Hi Wakan
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Ist dieser Unterschied auch ausschlaggebend in der Erziehung des Hundes. Wenn beispielsweise ein recht streitbarer Mensch den Hund erzieht?
Absolut. Deshalb ist es meiner Meinung nach auch unerlässlich, dass man sich als Hundehalter mit dem Verhalten von Hunden auseinandersetzt. Gerade was Konflikte/ Bestrafung/Erziehung angeht, haben Mensch und Hund ja ein ganz unterschiedliches Verhalten.
Als Beispiel: der Hund stellt irgendeinen Blödsinn an. Der Mensch wird sauer, ruft den Hund zur Ordnung, schimpft, schreit ihn womöglich an und macht seinem ganzen Ärger Luft (ist an dem Tag womöglich sowieso schlecht drauf). Der Hund zeigt deutliche Beschwichtigungssignale, schmeißt sich vielleicht sogar auf den Rücken, aber der Mensch schimpft weiter. Der Hund lernt, dass es ihm nichts bringt, wenn er beschwichtigt und sich unterwirft. Dadurch kann ein Hund total verunsichert werden und die Bindung zu seinem Menschen kann enorm leiden.
Außerdem "leiden" wir Menschen ja natürlicherweise unter verschiedenen Stimmungen. Mal sind wir gut drauf und an manchen Tagen sind wir überempfindlich und gereizt. Trotzdem sollte man als Hundehalter darauf achten, diese Launen nicht auf den Hund zu übertragen. Wenn ein und dasselbe Fehlverhalten des Hundes uns an einem Tag nur ein müdes Lächeln entlockt, aber am nächsten Tag eine regelrechte Explosion unsererseits nach sich zieht, ist das für den Hund nicht mehr nachvollziehbar.
Ich bin durchaus der Meinung, dass man einen Hund "versauen" kann, wenn er von jemanden erzogen wird, der sein Temperament selber nicht unter Kontrolle hat. Das kann sicher so weit gehen, dass der Hund lernt, dass Konfliktsituationen eben NICHT duch Unterwerfen beendet werden, sondern dass so ein Konflikt bis zum bitteren Ende ausgetragen wird. Wenn der Hund in seiner Erziehung gelernt hat, dass Beschwichtigen und Unterwerfen nichts bringen, wird er sicher früher oder später bei Konflikten mit anderen Hunden oder sogar Menschen entsprechend verhalten. Sei es aus Unsicherheit und Ängstlichkeit ("ich kann die Situation sowieso nicht klären, also greife ich lieber an"), oder bei Raufereien die Unterwerfung des anderen nicht akzeptieren.
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Oder stellt Euch eine Situation vor wie sie jeden Tag gibt. Die Kinder spielen mit Freunden im Garten wie fast an jeden Wochenende. Es gibt Streit zwischen den Kindern. Plötzlich rennt der tatsächlich hervorragend sozialisierte und perfekt erzogenen Familienhund los und greift eines der Kinder an. Zufall oder Zwangsläufigkeit?
Ich denke, dass kann man so einfach nicht erklären. Welche Rasse, wie alt, sieht er die Kinder der Familie als untergeordnete Rudelmitglieder, die eventuell beschützt werden müssen? Greift er aggressiv an und beißt wirklich zu, oder ist es eher ein Verwarnen?
Grundsätzlich reagiert ein Hund absolut artgerecht, wenn er versucht seine Rudelmitglieder vor Fremden zu beschützen. Dass so ein Streit unter Kindern ja eigentlich nichts Schlimmes ist, kann der Hund nicht abschätzen. Er sieht nur, dass ein Konflikt besteht und seine Rudelmitglieder möglicherweise in Gefahr sind, also greift er klärend ein.
Nun ist es aber an den Menschen, das Verhalten des Hundes richtig einzuordnen (möglichst ohne dass der Hund als aggressiv im Tierheim landet) und solche Situationen in Zukunft zu vermeiden.
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Eine Ehekrise mit anschließender Scheidung. Ein Hund hört nicht mehr oder wird als aggressiv im TH abgegeben.
Ist der Hund tatsächlich nur durch die schlechte Stimmung irritiert oder verunsichert? Oder ist das Konfliktverhalten selbst ausschlaggebend?
Ich denke, dass kommt auch wieder auf die Situation an. Haben sich die Eheleute oft und lautstark gestritten, sind womöglich sogar handgreiflich geworden, können sie in den Augen des Hundes völlig ihre Autorität und Führungsqualität verlieren. Hunde klären ihre Konflikte anders. Kurz aber präzise. Danach ist wieder Ruhe. Lange Streitereien und Brüllereien sind hundeuntypisch. Genauso, wie so eine schwärende unterschwellige Spannung, die in solchen Situationen entstehen. Hunde regeln ihre Streitigkeiten und danach ist die Sache bereinigt.
Je nach Wesen des Hundes, kann er darauf mit Ängstlichkeit und Unsicherheit, aber auch mit Aggressivität und Dominanz reagieren. Die Menschen zeigen kein Verhalten, dass ein souveränes Leittier zeigen würden, also ist die ganze Rudelstruktur durcheinander. Manche Hunde würden bestimmt versuchen, die vacante Stelle des Rudelführers zu besetzen um das Überleben zu sichern.
liebe Grüße
Steffi