Was diese Gewichtsgrenzen angeht, das hat ja der Rückert nicht "erfunden". Zitat aus "Die Sache mit dem Hund" von Gebhardt/Haucke aus dem Jahr 1990 (und für die damalige Zeit ein echt fortschrittliches Buch):
ZitatWas die Größe angeht, so vertreten wir eine Faustregel: Zusätzlich zu den rassetypischen Risiken und Spezialkrankheiten (die wir im Rassenverzeichnis nach einer Umfrage bei Tierärzten jeweils benennen) ist jeder Hund, der wesentlich unter fünf Kilogramm oder erheblich über fünfzig Kilogramm wiegt, grundsächlich gefährdet. Das liegt daran, dass man ein Lebewesen eben nicht ungestraft maßstabgerecht vergrößern oder verkleinern kann, wie ein Architekt das bei einem Bauwerk kann und darf.
Der Gedanke selbst ist also nicht eben neu. Bei den Riesenrassen kenne ich mich weniger aus, bei den Zwergen bin ich aber geneigt, zuzustimmen. Natürlich gibt es auch leichtere Hunde, die fit und gesund sind und ein tolles Leben führen! Aber zwei Aspekte sollte man meiner Ansicht nach dabei nicht aus dem Auge verlieren:
Einmal geht es dabei ja nicht nur explizit um die Gesundheit im eigenen Körper, sondern um die Lebensqualität allgemein. Während ich bei vielen extrem schweren Hunden den Eindruck habe, dass sie wirklich am eigenen Körper schon leiden, ist es bei den extrem kleinen und leichten eher das ganz normale Leben, das ihnen dann das Leben schwer macht. Wenn ich mal aus versehen über einen meiner Jungs gestolpert bin (Sandor zwischen 5,5 und 6 kg, Glenny damals 6,5-knapp 7), dann war das zwar blöd, aber kein Ding. War es eines meiner Mädels (beide unter 5 Kilo), dann hab ich doch geguckt, ob alles noch heile ist. Und eine Bekannte hat letztens ihre Chihündin mit so einem versehentlichen Treten schmerzhaft verletzt. Der Chirüde einer Freundin hat sein Leben lang immer wieder Rückenprobleme, seit er zwischen Bett und Wand in eine Ritze abgerutscht ist. Da fragt man sich schon, echt jetzt?!? Ist so was noch ok? Darf so was noch ok sein? Und das fängt schon viel früher an, ich finde es ja manchmal schon grenzwertig, wenn die Wiese sehr hoch ist und der Krümel dann etwas kämpfen muss. Wenn aber schon eine ganz normale ungemähte Wiese, ein wenig Gestrüpp am Wegesrand, zum beinahe unüberwindlichen Hindernis wird, wenn jeder Bordstein ein Sprung auf Körperhöhe ist, dann frag ich mich schon, ob wir Menschen da nicht eine Grenze überschritten haben, die wir nicht hätten überschreiten sollen. Im Sinne der Hunde.
Der andere Aspekt ist: Bei solchen Vorgaben geht es ja nicht darum, dass der einzelne Hund nicht weniger als fünf oder mehr als fünfzig Kilo wiegen darf um ein Lebensrecht zu haben. Sondern darum, dass die Zuchtauswahl entsprechend gestaltet werden sollte, um innerhalb diesen Rahmens zu bleiben. Denn es ist doch klar, es gibt immer wieder Ausreißer in jede Richtung, das ist doch völlig normal. Und damit diese Ausreißer immer noch in einem Bereich sind, der dem jeweiligen individuellen Hund ein gutes Leben ermöglicht, fände ich es völlig verkehrt, die Grenzbereiche in der Zucht komplett auszureizen. Schlicht gesagt: Wenn eine Hunderasse generell mit 5 Kilo Mindestgewicht für Zuchthunde angegeben wird, dann ist es klar, dass auch immer wieder mal Hunde dabei rauskommen, die eben nur 3,5 oder 4 Kilo haben. Das ist immer noch ein Gewicht, mit dem ein vernünftiges Leben möglich sein sollte - in die Zucht sollten diese Hunde aber keinesfalls. Sagt man nun aber, na die haben mit 3,5 oder 4 Kilo doch auch keine dramatischen Probleme, also nehmen wir das doch als Grenzwert - tja, wie leicht sind denn dann die Ausreißer nach unten? Und hätten die dann auch noch das Glück, keine Einschränkungen in ihrem Leben zu haben, nicht deutlich gefährdeter zu sein als andere? Deshalb finde ich dieses Denken, das was irgendwie noch geht auch als Grenzwert für die Zucht zu nehmen, im Grunde unverantwortlich. Der Grenzwert sollte in meinen Augen immer so beschaffen sein, dass sich auch die Nachzuchthunde mit entsprechender Streubreite noch in einem halbwegs sicheren Rahmen bewegen. Just my two cents...
(Und um das zu ergänzen: Deshalb fand ich zum Beispiel auch die Zücherin von Glenny und Kaya so toll, die auf Ausstellungen in dieser Hinsicht gepfiffen hat und eher größere Silkys gezüchtet.)