Ich finde es immer wieder interessant, daß die „Sylvesterangstproblematik“ regelmäßig ganz plötzlich kurz vor Jahresende auftaucht. Dann muß der Rest des Jahres irgendwie überstanden werden und das Thema wird wieder vergessen. Kaum einer beginnt direkt NACH Sylvester mit dem Training für das nächste Jahresende !!
Einen geräuschempfindlichen Hund kann man nicht in 3 Wochen therapieren, das dauert Monate. Sinnvoll wäre ein Training das ganze Jahr über, was auf diese Zeit hinarbeitet – also bitte für nächstes Jahr vornehmen !
Zuerst wäre aber zu klären, ob der Hund das entsprechende Verhalten aus Angst zeigt, oder ob es bereits eine Phobie ist. Wichtig ist auch die Ursache für diese Geräuschempfindlichkeit, ist es eine genetische Disposition, von der Mutter erlerntes Verhalten, eine unzureichende Sozialisierung und Habituation, oder beruht sie auf negativen Erfahrungen ?
Trainieren kann man nach zwei Möglichkeiten:
Die systematische Desensibilisierung : Der Hund wird mit dem angstauslösenden Reiz in geringer Intensität konfrontiert, sodaß dieser entspannt bleibt. Über Wochen und Monate hinweg wird die Intensität erhöht, bis der Hund nicht mehr darauf reagiert. Diese Form der Therapie dauert sehr lange und der Hund darf während dieser Zeit nie an der „Angstgrenze“ gearbeitet werden.
Die klassische Gegenkonditionierung: Die Angst vor einem Geräusch soll durch eine positive Emotion ersetzt werden (Spiel, Futter). Bedingung ist, daß das zu erreichende positive Gefühl stärker ist, als der angstauslösende Reiz. Zeitaufwändiges, aber effektives Training.
Die besten Ergebnisse erzielt man bei einer Kombination beider Methoden.
Beginnt die Knallerei kann man je nach Ansprechbarkeit des Hundes mit ihm ein Aufmerksamkeitstraining machen (Konzentration auf Frauchen, anstatt auf den Reiz), auch kauen und buddeln beruhigt.
Ansonsten hilft nur den Hund möglichst stressfrei zu halten, den Alltag so gewöhnlich wie möglich zu gestalten, in der Wohnung Fenster, Rolläden, etc. schließen, Rückzugsorte zugänglich machen, eine (normale) Geräuschkulisse erzeugen (TV, Radio) und vollkommen gelassen zu bleiben. Hat der Hund eine extreme Phobie, leidet er wirklich, können Medikamente hilfreich sein,
Nach Absprache mit dem TA sollte eine längerandauernde Therapie mit Benzodiazepinen erfolgen. Neben vielen anderen Mitteln ist diese Gruppe (Alprazolam, z.B. Tafil) aufgrund der stark angstlösenden, aber nur gering sedierenden Wirkung am geeignetsten. Aufgrund eines möglichen Reboundeffektes sollte das Mittel ausgeschlichen werden, also keine „Pille für einen Abend“ ! Nebenwirkungen sind ein alberner, verfressener, evtl. aggressiver und ungehorsamer Hund, der während der Medikamentengabe an der Leine bleiben muß.
Bitte nicht irgendwelche Mittel auf Verdacht geben, Neuroleptika (z.B. Vetranquil) können die Angst verstärken, manche greifen in den Neurotransmitterhaushalt ein oder können bei bestehenden Herz- oder Leberproblemen gefährlich werden. Bitte nur Mittel (auch Homöopatische) nehmen, bei denen es Erfahrungswerte für Hunde gibt !
Ansonsten kann ich nur zwei Wochen Urlaub in der Einsamkeit empfehlen :wink: