Der 17-jährige 'Burschi' vom Lande wird durch das Leben in der Großstadt, die Erfahrung von Liebeskummer und Lust sowie die erlebten politischen Umstürze in einem Wien der Zwischenkriegszeit innerhalb kürzester Zeit erwachsen. Am Buchende erinnert er sich an seine Ankunft am Bahnhof und muss über den Jungen von 'damals' lachen: "Wie lange ist das her? Ein Jahr? Ein halbes Leben? Ein ganzes?... Und plötzlich wurde ihm bewusst, dass es diesen Buben nicht mehr gab. Weg war der. Abgetrudelt und untergegangen, irgendwo im Strom der Zeit." (S. 236)
Sehr schön erzählt sind die Begegnungen von Franz mit Dr. S. Freud, die in eine ungleiche Freundschaft münden, in der der berühmte Arzt dem naiven jungen Mann etwas über Psychoanalyse erzählt und sich mit ihm über die Liebe und die Katastrophen des Lebens (zu denen die 'braunen Horden' gehören) austauscht. Traurig ist es, dass der Jude Freud sich freikaufen muss, um ins Exil nach London gehen zu können und somit die ungewöhnliche Beziehung der beiden ein jähes Ende nimmt.
Die Beschreibungen des Abrutschens Österreichs in die NS-Diktatur sind sehr gelungen: Das tragische Schicksal einzelner Juden, Selbstmorde sozialistischer Regimegegner, die Misshandlungen Otto Trsnjeks - die wohl seinen Tod nach sich ziehen - und schließlich das Ende von Franz selbst berührten mich. Durch einen Akt des Widerstandes erinnert Franz noch einmal an den ermordeten Trafikbesitzer Otto und leitet sein eigenes Ende ein.
Auch die Träume von Franz, der er nach dem Rat des weisen Psychoanalytikers Freud jeden Morgen aufschreibt und aushängt in der Trafik, sind z.T. rätselhaft, z.T. Zeichen der Unruhe seines Unterbewussten. Im März 1945, fast sieben Jahre nach Franz' Verschwinden, liest Anezka den letzten Zettel an der Trafik und nimmt ihn mit, bevor sie der nächste Luftangriff auf Wien fliehen lässt. Ein tragischer Moment am Ende des Romans, der mich noch einmal berührte.