Ich werde vermutlich nie verstehen, was am Prinzip der "positiven Verstärkung um jeden Preis" so erstrebenswert ist. Ganz gleich wie ich es drehe und wende: die operante Konditionierung bietet nunmal vier Möglichkeiten um Verhalten zu beeinflussen, die alle ihre Daseinsberechtigung und einen Sinn haben (sonst würde es sie nicht geben). Es gibt zwei, um ein Verhalten zu hemmen und zwei um ein Verhalten zu fördern. Auch das hat einen Sinn und auch wenn häufig das Gegenteil behauptet wird: auch Hemmung funktioniert. Und deshalb stürzt der Hund nicht gleich in erlernte Hilflosigkeit, verliert Vertrauen oder Bindung oder liebt mich nicht mehr. Denn wenn dem so wäre, wären die zwei Straf-Wege schon lange ausgestorben.
Ich finde es einfach nur einleuchtend, dass ich Verhaltensweisen, die ich hemmen möchte, nunmal hemme und Verhaltensweisen, die ich häufiger sehen will fördere. Kein normal denkender Mensch käme auf die Idee, eine Verhaltensweise, die häufiger auftreten soll, so aufzubauen, dass er alles andere hemmt. Aber dem heutigen Hundehalter wird erklärt, dass es besser ist, wenn er ein Verhalten hemmen möchte, alles zu bestärken, was nicht der zu hemmenden Verhaltensweise entspricht. Sorry, aber das kann einfach nicht ernst gemeint sein.
Ich selbst verzichte auf den bewussten Einsatz von negativer Verstärkung (und ich bin mir sicher, dass ich sie dennoch oft genug unbewusst einsetze). Aber nicht, weil ich behaupte, dass sie nicht funktioniert, sondern weil ich es einfach moralisch für mich nicht in Ordnung finde. Wenn jemand aus dem gleichen Grund positive Strafe für sich ausschließt ist das für mich auch ok. Ich komme aber schon ins Stocken, wenn mir jemand erklären will, dass positive Strafe unfair ist, nicht funktioniert und positive Verstärkung im Bereich der Verhaltenshemmung besser funktioniert.
Viele Grüße
Frank