Ein paar Gedanken dazu:
Ein Kern der Hundehaltung ist Management. Natürlich KANN man am ersten Tag schon anfangen zu diskutieren, ob der Hund jetzt auf sie Couch darf. ODER man macht eine Leine an den Hund und vermeidet den Konflikt die ersten Tage einfach. Bringt dem Hund positiv bei, was Nein überhaupt heißt (und nein, nur weil er das auf der Pflegestelle konnte, heißt das nicht, dass er das bei dir auch kann) und lässt den Hund erstmal gar nicht 1000 Fehler machen, die man dann irgendwie "korrigieren" muss. Stattdessen erwünschtes Verhalten suchen und verstärken.
Ob eine Begleithundrasse wirklich sinnvoller ist, würde ich nicht unbedingt sagen. Das sind vergleichsweise einfache Hunde, die sich nicht gern am Halter reiben, das schon. Aber weil sie so klein sind, werden sie auch häufiger unterschätzt, ihre Kommunikation überhört und ihre Grenzen überschritten. Ich persönlich würde in deinem Fall wohl was Robustes, Nettes wie einen Labrador nehmen.
Dass er dich in der direkten Konfrontation anknurrt finde ich unter gewissen Umständen nicht sehr verwunderlich, dass er dich aber aktiv so massiv einschränkt und androht spricht durchaus nicht für den leichtführigen Hund, den du dir gewünscht hast.”
Ja, dass er mich anfletscht, wenn ich über ihn gebeugt bin, habe ich total nachvollziehen können!
“Fass mich nicht an, sonst gibt’s Ärger!”
Dass er aber auch von sich aus das Drohen anfängt, wo er doch so unsicher ist wegen Einzug und Co., kann ich mir immernoch nicht erklären.. Wenn ich so unberechenbar und bossy für ihn war, hätte er doch auch einfach auf Abstand gehen können? Ich kam zur Tür rein, er war am anderen Zimmer-ende. Warum kommt er dann extra zum drohend Umkreisen zu mir, statt froh zu sein, seine Ruhe zu haben?
Das ist eine Typfrage. Der eine Hund fängt dann an zu vermeiden, der andere versucht dich einzugrenzen, weil du für ihn unberechenbar ist. Mit bestimmen wollen hat das aber in beiden Fällen nichts zu tun.
Was ist an ausgestrecktem Finger ungünstig? (Wohlgemerkt: Nur Finger. Das mit Arm→zeigen→man beugt sich leicht über habe ich verstanden.) Was ist denn ein besseres Signal?
Es liegt nicht am Finger, es liegt dran, dass DU das nie positiv aufgebaut hast, sondern nur versucht hast deinen Willen durchzusetzen. Hunde lernen kontextbezogen. Was auf der Pflegestelle super geklappt hat, musst du halt trotzden nochmal neu aufbauen. Wenn er es schon kannte, geht das in der Regel sehr schnell. Und arbeite positiv. Gewünschtes Verhalten belohnen.
Warum ist das Anleinen am Hof problematisch? Er kannte den Hof schon, also “neue Umgebung auschecken” ist nicht so wahrscheinlich. Oder? Und wir waren in seiner Nähe. Als er gefrustet klang (noch vor dem Bellen), haben wir rübergeschaut und in freundlich-tröstendem Ton gesagt: “Ist ja gut, wir sind doch hier.” Trotzdem steigerte sich ja seine Unzufriedenheit. Was wäre ein guter Weg gewesen, um zu reagieren?
Meine Gedanken waren: Nicht remmidemmi, am Anfang sollen wir ja nich so viel Action mit ihm machen, hatte auch die Pflegestelle gesagt. Ignorireren und hoffen, dass er aufhört, wäre ein bisschen herzlos. Aber was dann?
Management. Für ihn ist es schwierig in dieser neuen Situation mit Blick auf euch ruhig zu liegen. Gib ihm was zu kauen oder einen tiefgefroren Kong und halte die Einheiten kurz. Zu verlangen, dass er am ersten Tag da stundenlang brav rumliegt ist einfach zu viel.
- Welche Bücher würdet ihr denn so empfehlen?
Patricia McConnell - Das andere Ende der Leine
Karen Pryor - Positiv bestärken, sanft erziehen
Und die größte Frage von allen: Wie sollte man die ersten 2 Wochen denn jetzt eigentlich gestalten? Entweder hört man da sehr viel Widersprüchliches oder ich krieg nur die Fäden nicht zusammen. Um konkrete Beispiele zu geben:
- Trainer hinzuziehen (wegen meiner Körpersprache) ja oder zu früh für so viel Action und sinnlos, weil noch keine Bindung da?
- Leckerlies und kleine Apportierspiele ja oder zu früh?
- Hund streicheln ja oder nein, weil er sich wohler fühlt, wenn er erstmal nur “unbeobachtet” teilnimmt?
- Auch mit einem bewegungsfreudigen Hund erstmal nur zum Pipimachen Gassi: Ja oder dreht er dann aufgrund Bewegungsmangel durch?
Trainer - Für eine Einschätzung des Hundes nach 2 Wochen sicher nicht so verkehrt, vorher find ichs unnötig. Ich würde dir wegen der Körpersprache eher empfehlen ein Seminar oder Webinar zu dem Thema zu machen.
Leckerlis - Unbedingt. Leckerlis rollen lassen, ins Gras streuen und suchen lassen, alles super. Apportierspiele würde ich eher nicht zur ersten Priorität machen, außer der Hund ist Apportierprofi. Sonst ist die Chance groß, dass es gleich wieder Konflikte gibt, weil der Hund das Spielzeug/den Dummy doch nicht abgeben will.
Streicheln - Wenn der Hund nett ist und zu dir kommt, streichle ihn soviel du willst. Wenn er erstmal seine Ruhe haben will, lass ihn in Ruhe. Schnauze lecken, Walaugen, Gähnen, Kopf wegdrehen sind Zeichen, dass der Hund nicht mehr gestreichelt werden will. Im Zweifelsfall ein paar Sekunden aufhören... wenn er dann für mehr streicheln wiederkommt oder sich an deine Hand drückt, weitermachen.
Gassi - Kommt auf den Hund an. Mit einem bewegungsfreudigen, umweltsicheren Hund kann man auf jeden Fall schonmal kleine Runden an langer Leine drehen. Aber die Auslastung sollte in den ersten Tagen über den Kopf passieren, nicht körperlich.
Ich meinte damit, dass es ja durchaus Hunde gibt, die austesten, wie weit sie gehen können, um ihren Willen doch noch zu bekommen. (Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ist das nicht sogar die Mehrzahl der Hunde, die das mal auscheckt?)
Nein. Die allerwenigsten Hunde haben irgendeinen Führungsanspruch und wollen unbedingt selbst entscheiden. Dass ein Junghund mal austestet, wie weit er gehen kann, ist total normal. Aber das macht ein Hund nicht am zweiten Tag im neuen Zuhause.
- “Der KONNTE nicht verstehen, was gemeint ist mit Fingerzeig und Körbchen. “
Falsch. Einfach falsch. Haben aber viele angenommen, keine Ahnung warum.
Er KANNTE “Körbchen” und hat es an Tag 1 super umgesetzt.
Er wird es ja bis Tag 2 nicht vergessen haben. Daher mein Eindruck, dass sein “Nö. Ich sitz hier und guck dich einfach weiter an. Was willst du dagegen tun?”
Es gibt den schönen Spruch "There are very few stubborn dogs in the world. However there are many that are untrained." Wie gesagt, dass er das in der Pflegestelle gelernt hat, heißt nicht, dass er das bei dir kann. Er war mit Sicherheit maximal verwirrt vom Umzug, was ein Hund da "kann" oder "nicht kann" ist eine Momentaufnahme. Faustregel ist, wenn ein Signal 3x nacheinander nicht funktioniert, lass den Versuch und senk die Kriterien. Hilf ihm mit einem Leckerli, mach ein lustiges Spiel drauf, belohne ihn, wenn er was richtig macht.
Ich würde ein bisschen lesen, vielleicht mal das eine oder andere Seminar machen und dann mit einem passenden Hund (evtl. Trainer helfen lassen bei der Auswahl) nochmal neu durchstarten. Ich glaube nicht, dass du dem Hund irgendwas Böses wolltest, da draußen sind einfach sehr viel Halbwissen und veraltete Vorstellungen, auch in solchen Sendungen wie dem Hundeprofi.