Beiträge von Montagsmodell

    Ob man in dieser Situation ein Markersignal verwendet, das muss man glaub ich individuell entscheiden. Bei Sandor war es zum Beispiel egal, er hat das anfangs eh nicht wahrgenommen. (Wie gesagt, es brauchte den Jackpot um überhaupt stark genug zu sein es in sein Bewusstsein zu schaffen.) Wenn ich das richtig verstanden hatte ging die Frage hier ja darum, ob nicht ein als Abbruch/Umlenkung gedachtes Signal auch ruckzuck zum Marker werden kann, der dann kontraproduktiv wirkt. Und ich wollte damit nur sagen, selbst wenn es ähnlich wie ein Marker wirkt muss das trotzdem noch nicht schlimm sein für das Training. (Ich fürchte, wir machen hier gerade eine nette neue kleine OT-Schleife auf... :ops:)

    Da gab es allerdings kein Marker-Wort, sondern ich habe sie einfach kurz angesprochen und ihr dann ein Spielzeug angeboten, das dann interessanter war.

    Das geht auf "Stufe zwei", also wenn ein Hund schon so weit ansprechbar ist dass er auf die Namensnennung reagiert. Während viele Hunde (und die müssen dafür nicht annähernd so extrem schräg drauf sein wie Sandor) in den betreffenden Momenten einfach nicht ansprechbar genug dafür sind. Aber wo ein Aufmerksamkeitssignal völlig ungehört verpufft, selbst ein normales Markerwort nicht durchkommt, kann man oft mit einem Überraschungsjackpot den Fuß in die Tür bekommen. Um da zum Hund überhaupt durchzudringen muss der Reiz halt sehr "mächtig" sein. Und dafür gibt es halt nur zwei Möglichkeiten: Mächtig gut, oder mächtig blöd. Zumindest bei Sandor wäre damals alles an "blöd", was stark genug gewesen wäre zu ihm durchzudringen, definitiv tierschutzrelevant geworden. Also halt die gleiche Stärke in "gut", hat auch seinen Zweck erfüllt. Lediglich das Gerechtigkeitsempfinden des Menschen leidet dabei - kann ja wohl nicht sein, dass ein besonders schlechtes Verhalten eine besonders gute Belohnung bringt! :shocked: Aber hey, es hat seinen Zweck erfüllt, und auf die pädagogisch wertvolle schwarz-weiß-Schiene kann man später noch zurückgreifen, wenn der Hund endlich ansprechbar und entscheidungsfähig ist.

    Mein Trainer erklärte nachher, dass manche Ausbilder den Hunden bewusst kein Kommando „Aus“ beibringen, der Hund wird körperlich vom „Opfer“ getrennt, soll bewusst nicht loslassen bis dahin. Das „Opfer“ soll fixiert werden, bis der DHF physisch die Trennung und Verhaftung vollzieht.

    Und wenn ich so etwas lese bin ich wiederum sehr froh darüber, dass sich Polizisten im Zweifel auch für den Einsatz ihres Diensthundes verantworten müssen.

    Ich kapier das ehrlich gesagt auch nicht so ganz. Ok, bei manchen ist es einfach der Versuch, die Sache mit den Anfangsbuchstaben irgendwie in den Griff zu bekommen. Und bei manchen Rassen gehört ein "süüüüßer" Name wohl auch zum guten Ton - wie eine Art "Rassezüchterkultur" halt. :ka:

    Interessanterweise kenne ich das vom Silky her weniger. Da gibt es das zwar auch, aber ein großer Teil der Hunde hat neben dem Zwingernamen eher einfache Namen. Und das trotz Zwerghundrasse. Bei meinen Hunden war das auch so: Pünktchen, Glenny, Kaya - so hießen sie auch ganz hochoffiziell (plus Zwingername natürlich). Lediglich bei Sandor gab es eine kleine Verwirrung: Im Impfpass wie auch im Vertrag steht Sandor, lediglich in der Ahnentafel wurde ein Sandro daraus - einfache kleine Panne mit einem Buchstabendreher :lol:

    Spannenderweise hab ich festgestellt, gerade beim BC gibt es die dollsten Namen. Dabei hätte ich eigentlich vermutet, dass eine Arbeits- und Sporthundrasse da weniger extravagant unterwegs ist. Aber im Gegenteil, da kam man beim Ausfüllen von Prüfungsunterlagen oft aus dem Tippen gar nicht mehr raus |)

    Das war der Punkt, der - aus meiner Sicht - bei Lucy nicht klappen würde, weil sie das Wort (unabhängig ob "fein" oder "juuuhuu") als Marker sehen würde.

    Deshalb habe ich es nicht verstanden :ops:

    Man kann je nach Situation damit übrigens durchaus auch dann weiterkommen, wenn der Hund es wirklich als Marker versteht. Dabei macht man sich zu nutze, dass Hunde per se erst einmal Minimalisten sind: "Wie komme ich mit möglichst geringem Aufwand zum Ziel?" Das kann man nutzen, um über ein Belohnungssystem unerwünschtes Verhalten runterzufahren bis auf ein Minimum.

    Ich beschreib das mal am Beispiel von Sandor und seinen Ausrastern wenn irgend was "gefährliches" wie Sperrmüll, Figuren, aber auch mal Leute aufgetaucht ist. Da hat er anfangs rumgebellt wie doof, und darauf zu warten, dass er damit aufhört um das zu belohnen, wäre sinnlos gewesen - der hat sich da eher richtig reingesteigert. Also hab ich einfach rein belohnt, und zwar hochwertig. (Und mir damit den einen oder anderen giftigen Kommentar von anderen Menschen abgeholt...) Das hat ihn etwas verblüfft, vor allem aber seine Erwartungshaltung verändert. Er hatte dann also beides im Blick, sowohl die Gefahr wie auch die Möglichkeit, dass es etwas geben könnte. Wichtiger Schritt eins: Denkfähigkeit hergestellt, und eine zumindest gleich-, besser aber höherwertige Alternative in den Raum gestellt. Und dann hieß es, quasi umgekehrt zum normalen Verhaltensaufbau vorgehen. Beim üblichen Training erwartet man ja eine immer höhere, intensivere Leistung bevor belohnt wird. In diesem Fall ging es aber darum, statt dessen mit immer weniger (in diesem Fall Gebell) zufrieden zu sein. Das hab ich so weit fortgeführt, bis er mit einem kurzen Wuff meinte, "Job erledigt, Keks bitte!". Als wir dann so weit waren war er auch offen genug, um ein Alternativverhalten einzubauen.

    Das kann also durchaus funktionieren, fällt für mich dann aber auch nicht unbedingt unter den Begriff Abbruch. So wie auch ein Tabu für mich noch mal etwas anderes ist. Ein Abbruch bedeutet für mich, "hör auf mit dem was du gerade tust". Das kann durchaus auch etwas sein, was der Hund an sich vielleicht darf, nur eben jetzt gerade nicht. Während ein Tabu ein generelles, festes Verbot beschreibt.

    Übrigens denke ich, dass man bei vielen Hunden auch ein Tabu ohne übermäßige Härte vermitteln kann. Der große Trick dabei ist dann, gleich von Anfang an jeglichen Erfolg zu verhindern, und statt dessen eine höherwertige Alternative zu etablieren. Und wenn etwas sich einfach nie gelohnt hat, man aber bessere Ideen im Ärmel hat, dann wird das ursprüngliche Fehlverhalten schlicht uninteressant und gerät so aus dem Blick.


    Kleine Seitenbemerkung dazu: In dieser Beziehung sehe ich eine große Wichtigkeit darin, die Bedürfnisbefriedigung nicht aus dem Blick zu verlieren. Hinter jedem Verhalten steht ein Bedürfnis. Und auf ein Fehlverhalten zu verzichten fällt deutlich leichter (Mensch wie Hund ;)), wenn das dahinter stehende Bedürfnis anderweitig in erlaubtem Rahmen zumindest ein Stück weit erfüllt werden darf.

    Über diese ganze Geschichte musste ich nun erst einmal gründlich nachdenken, denn ich finde das von mehreren Seiten her schwierig. Und worauf ich besonders herumgekaut habe ist die jeweilige "Botschaft", die so ein Urteil sendet.

    Wenn ich zunächst auf die Polizei schaue, dann gibt es bereits dort einen Zwiespalt. Einerseits darf es nicht so weit kommen, dass die Polizei in ihrer Einsatzfähigkeit durch zu einschränkende Urteile quasi gelähmt wird. Andererseits haben sie eine gewaltige Machtbefugnis gegenüber dem "Normalbürger", und auch eine entsprechend hohe Verantwortung. Wer mit Kindern in einer Aufsichtsposition arbeitet steht ja auch jederzeit mit einem Bein im Knast, wenn irgendwas passiert zählt kein "kann ja mal passieren". Ärzte kennen diesen Druck ebenfalls, das Beispiel mit den Fluglotsen wurde ja auch schon genannt. Hier muss und sollte sich jeder immer wieder selbst prüfen, ob er diesem Druck (noch) gewachsen ist oder nicht. Denn wo es um Menschen geht, können Fehler zwar passieren, haben aber u.U. dramatische Folgen.

    Auch darf man im Bezug auf die Polizei nicht vergessen, dass sie eben per se eine Sonderstellung in der Gesellschaft haben. Hier besteht immer die rein menschliche Gefahr, dass eine Gruppendynamik entsteht mit entsprechendem Gefahrenpotential. Im Kleinen haben das die Vorfälle gerade hier in Frankfurt gezeigt. Nicht umsonst haben wir das Prinzip der Gewaltentrennung, und ich bin durchaus froh, dass eine waffentragende Behörde mit Zugriff auf persönliche Daten unter externer Aufsicht steht.

    Auf der anderen Seite die Jugendlichen. Die haben nicht einfach einen blöden Streich gemacht, sondern durchaus eine gewisse kriminelle Energie bewiesen. (Dumme Streiche sind für mich irgendwelche hirnrissigen Spontanaktionen. Und auch für die sollte jeder bitte schön die Verantwortung übernehmen.) So oder so bin ich durchaus dafür, dass jeder für sein Verhalten verantwortlich ist, und auch mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen und leben sollte. Da ist ein Schmerzensgeld echt die falsche Botschaft!

    Natürlich können wir hier über den genauen Hergang nur spekulieren. Wirklich wissen, was da eigentlich los war, können nur die Beteiligten. (Und selbst da bin ich mir nicht so sicher, die persönlichen Wahrnehmungen gerade in so einer Stresssituation gehen da oft gewaltig auseinander. Also gut möglich, dass jede der beiden Parteien durchaus glaubt, die Wahrheit zu sagen.) Fakt ist: Ein Polizist mit Diensthund muss diesen auch einsetzen können und dürfen, sonst macht das keinen Sinn. Fakt ist auch, wenn man keine Eskalationen vorprogrammieren will muss jeder Straftäter die Möglichkeit haben, aufgeben zu können ohne dabei auseinander genommen zu werden. Von daher fände ich es das wohl sinnvollste Signal, wenn einerseits durch eine Abmahnung oder ähnliches sichergestellt wird, dass der Polizist einen Denkzettel erhält; andererseits dürfen aber die Jugendlichen, die sich immerhin selbst in diese Lage gebracht haben, nicht auch noch mit einem Schmerzensgeld dafür entschädigt wären. Das wäre was anderes, wenn es bei einer normalen Verkehrskontrolle durch dumme Umstände dazu gekommen wäre. Aber so? Nee, sorry, falsche Botschaft.

    Ist mir eben eingefallen: So eine Art Abbruch hab ich gerade vor kurzem im Rally-O gehabt, und auch auf einem Clip

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    Bei 2:11 will Sandor an die Futterablenkung, und ich unterbreche das. Das "schade" ist übrigens ein Signal für "das war Mist, Belohnung verspielt!" (Die leichtere Variante dazu ist ein "ups", das heißt so viel wie "so wird das nix, versuch was besseres".) Für den direkten zweiten Anlauf gibt es dann nur eine Stimmbelohnung, wobei für Sandor auch das Weiterarbeiten schon sehr hochwertig ist. Dann bei 3:13 gehen wir das noch mal durch, er bekommt eine weitere Chance es diesmal gleich richtig zu machen. Und als er das schafft, ohne vorherigen Fehler, gibt es dann die richtig gute Belohnung. Noch mal gefestigt durch den Belohnungswurf direkt neben die Ablenkung. Thema erledigt :D

    Ok, das war jetzt natürlich eine Trainingssituation und kein Alltag. Aber zur Illustration vielleicht doch ganz nett.

    Aber bestätige ich dann nicht das „darüber nachdenken“?

    Ich würde in diesem Moment auch nicht direkt bestätigen. Sondern je nach dem, was mein Hund zeigt, entweder ein Aufmerksamkeitssignal verwenden und das dann bestätigen, oder eben (wenn ich eine Millisekunde später dran bin) eine Fehlermeldung geben, und das daraus resultierende minimale Zurückweichen dann durch eine freundliche Ansprache bestätigen. Möglichst natürlich kombiniert mit einem Alternativangebot, mit dem er sich dann eine Belohnung verdienen kann.

    Das, was Hundundmehr mit den Scheinangriffen beschreibt, wäre für mich übrigens vor allem ein emotionales Umdeuten der Situation. Auch ein tolles Mittel, vor allem wenn ein Hund aus Unsicherheit oder Angst so handelt. (Hab ich auch ganz oft beim Krümel so gemacht. Das lief in meiner Welt dann aber weniger unter Abbruch, bzw. war der Abbruch des Verhaltens dabei mehr ein Nebeneffekt :???:

    Was das Beispiel mit der Mülltonne übrigens gut verdeutlicht ist die zentrale Frage des richtigen Timings. In dem Moment, wo der Hund schon im Eimer hängt, ist der Zug bereits abgefahren. Egal wie ich eingreife, seinen Erfolg hatte er bereits. Alles weitere wird mit ziemlicher Sicherheit zu einer Fehlverknüpfung führen, da muss man schon echtes Glück haben wenn der Hund es nur mit dem Müll verbindet. Bestenfalls wird es noch die Verknüpfung "Müll ohne Mensch = super, Müll mit Mensch = blöd".

    Aus diesem Grund ist ein Abbruch, ähnlich wie positive Strafen, auch am erfolgversprechendsten beim Welpen. Da hat man am wahrscheinlichsten die Möglichkeit, bereits die ersten Versuche zu erwischen, und (weil man das kleine Kerlchen eh ständig im Blick hat) und auch die besten Chancen, wirklich jeden Versuch sofort zu unterbinden.

    Will man, um beim Mülleimerbeispiel zu bleiben, das richtig verknüpfen, muss man im Prinzip den Moment erwischen, wo der Hund gerade darüber nachdenkt ob er vielleicht... An dieser Stelle kann man super dafür sorgen, dass er lernt die richtige Entscheidung zu treffen. Und je genauer man diesen Moment trifft, desto "weicher" kann auch das Eingreifen aussehen.