Ich finde mich selbst auch sehr in Naijras Beitrag wieder.
Mich würde dieser Aspekt aber noch näher interessieren:
Zitat
Ein Hunderudel bleibt ja auch meistens zusammen wenn die Tiere wissen wo genau sie in der Rangordnung stehen. Sie gehen ebenfalls nicht einfach so jagen sondern nur wenn der Rudelführer das okay dazu gibt, ebenso kann er sie zu allem anderen bewegen, allein durch Körpersprache - klar, ist ja auch ein Hund.
Ist das so? Was bringt der Hund wirklich mit? Angeborene Verhaltensweisen, Vorlieben, Dinge, die er gut findet, die er braucht oder die er „intuitiv“ deuten kann. Ohne Lernerfahrung, in welcher Form auch immer.
Die Erziehung des Hundes rein auf Konditionierung aufzubauen, das erzeugt bei mir ein eher ungutes Gefühl. Nicht, dass es nicht funktioniert oder Hund und Mensch sich nicht wohl dabei fühlen… Was versteht er von Natur aus? Warum hat er ein Verständnis von „Respekt“? Was macht den Hund aus, was über erlernen von Verhaltensweisen, über Konditionierung hinaus geht?
Ist der Hund ein Familientier, wie der Wolf? Straßenhunde sind öfter alleine oder in losen Rudeln anzutreffen, koordiniertes jagen gibt es kaum unter Hunden, ebenso habe ich gelesen (Zimen?, ich weiß es leider nicht mehr), dass die gemeinsame Welpenaufzucht im Rudelverband auch im Vergleich zum Wolf stark reduziert ist. Was sehen die Hunde also in einem Sozialverband, wofür brauchen sie ihn, wollen sie sich überhaupt einpassen? Sind Hunde reine Opportunisten?
Zu dem Zitat oben: ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Hund A Hund B mitteilt: jetzt jag mal nicht. Wäre auch völlig widersinnig, denn die meiste Jagdbeute ist klein, schnell, nicht für koordinierte Jagd zu gebrauchen, bzw. es ist eh zu wenig dran, für mehrere Hunde. Wer mit Hunderudel kann bestätigen, dass der ranghöhere Hund jemals den rangniederen vom jagen abgehalten hat? Bloch schrieb über Wölfe, dass Jungspunde über Erfolg und Misserfolg lernen, sich bei größerem Wild an den Erfahreneren zu orientieren. Auf den Deckel bekommen sie keinen. Wenn ich Straßenhunde erlebe im Urlaub, es sind meist sehr lose Verbände, jeder tut, was er mag, es gibt Freundschaften und Antipathien, man sieht Hunde den halben Tag zusammen, dann geht wieder jeder für den Rest des Tages eigene Wege. Wirkliche Rudel sieht man selten, noch seltener, dass es in Streitigkeiten/Rangordnungsplänkeleien/Auseinandersetzungen mal um etwas anderes, als um Ressourcen geht (Futter, bevorzugte Bettelplätze, evtl. eine läufige Hündin). Der unterlegene Hund soll dabei keinen Respekt erweisen, sondern verschwinden.
Was bringt der Hund aber mit, das der Mensch zur Erziehung nutzen kann? Ich habe z.B. den Eindruck, meine Hunde geben tatsächlich Verantwortung ab, wenn ich sie hinter mir laufen lasse. Nicht weil ein Popo durchs Bild wackelt (wie Shoppy schrieb). Bin ich unsicher und ein souveräner Mensch geht voran und sagt, er hat alles im Griff, bin ich ruhiger, als wenn ich vorgehen muss. Hunde mit Menschen vergleichen, um es zu verstehen, ist ja nie so leicht. Dennoch, ich denke, bei vielem kann man zumindest vermuten, was im Hund vorgeht. Hunde sind sozial, sie leben in einer Gemeinschaft. So kann man sich fragen, ob es einem Hund nicht z.B. wichtig ist, eine Aufgabe zu übernehmen, einfach nur, weil er merkt, er ist damit wichtig für sein Rudel. Wie Menschen, die sich gut fühlen, wenn sie sehen, sie sind wichtig für ihre Gemeinschaft oder Arbeitslose, die depressiv werden (ich hoffe, für das Beispiel steigt mir jetzt niemand aufs Dach). Hunde, da sozial, müssten ja ein gewisses angeborenes Interesse daran haben, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren und ihr nützlich zu sein. Und eine Befriedigung daraus ziehen, auch ohne unmittelbaren Eigennutzen. Ansonsten ginge eine solche Gemeinschaft schnell den Bach runter, wenn wirklich jeder nur und ausschließlich an sich selbst dächte (und ich vermute, auch für diesen Gedanken bekomme ich Gegenwind :P). Ebenso denke ich, dass Hunde es schätzen (als soziales Tier), wenn sie ihr gegenüber einschätzen können. Wenn ihr gegenüber berechenbar ist, nicht cholerisch, nicht wankelmütig, nicht unsicher. Und dass sich Hunde in Gesellschaft eines solchen Menschen automatisch wohler fühlen, mehr kommunizieren und mehr auf dessen Meinung geben. Ohne Konditionierung oder Respektfordern, sondern angeboren. Auch wissen Hunde, als soziale Tiere, dass Aufgaben von verschiedenen Rudelmitgliedern übernommen werden können. Wenn eine Gefahr droht, stehen sie nicht alleine da (außer sie lernen, von ihrem Menschen können sie da nichts erwarten). Wenn der Mensch nun zeigt, er hat alles im Griff, wäre ein eigentlich in der Situation unsicherer/ängstlicher Hund schön blöd, würde er dennoch nach vorne gehen. Sein Wohlergehen, seine Unversertheit sind ihm wichtig, also vertraut er sich dem Menschen an, der Dinge im Griff zu haben scheint. Oder die Diskussion, die es hier im Forum vor kurzem gab: der Hund wird ruhiger, wenn man ihn "zwingt" auf seinem Platz zu bleiben, da er so merkt, er muss die Aufgabe des ständigen Aufpassens nicht mehr übernehmen. Reines Konditionieren ist auch das nicht für mich.
Als soziales Tier kann der Hund auch Familienregeln lernen. Ich denke, wie dem Menschen, ist es dem Hund wichtig, die Regeln zu kennen, zu wissen, wo er steht, was er von wem in welcher Situation zu erwarten hat. Ein Mensch, der klar kommuniziert, vom Hund verstanden wird, hat es deutlich leichter, als ein Mensch, der sprunghaft ist, den Hund zutextet, ohne dass dieser versteht oder sehr aufbrausend ist.
Das würde z.B. erklären, warum Terrys Hunde ihr gerne in kritischen Situationen die Führung überlassen, aber teils nicht verstehen, warum sie das leckere Essen auf dem Boden nicht fressen dürfen. Das wäre kein angeborenes, vom Hund intuitiv zu verstehendes Verhalten.
Mich würde interessieren, wie andere diesen Aspekt sehen: was der Hund mitbringt, das wir tatsächlich nutzen können, um den Hund zu „erziehen“. Abseits von Konditionierung.