Hab diesen Thread jetzt erst gesehen - vielen Dank fürs Markieren ;).
Ja, ich lebe mittlerweile auch schon seit acht Jahren hier (Alberta), vier davon mit einem Kanadier verheiratet.
Ich bin damals wegen eines Jobs gekommen ("nur für zwei Jahre, dann geh ich wieder heim") und geblieben :). Meinen damaligen Hund habe ich aus Deutschland mitgebracht und nach dessen Tod zwei Hunde hier aus dem Tierschutz übernommen.
Unsere Kinder werden wohl hier aufwachsen und zur Schule gehen. Ich kann nicht viel zum Schulsystem sagen, unser Grosser ist erst drei. Aber in der vielfach diskutierten Pisa-Studie schneidet Kanada soviel ich weiss Jahr für Jahr besser ab als Deutschland und auch die Unis (ich arbeite an der Uni) sind von der Ausbildungsqualität durchaus vergleichbar.
Ja. Und das kann man nicht verstehen, wenn man nicht mal eine Zeitlang wirklich im Ausland "gelebt" hat, im Sinne von auf eigenen Beinen stehend gearbeitet, gewohnt, Kontakte gepflegt usw. Die Mentalitäten sind anders, der Umgang, die Sprache. Gerade beim Thema "Kritik" anbringen oder diskutieren. Im englischen wird oft sehr beschönigt und dann hauen die mal einen Satz raus, wo man nur schlucken kann.
Das Problem ist, dass man das selber nicht kann. Auch nicht nach einigen Jahren. Weil die Feinheiten der Kommunikation lernt man von Kindesbeinen an. Das kann man nicht aufholen und daher "eckt" man immer ein wenig an.
Hier in Schottland sind vor allem die Polen unbeliebt. Deutsche dagegen werden recht offen empfangen. Aber klar - Vorurteile gibt's jede Menge.
Was die Hundehaltung angeht - ich freunde mich mit dem Gedanken an eine Kastra an für unseren Rüden. Er wird bald 2 und es wird ihn nicht umbringen. Ich will einfach ein DogCare als Plan B nutzen können. Die Leute an unserer Stammstrecke haben sich an uns gewöhnt und sagen nichts mehr, seit sie sehen, dass Felix wirklich gut hört (typisch deutsch, so ne Erziehung, ne?
).
Was ich mich frage: in welchem Umfeld lebt ihr da? Ich will dir nicht zu nahe treten, aber Miete und solche Kommentare - kann es sein, dass es ein eher "bildungsfernes" Umfeld ist?
Wir haben das Glück, in einem wirklich "guten Viertel" zu leben. Ich glaube, das macht ganz viel aus.
Das kann ich zu 100% unterschreiben. Ja, ich habe mich anfangs auch schwer getan mit den Feinheiten der Kommunikation, grade mit Kritik. Man spricht zwar die Sprache, aber die Regeln der Kommunikation muss man sich trotzdem hart erarbeiten. Eigentlich alle Deutschen, die ich hier kenne, haben genau die selben Probleme. Das ist Sch***** am Anfang, aber ich finde, man baut dadurch auch Vorurteile ab.
Es gibt halt gewisse Regeln im Umgang. Kanadier sind oft sehr empfindlich gegenüber Kritik, wenn man sich nicht gut kennt. Wenn man Dein Beispiel nimmt - in einen Laden zu gehen und mit der Verkäuferin ein Gespräch zu führen dass crates schlecht sind, das ist einfach keine gute Idee. Ich denke, diese Situation hätte ich einfach mit einem "No Thanks" oder von mir aus auch mit einem (positiv belegten) "you know what, we are SO lucky our dog is really well behaved. We don't really need a crate at this time, thank you though" aufgelöst. Wenn man anfängt zu diskutieren, dass das in Deutschland alles ohne crate geht wird das als direkte Kritik am Gastland gesehen. Solche Diskussionen kann man allenfalls führen, wenn man jemanden länger und gut kennt, der weiss, dass man sich in Kanada wohl fühlt.
Ich finde, der Umgangston unter Fremden ist hier deutlich freundlicher. Ich weiss das mittlerweile sehr zu schätzen. Man kann das als "falsche Freundlichkeit" sehen, wenn man einen direkteren Umgangston gewohnt ist, oder man kann es einfach als angenehme, aber unverbindliche Freundlichkeit sehen. Wenn hier z.B. jemand fragt "How are you?", dann sagt man IMMER " good", auch wenns einem dreckig geht. Das kann man "falsch" oder "unehrlich" finden, aber das ist einfach so. Derjenige der fragt will gar keine "ehrliche" Antwort.
Mein Mann z.B. tut sich im Gegenzug manchmal sehr schwer mit deutscher/schweizerischer /holländischer "Direktheit"/"Ehrlichkeit". Wir haben auch z.B. eine amerikanische Bekannte, die ein Jahr lang in Holland war. In einem Kleidergeschäft in Amsterdam hat ihr mal eine Verkäuferin gesagt, dass sie abnehmen muss, um in die Kleider zu passen, die dort verkauft werden. Die regt sich jetzt noch (Jahre später) darüber auf. Das wäre hier in Kanada so unhöflich, dass die Verkäuferin dafür wahrscheinlich gefeuert würde.
Wenn Du mal ein bisschen Abstand nimmst und Dir überlegst, dass Du schon auf viele der deutschen Forummitglieder übermässig kritisch wirkst, dann wundert es mich nicht, dass das für Kanadier nur noch als Meckern rüberkommt, auch wenn das gar nicht so gemeint ist.
Was die Hundehaltung angeht gibt es denke ich nur sehr, sehr wenige Länder, in denen Hunde denselben Stellenwert haben wie in D/Ö/CH. Ich denke, wenn man irgendwo anders leben will muss man das einfach so hinnehmen, egal ob man nach Spanien, Thailand oder eben Kanada zieht. Ich habe längere Zeit in Südfankreich gewohnt, dort waren Haltungsbedingungen und z.B. Dinge wie die Qualität der tiermedizinischen Versorgung auch etwas ... anders.
Persönlich finde ich, dass man sich in Kanada als Hundehalter durchaus seine Nischen suchen kann. Klar nerven manche Dinge. Mich nervt vor allem, dass man an so viele Orte keine Hunde mitnehmen darf. Aber ich habe auch das Gefühl, dass sich manche Dinge zum Positiven verändern, z.B. gibt es hier immer mehr Restaurants und Cafes in denen man mit Hund auf der Terasse sitzen darf. Das war 2009, als ich gekommen bin, noch vollkommen unüblich. Ich bin auch sehr froh, dass ich hier die Hunde halten kann, die ich schon immer wollte ("Listenhunde"), was für mich in D unmöglich war.
Sogar im dicht besiedelten Vancouver (wir haben Familie dort und sind drum oft zu Besuch) gibt es tolle Gebiete für Hunde wie z.B. die Gegend um Deep Cove / Mt. Seymour / Lynn Canyon (North Shore). Das ist fast alles Freilaufgebiet und sehr enspannt.
Man muss auch bedenken, dass sich in den letzten zehn Jahren die Hundehaltung in Deutschland sehr verändert hat. In fast allen deutschen Städten herrscht mittlerweile Leinenpflicht und es ist auch in Deutschland oft schwierig, wenn der Hund z.B. jagt oder unverträglich ist.
Ich denke, da muss man einfach machen, was man für richtig hält und mit seinem eigenen Hund ein positives Vorbild sein. Es kommt deutlich besser an, wenn Leute sehen, dass ein unkastrierter Hund (oder wie in unserem Fall ein "Pit Bull") gut hört und keinen Ärger macht als zu versuchen, Rechte einzufordern.
Was das Mieten mit Hund angeht ist das wohl eine Frage von Angebot und Nachfrage. Bezahlbahre Mietwohnungen in Vancouver zu finden ist ja sowieso schon sehr schwierig, wieso sollte der Vermieter das zusätzliche Risiko eines Hundes auf sich nehmen? Auch das ist in D aber nicht anders - jeder, der schon mal in München mit Hund (oder auch ohne) eine Wohnung gesucht hat kann davon ein Lied singen. Ich bin hier in Calgary viermal mit Hund umgezogen, zweimal davon mit "Kampfhund". Es hat zwar etwas länger gedauert, was zu finden, aber geklappt hat es trotzdem immer.
Klar gibt es auch in Kanada Dinge, die nerven. Aber ich denke, am Ende muss man sich halt entscheiden, ob man hier oder dort zu Hause sein will und dann auch eine positive Einstellung entwickeln. Am schwersten tun sich m.Mn. nach die, die jahr(zehnte)elang einreden, dass im Heimatland alles besser ist und dann aus allen Wolken fallen, wenn sie zurückgehen, weil alles doch nicht so ist, wie sie es sich vorgestellt haben.