Beiträge von Phantomaus

    Ich bin bei abgelaufenen Sachen auch nicht pingelig - für mich nicht und für den Hund auch nicht. Ich hatte allerdings mal eine Packung Garnelen, die ein paar Tage drüber war, aber noch okay roch. Für mich fand ich die Dinger dann doch etwas zu kritisch, aber der Hund frisst ja noch viel totere Dinge. Dachte, ich hätte den Super-Snack fürs Training, gebe ihr eine davon mit großem Tamtam zum Probieren und sie spuckt sie mir vor die Füße. Der Hund, der alles frisst und der einem sogar Medikamente aus den Fingern reißt. Die müssen echt höllenmäßig giftig gewesen sein ;-)

    Was Du da beschreibst, klingt aber schon nicht mehr nach dem üblichen Stinkstiefeln, wie man sie immer mal wieder trifft. Die Reaktion war derart übertrieben, dass ich denke, dass die Frau wahrscheinlich psychische Probleme hat. Sieh es so, dass sie arm dran und wahrscheinlich einfach insgesamt ein bisschen verstört ist. Vielleicht hilft Dir das, Dir das nicht so zu Herzen zu nehmen...

    Ich denke, das moralische Problem entsteht immer da, wo unseriöse Menschen die Verzweiflung anderer ausnutzen. Und das sind dann die Scharlatane, die vorgeben, Krebs oder böse Flüche vertreiben zu können.

    Ich kann mir nicht denken, dass jemand moralische Probleme mit Angeboten wie "Pfotenlesen" oder "Körbchen auspendeln" hat. Wer an solchen Dienstleistungen Interesse hat, bezahlt doch gerne und ohne Not diesen Luxus. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Geringverdiener sich grämt, dass die artübergreifenden Seelenverschmelzungskurse immer so kostspielig sind.

    Weniger flapsig: Wenn jemand an Homöopathie glaubt, glaubt er auch daran, dass die Präparate und der Therapeut ihr Geld wert sind. Wer nicht für "einfach nur Handauflegen" bezahlen will, ist eben beim Reiki an der falschen Adresse. Wenn man sich einfach nur kostengünstig in alle Richtungen absichern will - nach dem Motto "schaden kann's ja nicht" - dann kann man auch in der Kirche eine Kerze anzünden.

    Bei teurem Tinnef regeln doch auch Angebot und Nachfrage den Preis. Super Idee, Patent drauf, will jeder haben, soll gerne der Erfinder reich mit werden. Man ist ja nicht gezwungen, zu kaufen. Man kann sich ja auch selbst was ausdenken.

    Diese Regeln sind ein bisschen albern, das stimmt wohl. Ich glaube auch nicht, dass man genau diese Gesetze beachten muss, damit der Hund "funktioniert". Wölfe sind wir alle nicht, nichtmal der Hund, daher sind alle Regeln ohnehin erstmal ein abstraktes Konzept.

    Aber einem ängstlichen Hund tut es gut, Strukturen und Regeln zu haben. Welche das sind, ist im Grunde schnurz. Da kann man auch beschließen, dass der Hund zwar immer aufs Sofa darf, aber niemals die Abstellkammer mit der Futtertonne drin betreten darf. Man kann erlauben, dass der Hund bellt, wenn es klingelt, aber festlegen, dass er dafür in seinem Körbchen sitzen muss. Dass er die Teller in der Spülmaschine nur ablecken darf, wenn ich die Erlaubnis gebe. Dass alle Holzscheite für den Kamin mir gehören und er keins haben darf. Solche Dinge. Man muss sich ja keine Regeln machen, bei denen man sich selbst und den Hund verbiegen muss. Aber man kann sie so machen, dass man sich das Leben leichter macht.

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    Verwöhnen und Betütteln ist auch okay, kommt nur drauf an wann.

    Und da liegt glaube ich auch der Hase im Pfeffer. Es ist eine Sache, seinen Hund zu streicheln, zu spielen und ihm was vom Essen abzugeben. Vollkommen okay. Aber doch nicht IMMER dann, WENN DER HUND ES WILL!

    Genauso die Sache mit der Tür und wer zuerst durchgeht. Kein Problem, wenn der Hund auf den Halter achtet, da fällt keinem ein Zacken aus der Krone, wenn der Hund vorläuft. Aber nicht okay, wenn der Hund Vollgas gibt und den Halter hinterherschleift.

    Und bei solchen Sachen würde ich ansetzten - und man kann das wirklich so machen, dass man sich nicht wie ein hartherziger Tierquäler fühlen muss. Der Hund wartet zum Beispiel vor der Tür und wenn er sich vordrängeln will, mache ich die Tür wieder zu. Da muss ich nicht laut oder böse werden, das geht ganz locker. Wenn der Hund beim Essen bettelt, schick ich sie ins Körbchen. Wenn sie da ein Weilchen artig gewartet hat, kriegt sie was ab. Wenn sie nicht artig wartet, bringe ich sie wieder ins Körbchen und es gibt nix. Wenn ich gerade Zeit habe, spiele und schnuffel ich mit dem Hund. Das ist auch total wichtig. Aber ich gehe möglichst selten darauf ein, wenn der Hund meint, dass sie jetzt unterhalten werden will.

    Und immer, wenn ich was verbiete, zeige ich dem Hund, was sie stattdessen machen soll. Und dafür kann ich sie dann mit vollen Händen belohnen, betüddeln oder ihr sonstwas Gutes tun.

    Weshalb man allerdings einen schlafenden Hund hochscheuchen soll, wenn's nicht sein muss, leuchtet mir nicht ein. Man muss sich jedenfalls alle Rudelführer-Tipps sorgfältig angucken, ob das für den eigenen Hund Sinn macht oder nicht. Und da ist jeder Hund ein bisschen unterschiedlich. Was für den einen eine wichtige Ressource ist (Schlafplätze, Spielzeug, Nähe zum Menschen, Wachposten), ist dem anderen egal.

    Wie Du die Sache mit der Leinenführigkeit beschreibst, lässt mich auch vermuten, dass sie sich eben nicht an Dir orientiert – dass sie gestresst vorläuft und gar nicht mitkriegt, dass Du am anderen Ende der Leine ganz entspannt bist. Dazu hat sie noch den Stress, gegen Deinen Gegenzug anzukämpfen. Ihr die Leinenführigkeit und die Orientierung an Dir zu vermitteln wird eine mühsame und langwierige Geschichte werden, aber davor solltest Du Dich nicht drücken. Das ist wirklich für die Angstproblematik wichtig.

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    Hätte ich so einen "Schredderhund", dann würde dieser nur ein Spielzeug zur freihen Verfügung haben (wenn überhaupt, wahrscheinlich eher auch nur mal für ne Zeit).


    Genauso sieht's bei uns aus. Sie hat ein Kauseil rumliegen, das einerseits gelegentlich als Spielzeug dient und auf dem sie andererseits draufrumbeißen kann, wenn sie sich gestresst fühlt. Nur wegen dieser Stressabbaufunktion liegt es überhaupt rum.

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    Mal eine Frage (wirklich ernst gemeint!): Wie viel Geld gebt Ihr so für Spielzeug aus???


    Ungefähr einmal im Monat gibt's ein neues Kauseil für ca. 3,- EUR. Und schätzungsweise einmal im Jahr ein neues Gummidingsi für ca. 10,- EUR. Das ist bei uns sehr überschaubar.

    Die Angst hängt auf alle Fälle auch mit dem Vertrauen in den Menschen zusammen. Der Hund bewertet dabei dummerweise die Führungsqualitäten des Menschen - und nicht die Nettigkeit ;-)

    Das heißt nicht, dass Du ein Arsch sein musst, damit Dein Hund dich als Held ansieht. Aber diese gewisse Nachsichtigkeit im Alltag, wie Du sie beschrieben hast, trägt dazu bei, dass sie sich bei Dir nicht sicher genug fühlt. Aber es ist nicht zu spät, daran etwas zu ändern.

    Bei einem ängstlichen Hund muss man das Training bedacht angehen und es sind oft die kleinen Ungeschicklichkeiten (sich vorbeugen, mit der Leine fuchteln etc.), die vom Hund missverstanden werden. Achte daher beim Training auf Deine Körpersprache, steh gerade, hampel nicht herum, nutze ruhige, eindeutige Zeichen und Befehle. Verlang nichts, was sie nicht leisten kann. Geh nicht trainieren, wenn Du selbst nicht gut drauf bist oder nur wenig Zeit hast. Aber gib ihr klare Regeln: Das hilft ihr, die Welt zu verstehen.

    Wie ist denn Dein zweiter Hund eigentlich drauf? Orientiert sie sich an dem?

    Du brauchst jedenfalls ganz viel Zeit und Geduld für den Hund. Es lohnt sich, da ein (Trainings-)Tagebuch zu schreiben, was wann wie schlimm den Hund erschreckt hat, wo sie plötzlich mal ganz mutig war etc. Dann sieht man die Fortschritte besser!

    So Dinge wie die Steinlöwen sind wahrscheinlich wirklich nach zweimal Dazusetzen okay - die bewegen sich ja nicht und machen keinen Krach. Also sind sie ein gutes Übungsobjekt für den Anfang. Die Methode mit dem Dazusetzen ist jedenfalls gut: Den Hund dabei nicht locken und nicht versuchen auszutricksen, sondern einfach zum Gruselobjekt hingehen und warten und gegebenenfalls Kekse bereithalten. Wenn es sehr gruselig ist, nur so nah herangehen, dass der Hund zwar nervös ist, aber noch nicht vor Panik ausflippt.

    Das doofe bei Hunden mit schiefgelaufener Prägephase ist, dass die ihre Erfahrungen nicht gut "verallgemeinern" können. Das heißt, wenn diese bestimmten Steinlöwen kein Problem mehr sind, heißt das nicht, dass alle Tierstatuen kein Problem mehr sind. Du kannst also nicht darauf hoffen, alle Angst "in einem Rutsch" zu besiegen. Aber es wird Stück für Stück besser, je mehr Gelegenheit sie bekommt, die Dinge in ihrem Tempo kennenzulernen.

    Zu Hause würde ich es allerdings wirklich ignorieren, wenn der Hund irgendwo Gespenster sieht und sich unters Bett verkriecht. Liegt sie halt unterm Bett, wenn sie sich da sicherer fühlt. Je mehr man da drauf reagiert, anfängt den Hund zu locken etc. desto misstrauischer wird sie werden. Am besten ist es, wenn man ganz normal seinen Alltag weiterlebt, auch wenn da gerade ein Paket/ein Besen/ein Sack Reis im Flur steht, der das Weltbild des Hundes erschüttert.