Ich verstehe nämlich auch nicht wieso man ein neues Verhalten einüben sollte. Ein Hund wird um die 15 Jahre alt, und bei jemandem mit dem man zusammen wohnt permanent nicht man selbst sein zu dürfen ist permanent anstrengend und langfristig ungesund für die Psyche.
Es geht doch nicht darum, ein anderer Mensch zu sein und seinem Hund 15 Jahre lang was vorzuspielen, sondern darum, dass man verstehen lernen muss, dass Hunde in gewissen Bereichen anders ticken als Menschen. Wenn man das verstanden hat, muss man sich auch nicht verstellen.
Natürlich ist es sinnvoll, wenn der Hund wesensmäßig zu einem passt und das nicht oder nur selten notwendig ist.
Für meine etwas verschüchterte und geräuschempfindliche Pflegehündin war die Interessentin, eine ziemlich temperamentvolle Opernsängerin, nicht die Richtige. Also grundsätzlich sollte es schon passen.
Aber warum soll man nicht dazulernen und sein Verhalten damit auch ändern?
Oder mal ein anderes Beispiel: Wir hatten ja immer sehr liebe, unkomplizierte Hunde, mit denen es einfach so gepasst hat. Da konnten wir uns immer so verhalten, wie wir eben sind, und brauchten nie einen Hundetrainer.
Dann kam Lucumon - und der wollte nach einer Eingewöhnungsphase meinen Freund aus dem Weg räumen. Ok, vielleicht nicht töten
, aber zumindest in seine Schranken weisen, von deren Existenz Herr Hund überzeugt war.
Mein Freund sollte sich nicht mehr frei in der Wohnung bewegen, vor allem nicht im Bereich der Küche. Das führte auch zu zwei Bissen, die man mit viel gutem Willen als Zwicken durchgehen lassen könnte - aber es gab Wunden durch die Jeans hindurch. Es gab Situationen, in denen wir nur mit einem Backblech als Beißschutz bewaffnet die Küche verlassen konnten.
Wir mussten also lernen, dass lieb sein manchmal leider nicht das ist, was es zum friedlichen Zusammenleben braucht. Mein Freund ist sehr lieb - und das hat Lucumon ausgenutzt.
Wir waren erstmal unendlich deprimiert, weil das, was wir dann sein mussten (nämlich die Chefs) genau das war, was wir nie wollten. Ich weiß noch, wie deprimiert ich war, als ich gelernt habe, dass ich meinem Hund in bestimmten Situationen einen Platz zuweisen muss etc. - ich musste noch nie einen Hund in so einer Weise einschränken.
Aber es hat gefruchtet, und das Ganze hat sich ziemlich schnell aufgelöst, und nachdem das geklärt war und wir einander besser kennengelernt haben und uns gegenseitig vertrauen, ist alles in Butter.
Mein Freund kann mit ihm kuscheln und schmusen, Lucumon hört auf ihn, freut sich, wenn er heimkommt etc.
Kurz: Wir konnten uns, nachdem dieses Problem aufgetreten war, NICHT authentisch verhalten. Aber glücklicherweise (weil Lucumon nämlich ein Superhund mit sehr viel Brav-sein-Potential ist) hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst.