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Generell aber betrachte ich den Maulkorb in diesem Fall eher kontraproduktiv, denn selbst die direkt beteiligten Menschen um den Hund (Familie) haben ein gewisses Risiko zu tragen, nähern sie sich dem Kopf des Hundes - nicht nur Fremde.
Nein, es ist nicht kontraproduktiv. Gerade in diesem Fall finde ich es wichtig, daß man sich dem Hund ohne Angst nähern kann. Warum sollte es für die eigene Familie akzeptabel sein, sich dem Riskiko auszusetzen von einem Hund irgendwelche Körperteile zerbissen zu bekommen.
Ich weiß nicht, ob Du schon mal einen Hund an der Hand hängen hattest, aber ich kann Dir versichern, wenn ein Hund richtig hinlangt ist das sehr, sehr schmerzhaft. Auch wenn mir ein Arzt schon mal versichert hat, daß die Infektionsgefahr bei Menschenbissen um einiges höher ist als bei Hundebissen. Aber ein Hundekiefer, der mühlos Knochen zermalmen kann, kann ziemlichen Schaden anrichten und da finde ich es völlig egal, ob es sich um Fremde oder um die Familie handelt.
Davon abgesehen verliert man das Vertrauen in seinen Hund und hat Angst vor ihm (wie gesagt, ich weiß wovon ich rede, denn ich habe in den letzten 3 Jahren einiges an Narben an den Händen davon getragen). Und unter diesen Voraussetzungen ist ein freundlicher, liebevoller, aber auch konsequenter Umgang mit dem Hund fast nicht mehr möglich, weil man im Hinterkopf ständig den Gedanken hat, er könnte ja wieder zubeißen und diese Unsicherheit merkt der Hund sehr genau.
Dazu kommt, daß der Hund in diesen Situationen lernt, daß er mit Beißen durch's leben kommt und selbst ein Zurückzucken des Menschen, wenn der Hund nur antäuscht, bestärkt den Hund weiter in seinem Verhalten. Das finde ich wirklich kontraproduktiv.
Mensch und Hund müssen wieder Vertrauen zueinander fassen und das funktioniert nur, wenn der Hund merkt, es passiert ja gar nix schlimmes, wenn mich der Mensch anfaßt, ich brauch' mich also nicht aufregen und wenn der Mensch weiß, selbst wenn der Hund jetzt mal austickt, kann mir nix weiter passieren und ich kann ihm zeigen, daß alle Aufregung umsonst ist.
Zwang ist vieles was unsere Hunde im Zusammenleben mit uns ertragen müssen. Wenn man so will sind auch Halsband, Geschirr und Leine Zwang. Aber auch sie dienen einem Zweck, nämlich den Hund sicher zu führen, damit ihm nichts passiert. Niemand würde auf die Idee kommen, eine Schleppleine als Zwang zu bezeichnen, auch wenn sie den Hund im Endeffekt zwingt von seinem Verhalten abzulassen. Genauso sehe ich das auch mit dem Maulkorb, er gibt Sicherheit und zwingt den Hund einzusehen, daß sein Verhalten zu nichts führt.
Übrigens ist es bei einem Baskerville-Maulkorb kein Problem, dem Hund leckerli zu zustecken, er kann darin hecheln und auch trinken.
Es ist aber ja so, daß der Hund diesen Maulkorb nicht ständig tragen muß, sondern eben nur in den Situationen, bei denen es eskalieren könnte und gerade wenn man mit dem Hund das Anfassen übt, sind diese Übungseinheiten in der Regel extrem kurz, so daß der Hund den Maulkorb nicht lange aufhat. Und richtig antrainiert ist das kein Problem. Gerade für einen Hund mit einer Phobie sich am Kopf anfassen zu lassen, ist der Maulkorb ein erster Schritt auf dem Weg weg davon.
Aber wie gesagt, das ist meine persönliche Meinung, basierend auf 3 Jahren Umgang mit einem Angstbeißer und auf einigen sehr schmerzhaften Löchern in den Händen.