Ich hab jetzt lang überlegt, ob ich das abschicken soll oder nicht.
Aber jetzt hab ichs einmal geschrieben und da wär es schade, wenn ichs wieder löschen würde.Deshalb werf ich hier mal ein paar "Theorien" zum Thema Angst in den Raum, die Einigen Gemütern vielleicht nicht schmecken werden.
1.) erzwingt man ein Verhalten beim Menschen/Tier, kann sich die Angst auch abschwächen. (Die Emotionen folgen also dem Verhalten) Also wenn ich jeden Morgen aufstehe und mich im Spiegel anlächle, nehme ich das Gefühl auch mit in den Tag... oder wenn ich Betablocker nehme vor einer zu erwartenden Angstsituation (zB Prüfung), dann empfinde ich die Angst wegen der fehlenden körperlichen Symptome vllt als weniger belastend. Deshalb ist auch Alltagstraining in der Rehabilitation von psychisch Erkrankten so wichtig. mal von der Theorie abgesehen, hab ich das live so auch bei meiner Hündin erlebt:
Wir haben im ersten Jahr (also im Alter von 1-2) sehr intensiv mit systematischer Desensibilisierung gearbeitet, um ihr geschlossene Räume mit Menschenmengen(Hauptbahnhof) irgendwie aushaltbar zu machen. Alles war mit nur mäßigem Erfolg gesegnet. Aber gut genug, um zumindest von der ruhigen Seite an den Zug zu kommen, um Weihnachten meine Mutter zu besuchen. Dann bei eben Jenem Besuch blieb mir nichts anderes übrig, als sie an die Leine zu nehmen und sie durch eine mit Menschen gefüllte Bahnunterführung zu schleifen, weil wir sonst den Anschlusszug nicht bekommen hätten (und sie war dort drin echt in Panik und wollte nur raus da)... wir sind da schnell durch, ohne Rücksicht auf ihre Befindlichkeiten, die hatte garkeine Zeit zum Nachdenken und plötzlich war die Situation vorbei und sie hat tatsächlich überlebt. Danach trat ihre Panik nie wieder auf, die war wie weggeblasen.
Das würde ich nie als Patentrezept empfehlen, aber das beißt sich mit dem, was ganz oft für Horrorgeschichten über Flooding erzählt werden.
2.) Strafe kann auch Sicherheit geben... nämlich genau dann, wenn die Strafe für das Tier kontrollierbar ist. Wenn das Tier ganz genau weiß, wie es diese Strafe vermeiden kann, dann stellt sich eine Erwartungssicherheit ein, das Tier lernt durch sein Verhalten seine Umwelt zu kontrollieren, also die Strafe zu kontrollieren... ergo das absolute Gegenteil von dem, was das Konzept der erlernten Hilflosigkeit besagt und was leider ganz oft als contra-Strafe argument angebracht wird.
3.) Um auf das Thema mit der Matheaufgabe und der Vogelspinne auf dem kopf zurückzukommen...
Lösungen, die Tiere in Stressituationen suchen, haben oft auch etwas mit dem Auslöser zu tun. Stress kann Lernen effektiver machen, Es lernt sich leichter, wenn das Verhalten gleichzeitig auch hilft, den Stress zu senken. (bestes Beispiel sind die Leute, die nur lernen können, wenn die Prüfung näher rückt
)
Wenn mir also mein Lehrer die Spinne über den Kopf hält und verlangt, dass ich die Aufgabe löse, wäre es doch leicht, wenn ich mich zwei Stühle weiter setze und dort meine Aufgabe mache... Ich glaube, so flexibel und reflektiert darf man auch als Hundehalter sein, wenn man aversive Methoden nicht per se ablehnt, dass man die Bedürfnisse erkennt und dann vllt entscheidet, ob das unbedingt sein muss oder ob man "intelligenten Ungehorsam" erlaubt.
Letzteren find ich großartig, meine Hunde dürfen gerne auch kreative Lösungsvorschläge anbieten.
Oder auf das "unter stress lernt man leichter, dem Bedürfnis angemessene Verhaltensweisen zu zeigen" auf ein konkretes Beispiel bezogen... Ich kann meine Hunde in ein Fuß zwingen, wenn wir andere Hunde sehen. Wenn ich aber einen Konflikt bei meinen Hunden bemerke, dann schlag ich mir keinen Zacken aus der Krone, wenn ich mein Kommando durchsetze, aber den Hunden zuliebe einen Bogen gehe. Wahlweise erlaube ich auch den Hunden es aufzulösen, wenn die anderen Hunde auf uns zugehen.
Dadurch wächst auch das Vertrauen in mich als Bezugsperson, weil ich zum einen kein sinnloses Kommando durchsetze, aber die Hunde gleichzeitig merken: "Die Alte nimmt unsere Bedürfnisse wahr, die hat nen Plan, auf ihr Urteil kann man vertrauen"