Hallo,
die hat das Wissen ja mit Schüppen gegessen!
Auch Du je.
Also.
Hunde sind Individuen - der eine entwickelt sich so, und der nächste anders.
Ich habe einen 16 Monate alten Rüden, der ganz klar durch die Pubertät ist. Er hatte einzelene Stunden(!!!), in denen mal das eine oder andere Signal "ausser Betrieb" war. Hundemädchen interessieren ihn nur, wenn sie in Standhitze sind. Er prügelt sich nicht mit anderen Rüden, sondern weicht solchen, die von sich aus anfangen zu stänkern, gezielt aus.
Der Rüde einer Freundin ist gerade 6 Monate und offenbar Frühentwickler. Andere Hunde und auch Menschen werden derzeit manchmal angerammelt. Auch das Gehorchen ist gerade irgendwie lückenhaft, aber noch akzeptabel. Aber er ist immer noch "höflich" zu anderen Hunden und rüpelt nicht rum - es gehen nur einfach die Hormone mit ihm Achterbahnfahren und er weiß noch nicht, wohin mit seinem Geschlechtstrieb.
Ein anderer mir bekannter Rüde ist der absolute Supergau - jeder Hündin muß hinterher gerannt werden, jeder andere Rüde muß zusammengebrüllt werden. Der Rückruf ist eine Katastrophe und wenn er auf Hundegruppen trifft, in der sowohl Hündinnen als auch Rüden (beides jeweils egal ob kastriert oder nicht) vorhanden sind, ist eine Beißerei vorprogrammiert. "Behandelt" wird das (erfolglos!!!) mit einem Sprühhalsband...
Wenn sich mein Hund weiterhin so neutral verhält, wird er nicht kastriert. Der Hund der Freundin wird wahrscheinlich kastriert, aber das hatte sie von vorneherein so entschieden. Der dritte Rüde ist 20 Monate alt und immer noch nicht kastriert und das würde jetzt wahrscheinlich auch nicht mehr viel an seinem Verhalten ändern, da es zu eingefahren ist - ausser sie ändern dramatisch den Erziehungsstil und schmeißen endlich das dämliche Sprühding weg!
In der Pubertät finden mehrere Sachen gleichzeitig statt, die dazu beitragen, dass ein Hundehirn in der Zeit eben nicht voll zurechnungsfähig ist:
Der Hormonhaushalt ändert sich - wer schon mal PMS hatte / selber in der Pubertät war, kann wahrscheinlich nachvollziehen, dass die ganze Wahrnehmung der Umwelt völlig durch den Wind ist, und nichts so ist, wie es vorher war, und das man einige Zeit braucht (bei Menschen in der Pubertät Jahre!!!) bis sich das ganze wieder eingepegelt hat.
Der Hund entdeckt die Umwelt, weil er selbstständiger wird. Als Welpe ist man völlig von seinem Menschen abhängig, als Halbstarker beginnt man das anders zu sehen und nabelt sich ab. Andere Rüden werden zu Konkurrenten, Hündinnen zu begehrten Partnern. Zu dieser Zeit bricht auch oft der Jagdtrieb durch. Der Mensch ist einfach nicht mehr so interessant und wichtig wie vorher....
Im Gehirn werden neue Zellen gebaut und die Verknüpfungen werden zu großen Teilen neu verknüpft: "Sitz" ist also tatsächlich "weg" - unter Umständen.
Das einzige, was hilft, ist, einfach ruhig auf dem Niveau zu trainieren, das der Hund gerade leisten kann.
Wenn der Rückruf also gerade ausser Betrieb ist, solltest du den Hund tatsächlich eine Weile an der Schleppleine trainieren, damit er nicht lernt, dass "Komm" "ich renn von meinem Mensch weg" heißt. Er macht das nicht, weil er zum bösartigen Monster mutiert, sondern weil er einfach gerade nicht kann. Damit er sich das aber nicht zur Gewohnheit werden lassen kann, mußt Du eben die Konsequenzen entsprechend manipulieren.
Wenn "Sitz" unter Ablenkung nicht mehr funktioniert, senke die Ablenkung so weit, bis er "Sitz" wieder ausführen kann und starte von dort den Neuaufbau etc...