Zitat
kann ich nicht verstehen.
wenn man meint, man kriegt den hund nur so in den griff...
Ja, das ist das Problem, sie meinen!
Da kann man stundenlang erklären, dass der Nackengriff mit unzähligen Nebenwirkungen behaftet ist, und warum er deshalb in keiner Hundeerziehung etwas zu suchen hat. Man erklärt weiterhin (in diesem Thread und in Dutzenden anderen Threads, dass man Hunden nichts "ent"-Lernen können. Es ist genau wie bei Computer-Festplatten - selbst wenn man auf "löschen" gedrückt hat, hiolft nix ist noch da: Überschrieben muß es werden mit einem neuen Programm.
Und so wie ich diverse Hundeschulen kennengelernt habe sind diese tatsächlich nicht in der Lage, dieses mit rein positiven Mitteln zu erreichen.
Nicht weil es nicht geht, sondern weil sie es nicht können.
Da trudelt noch zu viel Dominanzkonzept, durch die Köpfe. Hundehalter sollen "Coole Rudelchefs" sein, die an Gefahren "souverän verbeimarschieren" und den ängstlichen Hund dabei ignorieren sollen, weil man ansonsten ihre "Angst bestätigt"...
Wenn ich mir manche Welpenschulen ansehe, kann ich genau sagen, wieviel Prozent der Hunde dieser oder jeder Schule später hochgradig problematisch werden, weil häufig einfach die unerfahrensten Leute auf die Welpen losgelassen werden. Die Lütten dürfen "spielen" bis sie umfallen, sie sollen "es unter sich aus machen", Sie werden mit Leine oder den Händen ind die richtige Position gebracht und kein Mesch fragt nach, ob das ganze denn auch Sinn macht, und wenn ja, welchen? Die Welpenausbildung findet ausschließlich "auf dem Platz" statt. Die Trainer haben keine Ahnung, wie der Hundealltag zu Hause aussieht und bei der Größe mancher Gruppen können sie das auch gar nicht leisten (alles größer 5 Hunde ist Kappes!). So ziemlich alles, was man gerade Anfangs falsch machen kann, wird falschgemacht - ohne dass es irgend jemandem überhaupt auffallen würde.
Beispiel: Welpe + Mensch kommen zur Spielstunde und müssen evtl. noch warten, bis sie auf den Platz können, weil noch eine andere Gruppe drann ist. Weitere Teams kommen dazu. In 99% der Fälle bildet sich ein Welpen-Leinen-Knäul, weil "die doch Welpen sind und spielen müssen"!
Nein! Müssen sie nicht! Wenn sie bei der Gelegenheit von ihren Haltern am Spielen gehindert würden, und von einander getrennt an der Leine warten müßten, könnten sie unschätzbares für den Rest ihres Lebens lernen, nämlich, dass der Anblick eines anderen Hundes nicht gleichbedeutent mit, "ich renne hin und spiele mit dem" ist! Wieviel entspannter würde zukünftige Hundebegegnungen sein, wenn das die Zwerge mit 8-14 Wochen gründlich hätten lernen dürfen?? Verschenkte Gelegenheiten!
Anderes Beispiel:
Hundetrainer wird gefragt, wie man Hunde davon abbringt, Leute anzuspringen. Es kommen immer noch so hilfreiche Tipps wie auf die Pfoten treten, das Knie hoch ziehen, auf den Kopf hauen (schöne Grüße in die Schweiz) und Hund wegschleudern.... und natürlich wird es auch angewendet! Wenn man sein auch-so-kreatives Gehirn einsetzt, könnte man den genau entgegengesetzten Weg gehen: Man bringt das Verhalten als erstes mal unter Signalkontrolle. Weil man ja sowieso mit den Babies "Sitz" übt, trainiert man sowieso gleichzeitig ein Alternativ-Verhalten - hat man beides unter Signalkontrolle und vernünftig generalisiert, kann man das eine durch das andere Verhalten ersetzen. Solange beides noch nicht unter Signalkontrolle und genügend weit generalisiert ist (besonders das "Sitz"), verhindert man mit kreativen Managementmaßnahmen, dass das Anspringen von Fremden sich als Lieblingsverhalten einprägt (indem man den Zwerg an der Leine hat, und nicht bis an die Leute heranläßt)....
Und das allseits beliebte "Mein Hund saugt alles vom Boden auf"... erst bringt man den Hunden bei, dass sie damit rechnen müssen, dass Mensch ihnen mit Gewalt aus dem Maul zerrt, was Hund gerade untersucht und dann wundert sich Mensch, dass Hund immer schneller verschlingt, was er findet. Wenn man den Zwerg, gerade im neuen zu Hause angekommen, jedes Mal LOBT und BELOHNT, wenn er was im Maul hat und das was er im Maul hat, gegen ein Leckerchen tauscht, dann lernt er Zeug, was er findet, zu APPORTIEREN. Und weil er das immer darf, schlingt er auch nichts hektisch runter. Hätten Hunde Hände würden sie ihre Umwelt nicht mit dem Maul erkunden. Haben sie aber nicht, deshalb machen sie es wie Krabbelkinder, bei denen es mit der Feinmotorik noch hapert: alles rein in die Schnüss und testen, ob es schmeckt und wie es sich anfühlt, wenn man drauf beißt. Retriever wurden so selektiert, dass sie in der Lage sind, Dinge, die sie tragen (und die Enten sind sicherlich auch noch extrem lecker) nicht zerdrücken, geschweige denn zu zwerbeißen - andere Hunde(rassen) können das auch lernen und Apportieren ist das perfekte Alternativ-Verhalten für Staubsaugerverhalten.
Aber nein. Es muß "unterbunden" werden. Und "abgewöhnt". und auf jeden Fall muß korrigiert werden.
Es gibt für jedes Problem eine Lösung. Die findet man oftmals aber nicht direkt vor der Nase. Manchmal muß man drei bis fünf mal um die Ecke denken.
Ich sehe in meinem Hund ein Familienmitglied - und genau so behandele ich ihn auch: Respektvoll!
Ich werde meine menschlichen Familienmitglieder nicht zu einem Verhalten bringen (oder dazu, eines zu unterlassen), in dem ich sie im Nacken schüttele.
Ich werde sie BITTEN etwas zu tun (oder zu lassen). Wenn sie nicht einsehen wollen/können, warum diese Bitte wichtig ist, werde ich mit ihnen darüber kommunizieren müssen.
Manchmal werde ich zu meinem gewünschten Ziel kommen.
Manchmal werden wir nach einem Kompromiß suchen müßen.
Und manchmal werde ich an unüberwindliche Grenzen stoßen. Auch meine allerliebste Schwester kann mich nicht nach Mallorca fliegen, auch wenn sie selber wollte, denn sie hat weder Flügel, noch einen Pilotenschein!
Natürlich KÖNNTE ich mit meinem Hund so umgehen, wie Herr Köppel glaubt das an Wölfen beobachtet zu haben. Aber das würde die Intelligenz meines Hundes beleidigen, denn der weiß, das ich kein Hund bin. Und weil ich das nicht bin, kann ich mich nicht wie einer benehmen.
Ich muß mich wie ein Mensch benehmen. Und ein Mensch hat ein Hirn, das in der Lage ist, aus Erlebnissen und Erfahrungen aus seiner (und sogar anderer) Vergangenheit zu lernen und daraus Konsequenzen für sein Verhalten in der Zukunft BEWUSST zu planen.
Menschen sind in der Lage, Hunde so zu "managen", dass bestimmte Verhalten NICHT zu einem Problemverhalten werden.
Menschen sind auch in der Lage, Hunde so zu "managen", dass bestehende Problemverhalten keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben und das diese Problemverhalten nicht weiter ausgeführt werden können, damit sich das Verhalten nicht noch weiter festigt.
Menschen können planen, was ein Hund lernen soll, wie er es lernen soll und sie haben die Möglichkeiten eine Trainingssituation so zu stellen, dass der Hund auch tatsächlich nur das lernen kann, was er lernen soll.
Nur - das ist zeitaufwendig, gehirnschmalzaufwendig, anstrengend, man braucht Trainingspartner, man muß konsequent sein, man muß eine längere Zeit über mit Einschränkungen leben (weil man mit seinem Hund-Aggresiven Hund evtl. nur noch nachts auf die Straße kommt, weil er sonst einen Rückfall bekommt) und man muß "outside the box" denken. Und man muß lesen, lesen, lesen, lesen und ziemlich viel Geld für ziemlich viele Seminare ausgeben. Und man muß, sollte Ansatz A nicht fruchten, Plan B in der Tasche haben.