Beiträge von Montagsmodell

    Um das noch mal näher zu fassen: Der VDH ist der Dachverband. Die einzelnen Rassen werden ja noch mal von einem jeweiligen Rasseclub vertreten. Vielleicht wäre da noch mal ein Ansatzpunkt, denn ich denke, eben durch diese geteilten Kompetenzen ergeben sich viele Lücken für solche Entgleisungen :denker:

    Das wichtigste ist wohl vor allem, dass man immer gut hinschaut: Was ist das freundlichste geeignete Mittel in dieser Situation? Wenn eine einfache Umorientierung das Problem löst, dann fange ich nicht mit einem Strafreiz an. Was ist denn ein Abbruch? Im Grunde alles, was den Hund dazu bringt, mit seinem aktuellen Verhalten aufzuhören. Wenn ein Rückruf dafür reicht, super. Und ich hab auch schon sehr gute Erfolge damit gehabt, den Krümel für ihn überraschend auf etwas ganz tolles umzulenken. Das geht aber nicht als Standardstrategie.

    Wenn ich nun so zurückdenke, was wir verwenden, dann ist das eine ziemliche Bandbreite. Am einfachsten waren die Verhaltensweisen, die ich gleich am Anfang abgefangen habe. Zum Beispiel das Jagen von Vögeln. Sandor war ohnehin immer an der Schleppleine, also war das echt einfach, ich hab mich beim kleinsten Ansatz auf die Leine gestellt und abgewartet. Lernen am Erfolg - bzw. in diesem Fall am Misserfolg: Funktioniert nicht. Sobald er sich dann etwas irritiert hingesetzt hat um zu überlegen, wieso in aller Welt das nun nicht klappt, hab ich ihm ein Spiel bei mir angeboten. Heute geht er gelassen durch Taubenschwärme durch.

    Stufe zwei ist die Fehlermeldung. Damit sage ich ihm im Prinzip: Wenn du mit dem, was du jetzt tust, weiter machst, dann hast du damit die Chance auf eine Belohnung (bzw. einen angenehmen Ausgang) verspielt. Sobald er dann von seinem Verhalten ablässt, biete ich ihm sofort eine Alternative an die ihm eine Belohnung bringt. Das funktioniert natürlich nur, wenn man die Kontrolle über die Situation hat. (Was andererseits aber auch bei Strafe ja eine Grundbedingung ist, oder?)

    Und letztendlich gibt es auch bei uns noch einen im Prinzip aversiv aufgebauten Abbruch. Allerdings ist dieser Aufbau völlig ohne Vertrauensverlust vorgegangen, im Gegenteil. Bei Sandor hat es zwei für ihn einprägsame Erlebnisse gebraucht, um das zu konditionieren. Diese Erlebnisse sind ganz nebenbei im Alltag entstanden. Das eine war daheim, ich hatte auf dem Weg ins Wohnzimmer etwas von meiner Tomatensoße verschüttet - heiß, und mit viel Chili gewürzt. Leider hatte ich gerade die Hände voll, Sandor kam angestürzt, nix mehr zu machen. Ich hab noch "lass es!" gerufen, natürlich hat er seine Zunge reingesteckt, und natürlich war das nicht lecker. Selbstverständlich hab ich den armen Kerl gebührend bedauert, den Rest weggewischt, und fertig. Die andere Situation war draußen, diesmal hatte ich gerade mit Kaya die Hände voll als Sandor auf einen Igel zugerast ist. Wieder blieb nix anderes übrig als "lass es!" zu rufen, er hat schon leicht abgebremst, dann aber doch seine Nase reingestickst, und wurde prompt kräftig gepiekst. Auch diesmal hab ich ihn bedauert, so ein blöder Igel aber auch... Seitdem ist für Sandor klar: Wenn ich sage "lass es!", dann ist das eine gut gemeinte Warnung vor irgendwas, das harmlos aussieht und dann doch blöd ist. Er fürchtet dabei keinerlei Strafe von mir, sondern nimmt es so, wie es auch gemeint ist, nämlich als Hinweis vor einer Gefahr. Wie oft das vorkommt? Vielleicht zwei mal im Jahr. :ka: In allen anderen Fällen kommen wir mit einer Fehlermeldung deutlich besser klar.

    Das bei vielen übliche Schimpfen gibt es bei uns eigentlich nur, wenn er bewusst eine gut bekannte Grenze übertritt. Und ich weiß dann auch, dass das im Grunde nicht taugt, um ihm etwas beizubringen, sondern allein meinen manchmal eben auch blank liegenden Nerven geschuldet ist. :sweet::ops:


    Über die Gefahr, dass mein Hund die Fehlermeldung in eine Verhaltenskette einbauen könnte, hab ich mir keine großen Gedanken gemacht. Denn ich markiere damit ja ein Verhalten, das in eine Sackgasse führen wird; nur das bessere Verhalten wird bestätigt. Da das aber mindestens genauso, meistens aber sogar hochwertiger bestätigt wird, wenn er es ohne den vorherigen Umweg über ein Fehlverhalten zeigt, lohnt es sich für ihn einfach nicht vorher Mist zu bauen.

    Nun, gerade wenn ein Hund krank wird muss man in der Regel weiter arbeiten - TA kostet nämlich Geld. ;)

    Ich wollte dir damit auch keine Panik machen! Sondern nur klarstellen: Schau bei deiner Planung nicht nur darauf, wie es optimal läuft, sondern guck dich rechtzeitig um, wie du es managen kannst wenn es mal nicht so rund läuft. Sprich, such beizeiten wer mittags mal nach deinem Hund schauen kann während du arbeiten bist, oder wer ihn auch mal tagsüber zu sich nehmen würde wenn es eben nötig wird. Wenn man das dann niemals braucht - um so besser. Aber falls doch ist es für alle Beteiligten viel stressfreier, wenn der "Plan B" ohne große Komplikationen anlaufen kann. Zumal die Suche nach einer Zusatzbetreuung mit einem gesunden Hund und ohne Stress im Hintergrund einfach viel entspannter läuft. Man kann sich kennen lernen, in Ruhe schauen ob es passt, und ist im Zweifelsfall dann beruhigt.

    Ein Gedanke noch dazu:

    Hunde werden älter. Hunde werden auch mal krank - und zwar manchmal recht überraschend. Ein Plan B ist also zwingend notwendig, auch wenn der Hund super mit dem Alleinsein klarkommt. Und ich würde immer versuchen dafür zu sorgen, dass zwischendrin jemand nach dem Hund schaut.

    Kleines Beispiel: Ich bin mal morgens mit zwei topfitten Hunden spazieren gewesen. Auf dem Weg zur Arbeit wurde Kaya etwas ruhiger. Während der Teambesprechung fing sie an zu erbrechen, das wurde ruckzuck von der Anstrengung blutig. Ich hab also abgebrochen, meine Hunde eingepackt und bin ab zum TA. Auf dem Weg zum Auto kam dann schon blutiger Durchfall dazu. Es war dann letztendlich "nur" ein ziemlich fieser Virus, der gerade überall rumging. Aber trotzdem war es gut, dass es sofort behandelt wurde und sie auch gleich noch eine Infusion mit Flüssigkeit bekam. Und schon damals hatte ich sofort das Kopfkino, was wenn ich sie guten Gewissens allein daheim gelassen hätte und erst viele Stunden später wieder gekommen wäre?

    Wie gesagt, nur ein Gedanke. Natürlich muss so was nicht passieren, genau wie auch viele Hunde bis ins hohe Alter topit sind. Aber es KANN passieren. Und wenn man dann erst anfangen will zu planen ist der Zug meist schon abgefahren.

    Erfahrungen damit gibt es hier, aber ich fürchte das wird dir aufgrund des Größenunterschieds nicht weiterhelfen. :ka: Mein kleines Montagsmodell hatte sich das Kreuzband auch mal angerissen. In Absprache mit TA und Osteopathin hab ich ihn erst einmal strikt geschont, dann sorgfältig wieder aufgebaut. Auch heute noch hat er weder dadurch noch durch die PL im anderen Knie irgendwelche Beschwerden, und auch - klopf auf Holz! - keinerlei Arthrosebildung. In beiden Fällen bin ich also sehr glücklich über die Entscheidung, da nicht zu operieren sondern vor allem auf Gymnastik, Muskelaufbau und Osteopathie zu setzen. Aber wie gesagt, er ist halt auch klein. Ich schätze, bei einem deutlich größeren Hund sieht das eventuell noch mal ganz anders aus.

    Was ich von einer Bekannten noch weiß, die ihren BC wegen eines abgerissenen Kreuzbands operieren lassen musste: Wenn das wirklich wie in ihrem Fall ein reiner Unfall war, dann ist mit der OP die Sache meistens erledigt. Wenn es aber genetische Komponenten hat, dann kann man meist darauf wetten dass 1-2 Jahre nach der OP das Kreuzband am anderen Knie reißt.

    Mal ganz allgemein gesprochen: Solche Ansätze können Wunderkuren bewirken. (Wie so ziemlich jeder Ansatz.) Nämlich dann, wenn es genau auf den jeweiligen Hund und jeweiligen Halter passt und das aktuelle Problem mit dem Nagel auf den Kopf trifft. Nur, wie oft ist das wohl der Fall?

    Fangen wir mal ganz allgemein an. Damit ein Hund ein erwünschtes Verhalten zeigen kann, müssen drei Bedingungen erfüllt sein:

    1. Er muss dazu in der Lage sein. Körperlich, geistig und psychisch. Ein Bernhardiner wird wohl nie einen Handstand können, ein kleiner Treudoof keine tausenddrölf Spielzeuge allein nach dem Namen auseinanderhalten, ein Hund mit extremer Geräuschangst nicht beim Silvesterfeuerwerk gelassen schnüffeln gehen.
    2. Er muss wissen, was er überhaupt tun soll. Also das gewünschte Verhalten kennen und können, sowie das Signal dazu sicher verstanden haben.
    3. Er muss einen guten Grund haben, es auch zu tun. Besonders, wenn er in diesem Moment die Auswahl zwischen mehreren Alternativen hat.

    So. Bei Punkt 1 kann man es glaub ich eher kurz fassen. Die Bandbreite dessen, was dem Hund dabei abverlangt werden kann, ist gerade bei diesen ganzen "rein körpersprachlich führen, keine sonstigen Belohnungen etc." schon per se meist eher eingeschränkt. So lange der Hund nicht gerade blind ist, wird das meiste machbar sein. Schwieriger wird da schon der Aspekt der Psyche. Da geraten gerade diese Ansätze ganz schnell in einen zu großen Druck auf den Hund.

    Richtig interessant wird es bei 2. und 3. Hat man einen Hund, der von sich aus schon stark sozial motiviert ist, einen typischen will-to-please-Hund etwa, clever genug um schnell zu begreifen, und lediglich der Mensch drückt sich immer unklar aus - dann kann es zu der von diesen Leuten propagierten Wunderheilung kommen. Der Hund ist erleichtert, weil er endlich nur wenige, klare Hinweise bekommt, der Mensch ist erstaunt und beeindruckt wie super der Hund sofort darauf einsteigt, alles prima. Kleiner Haken: Wie viele Hunde sind von sich aus denn schon so gestrickt und machen Probleme?

    Bei den weitaus meisten Hunden, und erst recht bei denen mit Problemen, liegen die Dinge allerdings doch etwas komplizierter. Da muss beim Hund eben erst einmal ein Bild davon geschaffen werden, was man von ihm erwartet, das gewünschte Verhalten also überhaupt erst als Möglichkeit etabliert. Dann muss eine ordentliche Signalkontrolle drauf. Das ganze noch generalisiert werden. Und vor allem, der Hund muss einen Grund bekommen, weshalb er seine bisherige, bewährte Verhaltensweise für die neue aufgeben soll. (Und bewährt ist das alte Verhalten in seinen Augen, sonst würde er es nicht immer wieder zeigen. Lerngesetze in Reinkultur.)

    Was sind nun gute Gründe für einen Hund, etwas bestimmtes zu tun? Im Grunde gibt es immer nur zwei: Es fühlt sich gut an, es zu tun - oder es fühlt sich blöd an, es zu lassen. Hat man nun einen Hund vor sich, für den es eben nicht der einzige erstrebenswerte Aspekt seines Lebens ist, seinem Menschen zu gefallen, dann wird es mit "rein körpersprachlich" schnell eng. Will ich so einem Hund beibiegen, nicht zu tun was er sonst gerne tut, und mein eines Argument "weil ich mich dir dann positiv zuwende" zieht nicht, oder zumindest nicht ausreichend - dann bleibt im Grunde nur noch Druck. "Wenn du nicht tust, was ich will, dann wird es blöd." Am Beispiel: Wenn mein Hund etwas fressen will, was da rumliegt, dann ist das für ihn ein bewährtes Verhalten. Will ich das nicht, kann ich ihm einen positiven Rückruf verkaufen der sich noch besser anfühlt als das Futter - wenn, ja wenn ich eben Argumente habe die besser sind als das Futter. Oder ich kann ihn unter Strafandrohung davon wegdrücken. Rein körpersprachlich hab ich da allerdings bei einem Hund, der Futter höher bewertet als Zuwendung, nur noch Chance zwei.

    Das bedeutet in der Praxis: Trainer, die nach diesem Prinzip arbeiten, verwenden bei den meisten Hunden eine Menge Druck. Nämlich immer so viel Druck, dass es ausreicht um bisher bewährte Verhaltensweisen zu ändern. (Wer wissen möchte, wie viel dafür nötig ist, braucht nur an seinen letzten Diätversuch zu denken... ;)) Die spannende Frage dabei: Wieso sollte man das bewusst in Kauf nehmen, und bewusst alle weiteren Möglichkeiten aus dem Trainings-Handwerkskoffer außer Acht lassen?


    So etwas finde ich ehrlich gesagt höchstens für ein Seminarwochenende mit gefestigten Hunden mal spannend. Einfach um klar in den Blick zu stellen, was man sonst üblicherweise mit seiner Körpersprache dem Hund alles unbewusst mitteilt. Ähnlich interessant fand ich aber beispielsweise auch die DVD Clickern mit Hühnern, wo ausschließlich die reine Verhaltensformung im Mittelpunkt stand. Einen wirklich guten Trainer aber macht es aus, dass er mit einem guten Blick erkennt, wo genau es beim jeweiligen Mensch-Hund-Team hakt, und der dann zielsicher die richtigen Werkzeuge aus seinem gut gefüllten Methodenkoffer zieht. Und nicht denjenigen, der halt nur seinen Hammer dabei hat, also muss alles mit dem Hammer gemacht werden, frei nach dem Motto "was nicht passt wird passend gemacht"...

    Ich hab das wie gesagt vom ganz normalen "Pfote geben" abgeleitet. Mich auf einen Stuhl gesetzt, zuerst die Pfote normal auf die Hand geben lassen, dann den Fuß drunter gehalten, dann nur noch auf meinen Fuß getippt. (Hört sich sehr umständlich an, ging aber sehr schnell.) Dann aufgestanden, und die Sache mit "lege auf Kommando deine Pfote auf meinen angehobenen Fuß" war drin.

    Ob ein Hund deswegen Auflagen bekommt oder nicht, das entscheidet meines Wissens nach die jeweilige Kommune. Kommt also sehr darauf an, wo man wohnt. Und wie so etwas gerichtlich ausgehen würde? Dazu denke ich immer nur an den Spruch "vor Gericht und auf hoher See bist du allein in Gottes Hand" - mir so gesagt ausgerechnet von einer (mir privat bekannten) Richterin...