"Tauschen" üben ist eine gute Idee, und damit würde ich auch erstmal weiter machen - hat aber auch seine Grenzen: Man muß halt immer etwas besseres haben, als der Hund - bei Katzenfutterdose stelle ich mir das ein bißchen schwierig vor ;D
Ich finde die Idee mit dem Abrufen und dem Bringen auch sehr gut. Man muß halt ein bißchen gucken, was dem Hund am einfachsten fällt.
Gibt es irgendwas, was der Hund auch gerne mag (aber vielleicht nicht gar so extrem), auf dem er KAUT und mit dem du bisher noch nicht geübt hast? Vielleicht einen guten Kauknochen, den man ja normalerweise dem Hund gibt und ihn dann damit in Ruhe läßt.
Ich beschreib mal was ich machen würde: man nehme zum Beispiel ein Stück Ochsenziemer - 20 cm oder so reichen und sehr sehr viele sehr kleine Stückchen (in etwa Erbsengröße) der köstlichsten Leckerchen, die sich der Hund nur vorstellen kann - je dekadenter und stinkiger, desto besser (Käse, Würstchen, gekochte Geflügelherzchen, angebratene Leber...).
Man braucht weiterhin ein gutes Auge und ein kurzes knackiges Wort (oder einen Clicker), das während des Übens automatisch die Bedeutung "das war super, dafür gibts eine Belohnung" bekommt (wenn man schon ein Markersignal aufgebaut hat, kann man natürlich das nehmen).
1. Schritt: Man gebe dem Hund den Ochsenziemer und lasse ihn das Dings anknabbern und dabei erstmal in Ruh. Wenn er sich "eingekaut" hat, dann versucht man den Augenblick, wenn sich das Maul öffnet mit dem Markersignal (im folgenden mit "Click" bezeichnet") zu "erwischen" und wirft ihm danach eins der kleinen Leckerchen direkt vor die Schnüß. Vielleicht nimmt er das nicht, sondern kaut weiter. Das ist aber nicht schlimm.
Sobald das Leckerchen gelandet ist, "clickt" man das nächste "Maul geht auf" und wirft wieder ein Leckerchen zum Hund. Das wiederholt man, egal ob der Hund das Leckerchen nun aufsammelt oder nicht - meiner Erfahrung nach fangen die Nasen aber meistens ungefähr nach dem 4 - 6 Leckerchen an, erstmal die schon dort liegenden aufzusammeln - DAS markierst du wieder mit einem "click" und wirfst diesmal drei oder vier Stückchen eins nach dem anderen direkt vor den Hund.
Dann läßt Du ihn wieder seinen Ochsenziemer kauen und wiederholst den ganzen Ablauf.
Wenn er anfängt, sofort nach dem Leckerchenwurf selbiges zu fressen oder sogar schon direkt nach dem Cllick erwartet, dass ein Leckerchen angeflogen kommt - SUPER ersten Lernschritt geschafft.
Ich würde auf diesem Level trotzdem noch vier bis fünf weitere Wiederholungen machen (sprich, beim Maulöffnen "clicken" und das Leckerchen direkt vor die Hundeschnüss werfen), damit der Hund sich auch wirlich sicher werden kann, dass du keinerlei Anstalten machst, ihm das Dings wegzunehmen.
2. Lernschritt.
Wenn der Hund sicher verstanden hat, "wenn ich die Schnüss öffne (und dabei vielleicht sogar schon der Ochsenziehmer rausfällt
), höre ich ein "click" und danach kommt mir ein Leckerchen fast in selbige Schnüss geflogen - und mein Mensch bleibt auf genügend Abstand, das Leben ist großartig!!!" Dann fliegt ihm das Leckerchen NICHT mehr ganz so bequem zwischen die Füße - wirf es ihm so, dass er sich ein bißchen recken oder vielleicht sogar aufstehen muß, um es zu bekommen - aber auch so, dass es von DIR weit genug weg ist, damit er nicht im Konflikt kommt.
Möglicherweise reicht dazu ein einzelnes Leckerchen erst mal nicht, das macht, wie schon im ersten Lernschritt, erstmal nichts aus. Click das nächste "Maulöffnen beim Kauen" an, und versuch, das Leckerchen dicht zum ersten Leckerchen zu werfen. Und mach einfach so lange weiter, bis das Leckerchenhäufchen reicht, dass er es aufsammelt. Wenn das gar nicht klappt, versuch, ob Du noch ein stücken weiter von Hund und Leckerchen weg gehen kannst oder geh sogar für 20 Sekunden ganz aus dem Raum, sodass er in Ruhe die Bröckies aufsammeln kann.
Das ganze wiederholst du wieder so lange, bis er direkt nach dem click aufstehen und das Leckerchen nehmen kann - wenn er das das erste Mal macht, kannst du ihm einen Jackpot geben --> eine ganze Handvoll Leckerchen werfen - ruhig so, dass die sich überall hinverteilen UND aus dem Raum gehen und ihn in Ruhe den restlichen Ochsenziemer aufessen lassen.
3. Lernschritt - anderer Tag ;D.
erstmal wiederholst Du je ein paarmal die Lernschritte 1 und 2, einfach nur um den Hund zu erinnern, was ihr grad macht. Ausserdem ist das wirklich eine gute Maßnahme, dem Hund zu vermitteln: es geht mir erstmal nur darum, dass Du das Dings kurz lockerer im Mund hälst/los läßt - du darfst es auf jeden Fall behalten.
Dann machst Du das gleiche, wie Schritt 2, nur wirfst Du die Leckerchen einen halben Meter weiter weg als zuvor. Wieder mit ausreichenden Wiederholungen - und wieder beim ersten Mal "Ochsenziemer los und liegenlassen und Leckerchen aufsammeln geht = click ---> Jackpot mit Leckerchen-Regen und Rausgehen.
4. Lernschritt - anderer Tag:
Schnelldurchlauf der bisherigen Lernschritte mit jweils 2-3 Wiederholungen.
Bei Schritt 3 gibst du beim ersten Mal, wo er losgeht und die Leckerchen aufzusammeln wieder einen Jackpott mit einem kleinen Leckerchenregen (so 10-15 Stückchen) bleibst aber im Raum und wartest einfach kommentarlos, bis der Hund sich wieder am Ochsenziemer festgekaut hat. Dann wiederholst Du.
schnüss auf, click, Leckerchen werfen. Schnüss auf, click, Leckerchen werfen
halt so oft, bis er wieder losmarschiert. Losmarschieren = Click = noch ein Leckerchen. Dann wieder warten, bis er wieder Ochsenziemer kaut.
Lernschritt 5:
Im weiteren werden die Leckerchen dann schrittweise weiter vom Hund weg geworfen, dann wandern die Leckerchenlandepunkte in DEINE Richtung - bis Du die Belohnungsleckerchen aus der Hand geben kannst. Das ist mal wieder einen Riesenjackpot wert, denn das ist die Grundlage für den Abruf von der begehrten Ressource. Nur hat man bisher eben noch gar nicht gerufen, sondern sich erstmal nur das Verhalten aufgebaut - und das baust Du Dir halt weiter aus, indem du auf diesem Lernschritt erstmal bleibst, bis er wirklich ohne zu zögern nach dem Click zu Dir läuft, um die Leckerchen abzuholen.
Lernschritt 6
Klappt Lernschritt 5 zuverlässig, baust Du das Rückrufsignal ein und zwar wie folgt:
Hund kaut am Ochsenziemer, Schnüss geht auf, Du sagst "Hund, KOMM", wartest eine Sekunde und clickst dann, egal ob der Hund sich schon in Deine Richtung bewegt hat oder nicht, und Leckerchen erst einmal irgendwo zwischen Hund und Dich werfen.
Weil Mensch jetzt Extra-Töne (den Rückruf) von sich gibt, kann das erstmal ein bißchen verwirrend für den Hund sein, besonders, wenn das Rückrufsignal nicht 100% positiv verknüpft ist, in diesem Fall würde ich die Gelegenheit nutzen und ein NEUES Signal verwenden, dass den alten Rückruf dann irgendwann ersetzen kann. Man denkt sich also einfach ein neues Wort aus.
Nach fleißigem Üben kannst Du ihn dann irgendwann zuverlässig von einem Ochsenziemer abrufen ;D
Ich würde dann das ganze Spielchen von Schritt 1 bis 6 mit anderen für den Hund interessanten Sachen durchspielen - das geht von Mal zu mal schneller, weil der Hund anfängt das Konzept zu begreifen und zu generalisieren.
Irgendwann seid ihr dann bei DEM Objekt der Begierde angekommen, einer Dose Katzenfutter
gleiches Spielchen...
Man muß auch nicht erst die ganzen Schritte mit dem Ochsenziemer, dann 1-6 mit einem Parmaschinkenknochen, dann 1-6 mit einem Rinderknie, dann 1-6 mit was auch immer.... durchspielen. Man kann mal dies mal das nehmen, sollte aber immer ungefähr wissen, auf welchem Lernschritt man das letze mal mit speziell DIESEM Dings war, und dann ein oder zwei Lernschritte DAVOR wieder anfangen, damit es leicht losgeht. Das geht recht einfach, wenn du Dir eine kleine Tabelle machst, wo die Spaltenbezeichnungen z.B. die einzelnen "Dinger" sind, und die Zeilen die einzelnen Lernschritte und dann schreibst du in das entsprechende Feld halt Datum/Uhrzeit rein, wann du das gemacht hast.
Wenn Du es erstmal geschafft hast, von solchen Verlockungen abrufen zu können, bist du im Prinzip durch damit. Denn dann könnstest du ihn einfach nötigenfalls anleinen und aus dem Raum, wo das "Dings" ist rausbringen, Du gehst wieder rein, Tür zu Hund bleibt draussen, du sammelst das Dings ein, fertig.
Ich würde noch daran arbeiten, dass es unwichtig wird, wie dicht du dabei am Hund stehst, wenn der was hat. Da Du davor ja derzeit Angst hast, würde ich erstmal mit dem Abruf-Programm starten, und wenn das klappt, dann erst mit der Distantverringerung beginnen. Bis dahin seit ihr ein eingespieltes Team, er weiß, dass Du ihm nichts aus dem Mund reißt, und du weißt, wie du es trotzdem in Sicherheit bringen kannst, und so habt ihr beide Vertrauen darauf was genau passiert und das weder Knurren noch Beißen notwendig ist.
Distanzverringerung ist im Prinzip noch viel einfacher - der Aufbau beginnt genauso, nur brauchst Du nicht auf "schnüssöffnen" zu achten, du clickst und wirfst einfach Leckerchen und die Lernschritte bestehen darin, dass Du nach ich sag jetzt mal 10 Wiederholungen einen halben Schritt näher ran gehst.
Auch da kannst du alles erstmal mit einem "Dings" üben, und dann zu einem weiteren gehen und wieder von vorne starten - von Mal zu Mal abwechseln.
Wenn Du, ich sagmal 4 "Dingse" soweit "durch" hast, dass Du DIREKT neben dem Hund stehen kannst und Leckerchen plummsen lassen kannst, ohne dass irgendwelche Geräusche aus dem Hund kommen (ausser den Kaugeräuschen), kannst du versuchen, ob er sich aus der Knabberhaltung (die ja meistens liegend ist) aufsetzen kann, indem du die Leckerchen nicht mehr fallen läßt, sondern so hälst, dass er sich aufsetzen muß. Klappt das nicht automatisch nach einem click und dem hingehaltenen Leckerchen, kannst Du einen Zwischenschritt einbauen - geh erstmal wieder ein oder zwei Schritte weg und stell dich etwas seitwärts zum Hund - nicht frontal - und machst aus der Entfernung das Abrufspielchen (da waren wir ja immer auf recht großer Distanz geblieben. Kann er zu Dir kommen um das Leckerchen zu holen, hälst Du es eben DA so, dass er sich dazu hinsetzen muß, oder Du gibst das Sitz Signal.
Nach ein paar Wiederholungen gehst Du ein paar Zentimenter dichter an die "Nagestelle" heran.
Ich mag das "aufsetzen" an einer Ressource sehr gerne, weil es den Hund aus der typischen Ressourcenverteidigungs-Haltung (nämlich meistens mit dem Kopf tief mit der Ressource im Maul oder Maul sichernd über der Ressource) herausbringt.
Das erste Mal davon gehört/gesehen habe ich in einer Seminar-DVD von der amerikanischen Trainerin Trish King Es ist wirkich ziemlich erstaunlich wie schnell ein Wechsel der Körperhaltung einen Wechsel der Emotion, die hinter der Ressourcenverteidigung steckt, mit sich bringt. Ich versuche das dementsprechend so früh wie möglich in den Trainingsplan reinzubringen. Aber dazu gehören immer zwei und erstmal ist es wichtig, dass das mit dem Abrufen klappt und Du Dir sicher bist, dass er Dir genügend vertraut, dass er das in kurzer Distanz hinbekommt.