Beiträge von Rotbuche

    Es gibt Arbeitsrassen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie Verhaltensauffälligkeiten entwickeln, wenn sie nicht gemäß ihren Anlagen arbeiten können, deutlich erhöht ist. Ich arbeite als Hundetrainerin vor allem in diesem Bereich bereits auffällig gewordener Hunde - und in aller Regel finde ich genau diese Arbeitsrassen vor. Dazu gehören nicht nur Border Collies, Aussies, Altdeutsche Hütehunde, sondern ebenso Weimaraner, Münsterländer, Vizsla uvm.

    Das Argument gegen eine Anschaffung sollte aber bei weitem nicht nur sein, dass der Hund Verhaltensauffälligkeiten entwickeln könnte, am schwerwiegendsten finde ich, dass diese Hunde erst am Vieh/ im jagdlichen Einsatz/ usw. erst richtig aufblühen. Da siehst Du auf einmal glückliche, beseelte Hunde wie sonst nie im Alltag, und dieses Glück einem Hund bewusst vorenthalten zu wollen, ist von Tierliebe ganz, ganz weit entfernt.

    Was u.U. möglich ist, ist durch z.B. einen Rasse-in-Not-Verein fündig zu werden, nämlich bei einem Vertreter der Rasse, der untypischerweise auch ohne seinen angestammten Job gut durchs Leben kommt. Es ist allerdings durchaus möglich, dass man da Monate bis Jahre nach dem wirklich passenden Hund sucht.

    Und bitte fallt nicht auf Schönheitslinien herein - ich habe bislang noch keinen Hund einer hardcore-Arbeitsrasse (wozu definitiv auch der Weimaraner gehört) kennengelernt, egal ob aus Schönheits- oder Leistungszucht, der keine Arbeitsanlagen und Arbeitstrieb mitgebracht hat.

    Ich seh das etwas "neutraler" - beim HSH liegt die Herausforderung einfach woanders als bei einer Arbeitsrasse, deren Ausrichtung auf der Zusammenarbeit mit dem Menschen liegt. Den HSH muss ich vielleicht von der Sinnhaftigkeit meiner "Befehle" überzeugen, was beim will-to-please-Hund wegfällt, dagegen muss ich einem Border Collie nicht nur die Ruhe beibringen, sondern auch das richtige Hüten, einem Münsterländer die gemeinsame Jagd, und um mal weg vom will to please zu kommen, ein Huskygespann muss das Zusammenarbeiten lernen, usw.

    Die Tatsache, dass der "Alltag" mit einem HSH hier in Deutschland gerne mal Herausforderungen mit sich bringt, die sich z.B. beim Labbi nicht in dem Maß stellen, sehe ich eher in dem Mix aus Haltungsbedingungen und Genetik begründet: ein z.B. Kaukase ist dafür gezüchtet, sein Territorium und seine Herde vor menschlichen und tierischen Eindringlingen zu beschützen. Gassigänge oder freundliches Verhalten fremden Menschen und Hunden gegenüber kommen darin nicht vor. Darum ist es eben in meinen Augen "schwieriger", einen HSH unter den hiesigen Bedingungen zu führen, als einen Hund, dessen Genetik auf Zusammenarbeit mit Menschen und evtl. auch anderen Hunden ausgelegt ist. Würde ich umgekehrt einen z.B. Border Collie nur auf einem Grundstück halten und von ihm erwarten, dass er selbiges bewacht und ihm ansonsten keine andere Bewegung und Beschäftigung anbieten, wäre er viel schwieriger als ein HSH.

    Es sind so unterschiedliche Welten, ich bin ein Fan von beiden ;) Es ist einfach Kennzeichen von Spezialisten egal welcher Ausrichtung, sie können mich in meiner Arbeit unterstützen und sind auf ihre Weise einzigartig und nicht zu schlagen. (Ja, ich habe u.a. sowohl Kangalmix als auch BC ;))

    Auch wenn sich schon 17 Seiten mit Antworten gefüllt haben, will ich nochmal meinen Senf dazugeben.

    Die Ausgangsfrage ist, wenn ich es richtig verstehe: kann ich meinem Hund gerecht werden?
    In meinen Augen gibt es genau einen, der Dir diese Frage wirklich akkurat beantworten kann, das ist Dein Hund. Wenn ich seine "Antwort" nicht verstehe/ mich rückversichern will, frage ich Menschen, die mir meinen Hund diesbezüglich übersetzen können. Dazu müssen sie meinen Hund und mich live und im Alltag erleben.

    Ich glaube nicht, dass dies in einem Forum gelöst werden kann, auch nicht in einem speziellen Rasseforum. Letzteres bietet Dir u.U. eher die Möglichkeit, Leute in Deiner Umgebung ausfindig zu machen, die Pina und Dich als Team einschätzen können. Ansonsten können in einem Forum Pro- und Kontraargumente gesammelt werden, die aber bis zu einem gewissen Grad immer allgemeiner Natur bleiben werden, und das hilft Dir in Deiner Frage nicht weiter.

    Meine Gedanken dazu: die Motivation, mir einen Zweithund zu holen, damit dieser meinen Ersthund auslastet, wird in meinen Augen keinem der beiden Hunde gerecht. Zudem kann es sein, dass das nur anfangs funktioniert - in meinem Vierer-Rudel kommt z.B. viel häufiger Kontaktliegen vor, gemeinsame Spielsequenzen gibt es natürlich auch, aber sie sind lange nicht ausreichend, um die Hunde auch nur annähernd auszulasten.
    Sozialkontakte sind wichtig, ausgelastet wird mein Hund aber durch eine Kombination aus einem Job und gemeinsamen Spaziergängen mit unterschiedlichen Routen. Welcher Job passend ist, kommt auf den jeweiligen Hund an, klar, von Haushaltshilfe bis Fährtenarbeit gibt es viel, wo Hunde gut aufgehoben sein können.

    Und auch von mir der dringende Tipp, den Zweithund nur zum alltagstauglichen Ersthund dazuzuholen, nicht nur, um Dir selbst Arbeit zu ersparen, sondern auch weil ich es den Hunden gegenüber unfair finde, den Zweithund z.B. in eine Situation zu schmeißen, in der die Energie des Ersthundes noch so hochgefahren ist, dass der Zweithund automatisch davon mitgerissen wird. Genauso doof ist es für den Ersthund, der so schon mit manchen Situationen nicht klarkommt, nun auch noch mit einem weiteren Stressfaktor leben zu müssen, denn ja, ein unruhiges Rudel ist Stress für alle Beteiligten.
    Alltagstauglich heißt ja nicht, dass der Hund sich nie wieder einen "Fehltritt" leisten darf, aber mein Leben mit dem Hund sollte eben wirklich keine größeren Baustellen mehr beinhalten, ich muss mich auf meinen Hund verlassen können und er sich auf mich.

    Mein Rudel ist seinerzeit z.B. etwa alle zwei Jahre gewachsen - das hat sich aber einfach so ergeben, ich hatte anfangs nie den Plan, vier Hunde zu führen. Im Nachhinein wars aber dadurch sehr entspannt, ich konnte wunderbar an den jeweiligen Baustellen (1x HSH und das damit verbundene Umwelt-Training, 1x Ressourcenverteidigung, 1x Welpe, 1x starke Aggression Menschen gegenüber mit mehreren ernsthaften Beißvorfällen) in Ruhe arbeiten, und das vorhandene Rudel konnte dank seiner dann ruhigen Ausstrahlung den jeweiligen Neuankömmling bestens unterstützen.

    Deswegen also ein klares Ja von mir zum Zweithund, wenn Du beide Hunde auslasten kannst und willst, und wenn im Sinne der Hunde die Voraussetzungen passen.

    Und um mal von dem Namen wegzukommen, vielleicht wars auch ein klassisches Missverständnis, Deine Freundin hat nach dem Rassenamen gefragt "wie heißt die denn?", und der Onkel hat die Frage auf den Namen seiner Zuchthündin bezogen, die eben Ginger heißt.
    Hilft wohl doch am meisten, die Quelle nochmal um Auskunft zu bemühen, vielleicht wissen ja außerdem auch andere Verwandte bescheid. ;)

    Vielleicht ist das "-scher" der umgangssprachliche Plural bei dem Onkel, und es handelt sich um einen Chin, vollständig Japan Chin. Ist größer als ein Chihuahua, allerdings nicht so groß, wie von Dir angegeben... und es gibt ihn meines Wissens nur in Langhaar. Mal weiterüberlegen...