Zitat
Wie gesagt, ich mache vorher dem anderen Halter deutlich, dass ich so einen Kontakt nicht wünsche, durch rechtzeitiges anleinen, und vom Weg abweichen und Bogen laufen. Wenn das nichts nützt, oder dazu kein Platz ist, und der andere nicht zurückpfeift, dann rufe ich, dass der seinen Hund rufen soll.
Tut der HH dann immer noch nichts, bleibt mir nur übrig, den aufdringlichen Fremdhund wegzutreten, bzw. ne ausladende Bewegung zu machen. Drohend nach vorne stürmen (drei Schritte) geht nicht, weil mein angeleinter Hund dann logischerweise mitstürmt, und das nur noch provozierender ist.
Wie verhinderst du solche Kontakte?
Längere Antwort, ich versuchs kurz zu halten.
1. Je früher Du eingreifst, desto höher Deine Erfolgschancen. Stell Dir vor, Du hast einen jagdinteressierten Hund und möchtest Aufmerksamkeit von ihm. Nun durchlebst Du folgende Situation: Du und Dein Hund spaziert entspannt durch den Wald. Da siehst Du auf einmal, wie er seine Nase in den Wind hält, und die Ohren nach vorne richtet. Kurz darauf geht die Nase auf den Boden und er schnüffelt eine Wildspur ab. Gezielt läuft er zu dem Busch, der da in 12m am Wegrand steht... und tatsächlich! Er hat ein Reh entdeckt! Ab geht die wilde Jagd!
Wann in diesem Szenario brauchst Du am wenigsten Energie, um Aufmerksamkeit von Deinem Hund zu bekommen? Am Anfang, beim entspannten Spazierengehen bzw. am Anfang der Wildsituation, beim ersten Nase in den Wind halten, in der der Hund sehr viel leichter umzulenken ist, als beim Spur absuchen oder dann gar beim direkten Hinterherhetzen.
Übertragen auf das Vertreiben von anderen Hunden: wie läuft so eine Situation ab? Der andere Hund läuft mit seinem Besitzer, entdeckt Euch, stellt sich aufrecht hin, spannt sich an, fixiert Euch, richtet seine Ohren nach vorne, sprintet los. Du rufst dem Besitzer was zu, Hund bremst inzwischen schon ab und fixiert. Sprich da ist aus Hundesicht schon wahnsinnig viel gelaufen, bevor Du überhaupt anfängst, dem Hund klar zu machen, was Du willst, und entsprechend "geladen" ist der andere Hund bereits. Am einfachsten ist es, wenn Du am Beginn dieser Verhaltensfolge den anderen Hund bereits in seinem Handeln unterbrichst. Wenn mir ein solcher Hund begegnet, wäre es z.B. der Punkt des Aufrichtens, der mir schon nicht gefällt. Ein Hund, der meinen Hunden entspannt begegnen will, wird weder im Körper steif, noch bleibt er in der fixierenden Haltung, ein entspannter Hund wendet sich zwischendurch ab, kuckt immer mal wieder, schnüffelt auf dem Boden, rennt nicht sondern trabt in einem Bogen auf uns zu. Der andere Hund verrät mir bereits zu Beginn, mit welcher Energie, mit welcher Haltung er sich nähern will, und da entscheide ich schon, ob ich das zulassen will oder nicht, ich lasse die Situation nicht erst laufen.
2. Ich bringe meinen Hunden Entspannung bei. Du hast recht, wenn mein Hund eh bis zum Platzen angespannt ist, wird er auch nach vorne gehen, wenn ich nach vorne gehe. Zusätzlich müssen sie in manchen Situation hinter mir bleiben und diese räumliche Grenze akzeptieren - das hat den Vorteil, dass hinter mir bleiben und den anderen Hund anmachen sich gegenseitig ausschließt.
3. Wie schicke ich den anderen Hund weg: mit Ruhe, Körpersprache und Energie. Stell Dir vor (Du kannst es auch mit einem Menschen Deiner Wahl konkret üben), Dir begegnet nachts auf einsamer Straße ein maskierter Mann, der auch noch direkt auf Dich zuhält und Dir ans Leder will. Angenommen, Du hast keine Möglichkeit, wegzurennen, wie schickst Du ihn weg? Üb das so mit einem menschlichen Partner, dass derjenige das Gefühl hat, Du machst wirklich ernst. Dann hast Du die Energie, die Du auch für den Hund brauchst. Wie gesagt, es geht um frühzeitiges Eingreifen, nicht um den "Nahkampf". Der maskierte Mann überlegt sich sein Vorhaben vermutlich zweimal, wenn ich ebenso bestimmt auf ihn zumarschiere, ein irres Grinsen mich überfällt und ich mit einem zierlichen "AAAYYEEEEEHHHHHH" meine Bola über dem Kopf wirbele. Ich will damit kein bestimmtes Handeln vorschlagen, sondern nur ein Gefühl für die Energie geben, denn es muss für Dich passen. Es nützt Dir nichts, wenn Du weißt, wie meine Schultern ausgerichtet sind, was meine Arme tun, was ich sage oder nicht, um Hunde zu vertreiben, wenn es für Dich nicht authentisch ist. Darum der Rat, mit einem menschlichen Partner zu üben, der Dir ein feedback geben kann, wie gelassen und selbstsicher Du in dem Moment wirkst.
4. Tu nichts gegen Dein Bauchgefühl. Wenn Du Dir nicht sicher bist, wenn Du einen schlechten Tag hast, wenn Du gerade abgelenkt bist, vertreib keine anderen Hunde, sondern geh selber. Ich kann Hundekontakten auch schlichtweg so aus dem Weg gehen, indem ich nicht nur einen Bogen laufe, sondern einen gänzlich anderen Weg einschlage, und ich tue meinem Hund damit auch einen Gefallen, der nämlich dadurch mitbekommt "aha, Frauchen erkennt brenzlige Augenblicke und bringt mich gar nicht erst in stressige Situationen. Cool!"