Ihr versteht es nicht
Ich will dem Jungen seinen Hund nicht kaputt reden. Der Hund ist niedlich, wenn das Tierchen gesund ist und alle Umstände stimmen, dann ist doch alles paletti. Aber man wird ihm doch auch sagen dürfen - müssen? - was auf ihn zukommt, damit er und seine Familie sich darüber unterhalten und darauf einstellen können. So ein Welpchen braucht noch Nestwärme, wenn es noch so klein ist, ihm wird die Sozialisierung durch Geschwister und Eltern fehlen, es kann passieren, dass er dadurch psychisch geschädigt wird (kann, muss nicht!). Wenn das Tierchen wirklich erst 4 oder 5 Wochen alt ist, braucht es Muttermilch, muss warm gehalten werden, alle paar Stunden gefüttert, auch in der Nacht. Das ist für eine Person allein, auch für ein Kind, und sei es noch so engagiert, eine riesige Aufgabe. Jeder von uns, der einen "normalen" Welpen hatte und mal ein paar Wochen im 2-Stunden-Rhythmus Tag und Nacht aufgestanden ist, kann das nachvollziehen, wie kräftezehrend es ist.
Wenn dieser Findelhund also aufgepäppelt werden soll, muss die ganze Familie mitziehen und man sollte Eltern und Kind die Chance geben, sich vernünftig darüber zu unterhalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bisher geschehen ist, der Hund ist den ersten Tag da, es gibt viel Aufregung und wie so ein Kind ist, will es den Hund behalten. Wir wissen doch nicht, ob die Eltern wirklich ja gesagt haben oder nur "Ja, die Nacht bleibt er hier und wir finden morgen für ihn einen Platz."
Vielleicht gibt es ja auch die Möglichkeit, dass eine Organisation sich um das Hundchen kümmert, wo es vielleicht auch mit anderen Welpis aufwachsen kann, und Deniz sich den Hund dann später dort abholen kann? Dann hat er Zuhause mit seiner Familie und sein Onkel in der Türkei auch noch die Gelegenheit, sich für einen kleinen Hund einzurichten, schlau zu machen, das Finanzielle zu klären und so Dinge wie "Wer kümmert sich, im Fall, dass...?"
Wenn mein Neffe mich anriefe, "Claudia, ich hab in Berlin einen Hund gefunden, Mama sagt, ich darf ihn behalten aber er kann nicht mit zu mir nach Hause, kannst du ihn nehmen, er ist noch ganz ganz klein", ja, sicher, wer würde so ein Würmchen nicht nehmen wollen? Aber man muss sich dann auch fragen, ob man das kann. Der Onkel von Deniz wird ja arbeiten, hat er eine Familie, die sich dann um den Hund kümmert und mit ihm raus muss? Ein Welpe muss ständig vor die Tür und wenn es noch ein kleines Würmchen ist, das selbst gepäppelt werden soll, ist das ein Vollzeitjob.
Wenn ihr mich herzlos nennt, weil ich einen Anstoß dazu geben möchte, dass er sich Gedanken darüber macht und sich mit seiner Familie darüber unterhält, dann kann ich euch auch nicht weiterhelfen. Was, wenn es für die Beteiligten am Ende dann doch irgendwie ja zu viel Arbeit und zu kostenintensiv ist und der Welpe landet dann wieder auf der Straße?
Und eben weil der Junge erst 12 ist und noch nicht so verantwortungsbewusst denken und handeln kann, sollte man sich mit ihm darüber austauschen, nicht? Passt alles und sind alle einverstanden, dann ist es doch toll, dass er ein Tier großzieht und damit Verantwortung bekommt. Wenn der Hund bei ihm ein schönes liebevolles Zuhause findet, dann soll doch keiner was dagegen haben. Aber bastelt dem Jungen doch nicht eine Seifenblase aus "Gibt ihm Hüttenkäse und geh zum Tierarzt", damit ist es nicht getan. Ich kann mich echt manchmal nur wundern, wie manche Leute hier ihre Meinung mit dem Wind drehen 