Soziale Erziehung geht immer vor formaler Erziehung.
Gerade die ersten Wochen nach Einzug des Welpen würde ich dafür nutzen, ihm angepasstes Verhalten euch gegenüber und seinem Umfeld (auch Verhalten im Haus) gegenüber beizubringen. Er muss euch und euren Alltag kennen lernen, seinen Platz in der Familie finden, wissen, was erlaubt ist und was nicht und diese Art der Erziehung löuft im Alltag sowieso nebenher. Diese Sofageschichte ist vielleicht eines der Themen, wo es wirklich um echte Erziehung geht. Da scheint der junge Hund vielleicht gerade einen Konfliktherd aufgetan zu haben und checkt euch damit ab, wie klar ihr mit euch selber seid und ob ihr euch mit euren Wünschen durchsetzen könnt.
Man sollte sich immer daran orientieren, was der Hund gerade entwicklungs- und lerntechnisch auf dem Schirm hat und daran im Alltag arbeiten.
Formale Erziehung/Dressur (Sitz, Platz, Rolle, Pfötchen geben) kann man später immer noch Moment, für den Moment sind einfach andere Dinge wichtig. Die kurzen Konzentrationsspannen und Wachzeiten würde ich immer lieber dafür nutzen, wichtige Dinge beizubringen, z.B. "ab ins Körbchen", erste kleine Frustübungen, die Anfänge eines Abbruchsignal, Rückruf usw. Also Dinge, die einfach jeder Hund lernen muss.
An diesen Übungen erfährt der Hund auch viel eher, wir ihr drauf seid, ob ihr wisst, was ihr tut, ob ihr klar bei euch seid und ihn anleiten könnt.
Hunde beobachten sehr genau und aus meiner Erfahrung checken auch schon ganz junge Hunde ab, wie der Mensch tickt und durchschaut ganz vieles schon.
Gerade wenn man einen Hund frisch übernimmt, ist es ja oft so, dass man selbst voll mit Oxytocin, den Welpen viel machen lässt, alles niedlich und süß finde, er ganz viel Aufmerksamkeit und Freiraum bekommt. Das checkt der Welpe in den ersten 1 bis 2 Wochen schon ab und stellt vielleicht sogar schon erste Fragen, wenn ihm etwas unklar ist.
Von daher ist es immer wichtig, den Hund im Alltag mit laufen zu lassen, nicht so viel Heckmeck zu machen und wenn ich etwas üben will, dann halt im normalen Alltag. Abwarten an Türen, abwarten vor dem Fressen, mal Freiraum begrenzen, Nähe und Distanz einfordern usw.
Es führt einen nicht weiter, wenn der Hund für einen Keks tolle Kunsstückchen lernt, aber an andere Stelle erziehungstechnisch Unklarheiten entstehen und man Problem vielleicht selbst heraufbeschwört.
Kunststücke wie Sitz beibringen ist immer leicht, eigentlich kann der Hund ja schon sitzen und wenn er einen Keks dafür bekommt, lohnt es sich ja sogar für ihn noch. Aber im Prinzip bringe ich mich da als Mensch gar nicht als Persönlichkeit oder als Erziehungsberechtigter mit ein. Hund kriegt Keks wenn er Sitz macht, wenn nicht, na ja, nicht schlimm.
Der Hund hat die Entscheidung.
Ich vergleiche ja gerne mit Kindern:
was bringt es mir, wenn man Kind toll mit Messer und Gabel essen kann (formal), sich aber im Restaurant nicht benehmen kann (sozial).
Macht alles einfach etwas ruhige, lasst den Hund mit laufen, gebt klare Strukturen vor, oientiert euch nicht am Hund und seid aktiv, der Hund soll sich an euch orientieren und keine Entscheidungen treffen müssen. Wenn er blickt, dass ihr den Plan vom Leben habt, folgt er euch freiwillig und gerne.
Für formale Erziehung ist noch ganz viel Zeit, Dressur ist leicht beigebracht, jetzt geht es erst mal darum, dass ihr euch kennen lernt und jeder vom anderen weiß, wo er dran ist.