Hallo ihr,
ich habe mich heute erst hier angemeldet, weil ich über diesen Thread gestolpert bin und ich mich genau mit dieser Problematik auch rumschlage.
Vorab: Meinen Herdi habe ich mit sieben Jahren vom Tierschutz übernommen. Ich hatte vorher immer schwierige Hunde, aber er ist bis heute doch eine ganz andere Nummer. Er hat bevor ich ihn übernommen habe ein halbes Jahr im Tierheim gesessen, davor hat er bei seinen Besitzern im Garten gelebt, ohne Kontakt zur Außenwelt (kein Gassigehen etc). Die Leute hatten ihn als Welpe übernommen, waren dann aber wohl total überfordert, so dass er im Garten vor sich hinvegitierte.
Hinzu kamen mehrere Allergien, die nicht behandelt wurde, er war ein wandelndes Filzpaket hatte Räude und ist jahrelang auf drei Beinen durch die Gegend gerannt, weil er das vierte dazu benutzt hat, sich ununterbrochen zu kratzen.
Das ist die Vorgeschichte, den Rest kürze ich jetzt ab. Es gab keinen einzigen Interessenten für ihn. Er hat sich im Tierheim von seiner schlechtesten Seite gezeigt, was für die Vermittlung auch nicht gerade förderlich war. Bei meinen ersten Gassigängen (er saß damals noch im Tierheim) hat sich dann gezeigt, dass er auch noch zu Übersprunghandlungen neigt. Wenn uns Hunde entgegen kamen und er so richtig schön in Rage war, er den „Gegner“ aber nicht erwischen konnte, hat er meinen Arm gepackt und auch so schnell nicht mehr losgelassen. Er hat nicht zugebissen, aber dass sich mein Arm in seinem Maul befand, war nun auch nicht unbedingt prickelnd. Er konnte das ganze auch noch steigern, indem er an mir hochsprang, mich umklammerte und in Richtung des „Gegners“ bellte. Ganz toll..
Dem Tierheim und mir war klar, dass die Haltung bei mir nicht optimal ist (große Wohnung mit großem Balkon im ländlichen Bereich, aber kein Garten), dass sich aber wohl kein „besseres“ zu Hause für ihn finden lässt.
Vorab: Mein Mann, ich und der Hund sind jetzt – fast vier Jahre später -glücklich. Funktioniert hat das nur mit einer Reihe von Kompromissen.
Wir wohnen rund drei Monate im Jahr an der Ostsee – und meine Vorstellung war auch, dass ich mit ihm schön am Strand auf einer Bank oder im Cafe sitzen und die Sonne genießen kann. Genau das geht bis heute nicht. Weil er – sobald er vor mir sitzt oder sich vor mir bewegt – extrem anfängt zu schützen. Ich kann das unterbinden, indem ich ihn seitlich neben die Bank nehme und – wenn andere Hunde vorbei kommen – kurz aufstehe und mich vor ihn stelle, so dass er hinter mir sitzt. Aber das ist mir einfach zu anstrengend, weil ich im Prinzip immer wachsamer sein muss als er, um alles, was ihn stören könnte, vor ihm zu entdecken. Wenn ich also ans Meer gehe, um dort zu relaxen, bleibt er zu Hause.
Laufen kann ich mit ihm am Meer, ich vermeide allerdings die Hochsaisonzeiten, weil unangeleinte Hunde, die auf uns zugerannt kommen, bis heute in Problem sind. Früher waren auch die angeleinten Hunde, die uns entgegen kamen ein Problem. Das haben wir jetzt aber super im Griff. Ich hatte einiges probiert, unter anderm Umdrehen und ausweichen und nix hat funktioniert. Funktioniert hat letztlich nur eines: Zügig – also schneller als normal – vorbei gehen. Da geht er dann meistens auch relativ locker an der Leine. Wenn er sich vorher schon hochschaukelt, weil der „Gegner“ am rumpöbeln ist, fasse ich ihn einfach am Halsband (ohne Ruck oder ähnliches), dann kommen wir da auch gut vorbei.
Achja: Ich würde ihn nie in einem Café ohne Leine liegen lassen und würde auch der Treaderöffnerin von solchen Experimenten abraten. Es genügt schon, dass er jemanden bedroht, damit du eine Anzeige bekommst. Und ich finde es mit einem Herdi auch ein wenig verantwortungslos.
Ich habe gesehen, dass du dir eine Wohnung mit Gartenzugang zulegen willst. Sicherlich ist das schön für den Hund, ABER: Meiner ist in der Wohnung auch total still, auf dem Balkon mit bester Sicht auf Straße und Nachbarschaft macht er richtig rabatz. Ich vermute, dass deine auch so reagieren wird und es ist ein ganz normales verhalten, wo du aber sicherlich in Hamburg so richtig schön ärger bekommen kannst.
Du musst wissen, wie deine Prioritäten gesetzt sind: Wenn du wirklich einen Begleiter für Stadt und Café suchst, wirst du mit diesem Hund auf Dauer nicht glücklich. Noch ist sie jung – übelege gut, ob du dir das die nächsten zehn Jahre „antun“ willst, oder ob es nicht vielleicht besser ist, sie abzugeben. Oder aber du gehst eine ganze Reihe von Kompromissen ein, dazu wird wahrscheinlich auch gehören, dass sie nie ein angenehmer Café-Begleithund wird – damit ihr beide glücklich werdet.