Ich hatte auch schon mehrere Akkus im Handgepäck, musste die auch auspacken, aber Probleme gab es noch nie, weder in Frankfurt, noch in Edi, Glasgow oder Aberdeen.
Nachts wird es kalt in meinem Drei-Jahreszeiten-Schlafsack, und ich ziehe den Fleecepulli und die dicken Wollsocken an.
So gegen fünf Uhr früh wache ich wieder auf. Was war denn das? Ein seltsames Geräusch, das ich nicht zuordnen kann, hat mich geweckt. Es prasselt auf die Zeltplane, ok, das ist Regen. Aber da streifte doch etwas mein Zelt. Da - schon wieder! Irritiert schäle ich mich aus dem Schlafsack (ist das kalt!!), öffne das Zelt, schaue nach draußen - oh nein. Nein. Das will ich nicht. Es schneit in dicken, nassen Flocken. Schnee sammelt sich auf dem Zelt und rutscht daran herunter, das ist das störende Geräusch.
Tür zu, Schlafsack zu, Augen zu, Frust an. Schnee. Was soll ich denn bitte schön damit? Es ist Mai! Ich mag dieses weiße Zeug nicht. Schon gar nicht mitten in den Bergen, ohne darauf eingestellt zu sein.
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Halb acht, der nächste Blick nach draußen. Es schneit unvermindert weiter.
Was tun? Im Kopf gehe ich die Möglichkeiten durch.
1) Wie geplant weglos zum Loch na h-Oidhche. Wo kein Weg ist, kann ich im Schnee auch keinen verlieren. Die Route ist auf dem Garmin gespeichert, also sollte die Orientierung auch klappen.
2) Dem Weg folgen ins Coire Dubh Mòr, runter zur Straße ins Glen Torridon, stranden in Kinlochewe. Das hat etwas von „aufgeben“.
3) Noch eine Stunde im Schlafsack dösen.
Ich entscheide mich für die dritte Möglichkeit.
So gegen neun Uhr wache ich wieder auf, ignoriere das Wetter, und gehe zur morgendlichen Routine über. Beim Zähneputzen entscheide ich mich für die erste Variante. Wird schon werden! Ich packe ein, gehe los, und stelle fest, dass sich das Wetter bessert. Der kalte Wind (wie war das mit meinem Wunsch?) vertreibt die dichten Schneewolken, und die Sonne lässt sich gelegentlich blicken. Heute sind außer der üblichen Kombi aus Wanderhose, Wollshirt und Hardshell auch Fleecepulli, Regenhose (als Windschutz), Handschuhe und Mütze angesagt.
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Ich folge dem Pfad noch ein wenig, und an einer mir geeignet erscheinenden Stelle verlasse ich ihn und biege ab nach Norden, dem Flowerdale Forest entgegen. Das Gelände ist zunächst hügelig und unübersichtlich, also gewinne ich erst einmal an Höhe, um mir einen Überblick zu verschaffen. Ich habe die Route zwar im Garmin gespeichert, will es aber ohne die Technik probieren. Wäre ja gelacht. Oha. Ich bin zu weit westlich vom Pfad abgebogen und stehe jetzt oberhalb des Loch nan Cabar. Macht nichts, es ist ein schöner See und ein toller Ausblick.
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Ich gehe weiter bergauf, am Loch nan Cabar vorbei. Hier oben ist es gut laufen - es ist trocken, keine Pfützen, kein Sumpf, keine Felsbrocken oder ähnliches stören das Vorankommen.
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Ich bleibe zunächst auf dieser Höhe, auch als große Felsbrocken einen Zickzackkurs erzwingen. Da vorne, im Norden, kommt eine dunkle Wolke angebraust. Und schon ist sie da, mit starkem Wind und Hagel quer von vorne. Ich setze mich in den Windschatten eines großen Felsens und warte, bis das Wetterchen weiter gezogen ist. Das wiederholt sich noch ein paarmal.
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Ich sehe es ein - so langsam muss ich die Höhe verlassen, der Carn na Feòla wird ein wenig zu steil, um einen bequemen Abstieg zu ermöglichen. Jetzt treffe ich auf die Reste von sumpfigem Land, auf mehr oder weniger ausgetrocknete Bogholes. Manche sind immer noch boggy, ein paar kleinere Seen sind auch dabei, aber hier freue ich mich über die Trockenheit.
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Ich behalte Beinn an Eòin im Blick und steuere auf ihn zu, so direkt wie möglich. Als bald darauf auch Baosbheinn zu sehen ist, halte ich auf die Lücke zwischen den beiden Bergen zu. Dort liegt mein heutiges Ziel, Loch na h-Oidhche und die kleineren Seen davor.
Immer wieder muss ich kleineren oder größeren sumpfigen Stellen ausweichen, es geht bergauf, bergab und wieder bergauf, bis ich endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, den Gorm-loch na Beinne unter mir sehe.
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Der Abstieg ist einfach, und ich gehe weiter zum Gorm-loch Fada. Eigentlich wollte ich hier zelten, aber ich fühle mich wie in einem Windkanal. Der eisig kalte Nordwind weht ungehindert über den Loch na h-Oidhche hinweg. Ich könnte die Hilleburg hier zwar aufbauen, und sie würde das auch aushalten, aber es wäre nicht mal ansatzweise gemütlich.
Ich gehe weiter. Auf dem Weg zur Poca Buidhe komme ich an zwei gut geeigneten Zeltplätzen vorbei - beide grasig, eben und nach Norden hin geschützt - aber ich habe mir in den Kopf gesetzt, am anderen Ende des Loch na h-Oidhche zu zelten. Im Windschatten der Bootshütte sollte das möglich sein.
Poca Buidhe war einmal eine Bothy. An der Tür hängt ein Schild auf dem steht, dass sie aufgrund wiederholter Verstöße gegen den Bothy Code geschlossen wurde.
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Ich folge dem Track zum Ende des Lochs. Von Sonnenschein ist nichts mehr zu sehen; ein Graupelschauer jagt den nächsten vor sich her. Am Ziel angekommen, muss ich feststellen, dass der Platz im Windschatten des Bootsschuppens bereits dauerhaft belegt ist, und zwar durch einen riesigen Felsen. Umpf. Egal, nicht zu ändern.
Die Tür zum Schuppen ist nicht verschlossen, so dass ich den nächsten Schauer dort drinnen abwarten kann. Zwei Boote liegen dort; daher ist kein Platz, das Zelt aufzustellen. Auf dem Boden will ich aber nicht schlafen, also baue ich das Zelt draußen auf. Trotz der Handschuhe sind meine Fingerspitzen nahezu gefühllos in der Kälte. Das Innenzelt einzuhängen ist eine Quälerei; vor allem die Befestigungen am Boden erweisen sich als widerspenstig. Matratze aufblasen, Rucksack ausräumen, Schlafsack raus, warme Socken anziehen, und rein in den warmen Schlafsack. Ich bin so erledigt, dass ich sogar aufs Abendessen verzichten will. Die heutige Strecke war nicht lang, auch nicht besonders anstrengend, aber die beiden letzten Stunden im kalten Wind haben mich fertig gemacht. Ich muss erst einmal auftauen…
Später sehe ich es ein: Ein warmes Essen muss her. Und eine heiße Schokolade. Dazu muss ich zwar nochmal raus in die Kälte, um Wasser zu holen, aber das macht nichts. Und siehe da: Mir geht es danach besser.
Es wird höchste Zeit, dass ich hier weiter von meiner Tour im Mai berichte. In gut 40 Tagen bin ich ja schon wieder unterwegs...
Also dann: Die Reise geht weiter!
Ein Wunsch geht in Erfüllung
Morgens genieße ich, ausgeschlafen und frisch geduscht, ein ausgiebiges Frühstück. Danach gehe ich gemütlich los, immer schön der Straße entlang. Zwei Angebote, per Anhalter mitzufahren, lehne ich ab. Es ist ein schöner Morgen, da genieße ich sogar das Gehen auf einer Straße.
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Ich transpiriere gut vor mich hin - es ist windstill und recht warm. Nur gut, dass die Midges noch nicht aktiv sind! In Torridon werde ich ein paarmal auf meine Pläne angesprochen. Zu meiner letzten Gesprächspartnerin sage ich, dass ich mir für die Wanderung kältere Temperaturen wünsche. „Are you sure?“ meint sie. Ja, bin ich. Man soll ja vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht. Manchmal geht ein Wunsch auch anders in Erfüllung als gedacht. Am Beinn Alligin Carpark biege ich ab ins Coire Mhic Nòbuil. Der Pfad ist sehr gut ausgebaut, die Sonne scheint ab und zu, ein leichter Wind weht - das Leben ist schön!
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Wieder fällt mir die Trockenheit auf. Erst in der Woche zuvor brannte es an der A832 unweit von Gairloch. Kurz geht mir der Gedanke durch den Kopf, wie ich mich in einem solchen Fall verhalten würde… Weiter geht es, immer wieder von Fotopausen unterbrochen. Der Pfad wird etwas, nun ja, weniger gut ausgebaut. Bei „normalen“ Bodenverhältnissen ist das hier sicher eine üble Schlammschlacht, denke ich mir. Heute jedoch nicht - ich komme gut voran.
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Auf einem Aussichtshügel mache ich Pause (mal wieder) und treffe den einzigen Wanderer für heute. Er läuft dieselbe Tour wie ich, nur in der entgegengesetzten Richtung, und gibt mir den Tipp, den erstbesten Platz zu nehmen, der sich zum Zelten eignet. Es könnte nämlich der einzige sein. „It’s kind of aquatic here“, meint er.
Das hatte ich sowieso vor. Später, am Loch Grobaig, mache ich mich ernsthaft auf die Suche nach einem Lagerplatz. Zu hanglagig, zu felsig, zu was-auch-immer; es ist echt schwierig. Fündig werde ich direkt neben dem Weg. Eine auf drei Seiten geschützte, ebene Fläche, mit weichem Grünzeug als Untergrund, wird mein Zeltplatz. Normalerweise steht sie vermutlich unter Wasser, glaube ich. Heute bildet sie eine bequeme Unterlage.
Ich hole Wasser, schaue noch ein wenig durch die Gegend, und erkläre den Wandertag für beendet. Es ist kühl geworden, und gerade als ich das Zelt hinter mir schließe, fängt es an zu regnen. Hoffentlich sumpft mein Platz nicht über Nacht ein.