Beiträge von dagmarjung

    Auch wenn du es nicht ändern kannst (ich kann es bei mir auch nicht): Stadtleben, und besonders das Leben in der Großstadt für Hunde schon an sich sehr anspruchsvoll.

    Da es für uns Alltag ist, machen wir uns das oft zuwenig bewußt.

    Viele Reize, viele Menschen, viel Verkehr, viel Lärm, sehr viele Artgenossen, denen man nicht ausweichen kann. Treppen müssen so oder so bewältigt werden können. Zuviel Gebell /nicht Alleinebleiben können kann zur Kündigung führen und ist ein sehr häufiger Abgabegrund.

    Längst nicht alle Hunde machen das alles stressfrei mit. Eigenheim mit Garten und ein ruhiges Wohnumfeld erleichtern schon sehr vieles.

    Wenn ich ein Leben in der Großstadt für meinen Hund plane, habe ich also alleine deshalb schon schon hohe Ansprüche, unter anderem an die Verträglichkeit und Nervenstärke des Hundes. Dazu kommen dann noch andere persönliche Aspekte dazu, wie bei dir die Verträglichkeit mit Katzen.

    Realistisch ergibt das schon eine stattliche Liste an Dingen, die der Hund erfüllen muß.

    Ich habe im nachhinein gemerkt, daß es mir geholfen hat, mir schon während Caras Lebenszeit zu gelegentlich kurz zu vergegenwärtigen, daß es eine Zeit nach Cara geben wird. Mehr kann man glaube ich nicht tun.

    Es sei denn, sich schon jetzt bewußt etwas vorzunehmen für die Zeit danach, auf das man lange wegen des Hundes verzichtet hat.

    Das muß gar nichts Großes sein. Für mich war es zB: direkt nach der Arbeit mal ins Museum zu gehen statt wie bisher direkt nachhause zum Hund. Hobbies wieder aufgreifen, für die man wegen des Hundes zuwenig Zeit hatte.

    Das hat mir so ein bißchen durch die Trauer geholfen.

    Ein Tierheim ist halt ein Tierheim und kein Warenhauskatalog. Ich habe in die Beschreibungen reingelesen und finde sie nachvollziehbar begründet.

    Es ist nun mal so, daß vorzugsweise solche Hunde im Tierheim landen, für die sich auf dem freien Markt nicht so leicht ein Käufer findet. Nett, nicht zu groß, jung, gesund, pflegeleicht und stadttauglich, das wollen alle, solche Hunde finden schnell Käufer übers Internet. Falls sie doch mal im Tierheim landen, sind sie so schnell vermittelt, daß sie gar nicht erst auf der Webseite erscheinen.

    Bei den kleinen Hunden war kein einziger ohne größere Probleme dabei. Da würde ich auch keinen Hund für mich finden, aber der Grund liegt nicht in überhöhten Ansprüchen des Tierheims.

    weil ja viele hier den bestimmt sehr gut gemeinten Rat geben: „ Arschbacken zusammen kneifen, wird schon wieder“.

    Den Rat gibt hier keiner, denn es geht ja gerade darum die verkniffenen Arschbacken wieder zu lockern, sozusagen. Also alle Ressourcen zu nutzen, um sich zu entspannen. Hilfe der Mitmenschen in Anspruch nehmen, Auszeit für sich selbst, Fokus weg vom Hund usw.

    - Dann kann es auch sein dass die eigenen Hormone da mit rein spielen können. ... Übrigens kann sowas bspw auch eine Schwangerschaft auslösen

    Zum Glück nicht. Dafür gibt's seit Adam und Eva nur einen Weg. An jungen Hunden schnüffeln ist risikolos. :lol: :flucht: :D

    Ich hatte bei fast jedem neuen Tier, das ich zu mir geholt habe, wenigstens einen kleinen Anflug von Blues, auch als ich noch gar nicht wußte, was das ist und daß es anderen ähnlich und oft schlimmer geht in der ersten Zeit.

    Also: Welpenblues ist keine Einbildung oder Erfindung.

    Gerade den Menschen, die sich sehr intensiv vorbereiten (und dabei allzuleicht unter Druck setzen) geht es oft so.

    Die Umstellung des Alltags, der Gedanke: ab jetzt bist 100 % Prozent verantwortlich für dieses Wesen und kommst aus der Nummer nicht mehr raus, und war es vorher nicht vielleicht doch einfacher und schöner?

    Und gerade bei einem Hund hat man dazu noch weit höhere Erwartungen an die Beziehung als bei einem Hamster. Am besten die ganz große Liebe auf den ersten Blick wie im Film. Auch damit überfordert man sich selbst leicht maßlos. Weil nämlich jede echte Beziehung Zeit braucht zum Wachsen.

    Als ich meine Kleinpudelhündin Cara als Welpe geholt habe, war ich auch ein bißchen enttäuscht. Ich fand sie zwar niedlich, hab mich auch an ihrer Welpenzeit gefreut, aber die tiefe Beziehung, wie ich sie zu meiner Vorgängerhündin von vor über 20 Jahren gehabt hatte, war definitiv noch längere Zeit nicht da. Ich mußte Cara erst viel besser kennenlernen und sie mich.

    Die gute Nachricht ist: Welpenblues geht vorbei. Wirklich. Die Zeit arbeitet für dich. Der Alltag spielt sich wieder ein und du gewinnst mehr Freiheiten zurück. In dem Maße, wie du dich entspannst und dir selbst Druck rausnimmst, wirst du auch mehr Freude an deiner Hündin haben. Ihr müßt beide nicht perfekt sein.

    Laß dich auf keinen Fall unter Druck setzen in punkto Stubenreinheit! Fakt ist, Hunde werden, wenn man ihnen nur die Möglichkeit gibt, von sich aus stubenrein, weil Caniden ihr unmittelbares Heim, wo sie schlafen und ruhen, nicht verunreinigen wollen. Das ist also keine Dressurleistung des Menschen, sondern Instinktverhalten. Du mußt es deiner Hündin nicht beibringen, sondern ihr nur den natürlichen Reifungsprozess ermöglichen, indem du oft genug mit ihr rausgehst. Wenn es dabei auch mal Unfälle gibt, egal. Je älter der junge Hund wird, desto besser kann er durchhalten und muß dann weniger oft raus.

    Anzeigen tun übrigens nicht alle Hunde, auch da muß man Erwartung rausnehmen.

    Mit Cara habe ich das Alleinebleiben schon früh üben müssen und dabei bewußt in Kauf genommen, daß öfter was in die Wohnung ging als wenn ich ständig dabei gewesen wäre, Sie ist trotzdem tadellos stubenrein geworden.

    Bevor Cara hier einzog, habe ich diverse VDH Züchter mehrerer Rassen gefragt, ob Single plus Welpe plus Halbtagsjob vereinbar sei. Alle haben mich erstaunt angeschaut und gemeint, klar, wieso fragst du überhaupt? (Da kannte ich noch gar keine Hundeforen im Internet... ;) )

    Als Cara dann einzog, hatte ich meinen Jahresurlaub genommen, und das stressfreie Allejnebleiben war mein alleroberstes Erziehungsziel. Wichtiger als alles andere. Wichtiger als Stubenreinheit.

    Denn das war klar, wenn ich nicht da bin, passieren auch öfter mal Unfälle. Egal, ich habe das Wohnzimmer mit Zeitungspapier ausgelegt, und mich auch innerlich nie über Verschmutzungen aufgeregt.

    Ich habe diese zwei Ziele, Alleinebleiben und Stubenreinheit also bewußt getrennt betrachtet und einem davon klaren Vorrang eingeräumt.

    Das Alleinebleiben habe ich so aufgebaut, daß ich von Anfang an die Zeit meiner künftigen Abwesenheit zu ereignislosen Ruhezeit bestimmt habe, in der nichts für den Hund Tolles passiert und der Hund auch nicht weiter beachtet wird. Alles Schöne geschieht davor oder danach. (Ganz am Anfang wurde diese Zeit natürlich noch durch kurze Lösegänge unterbrochen. )

    Innerhalb dieser Zeit habe ich Cara dann jeden Tag erst ganz kurz, dann länger alleine gelassen.

    Einen Notfalplan hatte ich zunächst nicht, die Kontakte haben sich erst mit der Zeit ergeben. Hätte sich innerhalb der Urlaubswochen gezeigt, daß Cara ernsthafte Trennungsangst gehabt hätte, dann wäre noch Zeitreserve da gewesen, um rechtzeitig eine Betreuungslösung zu organisieren.

    Es hat aber tatsächlich ohne geklappt.

    Und Cara stubenrein ist Cara auch geworden.