchen konnte, es wenigstens ein Stück weit noch nachzuholen. (Die meisten Hundehalter gucken zwar darauf, was im "Gasmodus" passiert, viele auch auf die "Bremse-", sprich Ruhe- und Kuschelzeiten; aber dem guten Übergang zwischen beidem widmen nur die wenigsten Aufmerksamkeit.)

    Nach der Schilderung im Eingangsbeitrag zu urteilen sind die Ruhezeiten nicht wirklich angemessen, zumindest von der Qualität der Ruhe nicht. Und ebenso scheinen zu viele Reize einzuwirken, zumindest klingt es so. Wobei man auch nicht immer sagen kann, dass "Natur" für den Hund notwendigerweise reizarm ist! Je nach dem, was den Hund triggert, können auch die vielen (Wild-)Gerüche, Bewegungen von Kleintieren etc. extrem aufregend wirken. Wichtig zu wissen wäre in diesem Zusammenhang hier auch, wie geregelt der Tagesablauf üblicherweise ist. Denn auch eine unklare Erwartungshaltung im Sinne von "es könnte jederzeit was passieren" sorgt dafür, dass der Hund permanent eine innere Grundspannung aufrecht erhält.

    Und was den Rest angeht, da ist zumindest zur Zeit auch der "Ausgleichssport" körperlich wie geistig nicht ansatzweise ausreichend gegeben. Womit praktisch jeder einzelne Punkt zum Gesamtproblem beiträgt.

    Die Frage lautet also nun: Was kannst du jeweils tun, um in den einzelnen Bereichen für eine bessere Balance zu sorgen? Der Ansatz der Trainerin zielt, wenn das was du hier schreibst wirklich alles ist, vor allem auf den Punkt Reduzierung des Reizinputs ab. Völlig in Ordnung, aber eben nur ein einzelner Baustein. Und vor allem, wenn es der einzige bleibt und auf diese Art durchgezogen wird, wird dadurch umgekehrt der Baustein "Ausgleichssport" eher noch verschlimmert. Deshalb müsstest du dir nun Gedanken machen, wie du gleichzeitig die Reizmenge reduzieren und deinem Hund trotzdem ein körperliches und geistiges Auspowern ermöglichen kannst. In diesem Rahmen geht es dann im weiteren darum, deinem Hund zunehmend Kompetenz darin zu vermitteln, von selbst zwischen Ruhe und Aktivität zu wechseln. Und vor allem: Selbst nicht die Geduld zu verlieren, wenn am Anfang die Fortschritte nur winzig sind. Die gute Nachricht dabei ist nämlich, je weiter man kommt desto schneller geht es voran!

    In der gegenwärtigen Situation mit dem eh schon überdrehten Hund würde ich vom Reizangeltraining abraten.

    Das sehe ich ganz genauso! Ein gut gemachtes Reizangeltraining erfordert jede Menge Impulskontrolle, und die inneren Reserven dazu wird dieser Hund wohl eher nicht haben. Und ohne diese Impulskontrolle dabei wird gerade ein Terrier dabei so was von hochgedreht, das ist mit Sicherheit kontraproduktiv.

    (Wie ich mir ein brauchbares Reizangeltraining mit Terrier vorstelle hab ich im Krümel-Thema schon eingestellt: CLICK Und da sieht man, wie selbst der dabei hochdreht...)