Es tut mir so unendlich leid, dass euch das passieren musste!!
Ich muss ganz ehrlich sagen, was für mich in deiner Situation am schlimmsten wäre, wäre diese "Banalität" eines Frisbee-Unfalls zu akzeptieren. Es ist einfach so... unglaublich sinnfrei, dass sich ein Hund ausgerechnet bei sowas so verletzt. Man denkt sich ständig, dass es jetzt nicht so wäre, hätte man den Frisbee 1x weniger geworfen. Sowas wurmt, auch wenn wir nichts mehr daran ändern können und ist so schwer zu akzeptieren, auch wenn alle Gedanken nichts daran ändern.
Ich kann sehr gut verstehen, dass du alles erdenkliche getan hast, um Arventus noch Behandlungen zukommen zu lassen. Ich hätte genau dasselbe getan, vermutlich selbst entgegen besseren Wissens.
Ich erlaube mir einfach mal die Unverschämtheit, eine Meinung zu äußern zu deiner Situation, auch wenn in deinem Text ganz subtil eine Entscheidungstendenz mitschwingt...
Wir haben selbst vor kurzem einen Hund gehen lassen müssen, MEINEN Hund, der mich etliche Jahre begleitet hat und mir das wichtigste war, das mir je geschenkt wurde. Er war jagdlich geführt, bis kurz vor seinem Tod enorm agil, die meisten Menschen haben ihn im Freilauf für einen jungen Hund gehalten. Seine Passion war die jagdliche Arbeit, ab einem Alter von 8 Jahren die "Rentenbeschäftigung" mit Schleppfährten, das war seine Leidenschaft, sein Leben. Nase andocken und rennen, mit purer Lebensfreude, bis zum Ziel. Wenn er das gemacht hat, waren wir beide in einer anderen Welt, weil er einfach so viel Freude ausgestrahlt hat, es war pures Glück, ihm zuzusehen. Dafür war er geschaffen!
Ich habe immer gesagt "Wenn dieser Hund seiner Passion nicht mehr nachgehen kann, dann dauert sein Leben nicht mehr lange, dann ist das für ihn kein Leben mehr." Ich habe das wirklich so gemeint. Und dennoch hätte ich nie vermutet, dass in dem Satz so unendlich viel Wahrheit steckt...
Er musste nicht gehen durch einen dummen Unfall, einen Zufall, über den man gedanklich Kreise drehen könnte. Er war einfach organisch krank, aber sehr plötzlich. Er hat über einen sehr kurzen Zeitraum sehr stark abgebaut, war einfach nicht mehr "fit". Er konnte nicht mehr laufen, weil er die Kraft plötzlich nicht mehr hatte, deshalb mussten wir ihn immer tragen. Zusätzlich wurde er plötzlich inkontinent, er musste spätestens alle 3 Stunden raus, auch nachts. Er war ein sehr sehr reinlicher Hund, genau wie dein Arventus. Auch wenn wir ihn immer raus getragen haben, er hat ja trotzdem permanent ein wenig getröpfelt und sich völlig außer Rand und Band geleckt, weil ihm das so zuwider war. Er wirkte "anders". Sollte ich es in menschlichem Befinden ausdrücken, ich würde sagen "lebensmüde, ohne Freude, depressiv, traurig". Er wollte nicht mal mehr zum Fressen aufstehen, ich musste ihn heben, um ihn auf seine 4 Pfoten zu stellen. Er bekam starke Medikamente - mit sehr starken Nebenwirkungen. Was er noch hatte, war seine unendliche Treue zu uns, er war einfach gerne bei mir. Aber diese Nähe war auch das einzige, was noch übrig war von seinen früheren Freuden. Wenn ich ihm in die Augen gesehen habe, dann habe ich graue Augen gesehen. Einen Hund, der sein Leben vermisst. Denn von heute auf morgen konnte er seiner Passion nicht mehr nachgehen. Sein Leben war zu Ende, denn das war für ihn kein Leben mehr.
Ich habe ihn so unendlich geliebt. Und wenn ich sage, ich habe ihn mehr geliebt als alles, was ich sonst habe auf der Welt, dann ist davon kein Wort gelogen. Er war alles für mich, und ist es noch. Ich habe mich so eins gefühlt mit ihm, dass mir jede Minute weh tat, die ich ihn so sehen musste. Er tat mir so unendlich leid, weil ich wusste, dass er leidet, auch wenn er im Kopf noch klar ist, war nichts mehr wie vorher. Und gleichzeitig tat ich mir selbst so leid, weil ich mir dessen so bewusst war und gleichzeitig wollte ich ihn festhalten und niemals los lassen.
Letztendlich wurde uns die Entscheidung abgenommen, eine Euthanasie fast unausweichlich, die ich sonst selbst getroffen hätte. Ich habe ihn geliebt, über alles. Und in dem Moment, in dem er gehen durfte, war da neben unendlicher trauer über seinen vorzeitigen Tod noch etwas anderes, was ich in dem Kontext niemals vermutet hätte: Ich habe mich für ihn gefreut, denn das Leben, das für ihn keines mehr war, sollte jetzt an einem Ort weitergelebt werden, an dem er nicht mehr leiden musste. Weder an körperlichen Gebrechen noch an den Umständen, die ihn so belastet haben. Ich wusste, wie es ihm geht. Und ich wusste, dass ich ihm gerade ein großes Geschenk mache, das mir unendlich weh tut, aber ein letzter Liebesbeweis sein sollte.
Letztendlich habe ich Recht behalten, so traurig es auch ist. Und gleichzeitig doch so offensichtlich. Er war geschaffen, um seiner Passion nachzugehen. So, wie er dazu über Nacht nicht mehr in der Lage war, so ging auch ein großes Stück seiner Lebensfreude. Er war nicht mehr der Hund, der er ein Leben lang war.
Letztendlich muss jeder diese Entscheidung selbst treffen und ich finde keine Entscheidung, sei sie für oder wider eine Euthanasie, ist eine falsche Entscheidung. Ob dich jemand für das ein oder andere verurteilt, ist nicht wichtig. Denn das ist eure Entscheidung und was andere Menschen darüber denken, ist nicht relevant. Ich kann beide Seiten unendlich gut verstehen, weil wir selbst erst in dieser Situation waren. Ich kann dir nur meine Erfahrung mitteilen, ich würde es immer wieder genauso machen, ich bin der festen Überzeugung (im Nachhinein), dass es das richtige war, für ihn. Und damit auch für mich, auch wenn ich zurück bleibe mit ganz viel Schmerz. Dass ich so fühle, war für mich im Vorhinein nicht vorstellbar. Jetzt weiß ich es besser und bin froh, dass es so gekommen ist.
Und dennoch kann ich jeden verstehen, der sich bis zuletzt nicht dazu durchringen kann. Die Entscheidung ist keine leichte...
Ich wünsche euch ganz viel Kraft für die kommende Zeit, wie auch immer ihr entscheiden werdet und dir wünsche ich von ganzem Herzen, dass du die Gewissenbisse und Gedankenkreise irgendwann ruhen lassen kannst, denn das quält unglaublich, ich weiß!