Über Legalität und Illegalität der Kastration
Zum Schluss noch ein Hinweis: Die Kastration eines Hundes ist keine Kleinigkeit, sondern gilt nach deutschem Tierschutzrecht als Amputation. Eine Amputation kann man nicht einfach nach Lust und Laune durchführen, sondern es bedarf einer medizinischen Indikation. Diese ist selbstverständlich bei akuten Erkrankungen wie einer Gebärmutterentzündung oder Hodenkrebs gegeben. Frühkastrationen organisch gesunder Hunde kann man mit gutem Willen als gesundheitliche Vorsorge ansehen - zumindest so lange, wie mögliche gesundheitliche Negativwirkungen entweder nicht erforscht sind oder, was hier eher der Fall zu sein scheint zu wenig bekannt sind.
Bedenkt man das Indikationsrisiko bei kastrierten Hündinnen jedweden Alters, stellt sich aber die Frage, ob Kastration als reine Prophylaxemaßnahme tatsächlich eine eindeutige medizinische Indikation ist. Wenn man sich dann nochmals Zahlen von Studien vor Augen hält, wonach ein Großteil der Rüden aufgrund von Verhaltensproblematiken kastriert wird, so fragt man sich, wie es da um die Legalität bestellt ist. Bedenkt man ferner, wie groß der Anteil der Hunde ist, die aus Bequemlichkeitsgründen der Halter kastriert worden sind, so muss hier klar festgehalten werden: Eine Erleichterung der Haltung allein ist kein unerlässlicher Grund für eine Kastration. Ist der Anlass für eine Kastration das Vermeiden von Nachwuchs oder Läufigkeit, so handelt es sich nicht um eine medizinische Indikation, sondern nur um eine die Haltung des Tieres erleichternde Maßnahme. Als Konsequenz müsste die Kastration in diesem Fall abgelehnt werden.
Handeln Tierärzte noch gemäß des geltenden Tierschutzrechtes, wenn sie Hündinnen kastrieren, weil den Haltern die Läufigkeit ihrer Hündin lästig ist, und wenn sie Rüden kastrieren, weil ihre Halter sie erzieherisch nicht in den Griff bekommen? Viele Hundehalter lassen - streng genommen - ihren Hund illegal kastrieren, was den meisten Hundehaltern aber nicht bewusst sein dürfte, da sie die entsprechenden Bestimmungen in der Regel kaum kennen und sich voll und ganz auf ihren Tierarzt verlassen. Der mag sich auf die Ausschlussklausel berufen, wonach eine Amputation zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung erlaubt ist.
Nur: Wer allen Ernstes behauptet, dass eben diese unkontrollierbare Fortpflanzung nur durch Kastration zu verhindern sei, der muss sich die Frage gefallen lassen, wie viel er von Hundehaltung und Hundeverhalten versteht. Wir haben es hier mit einer Grauzone zu tun, die offenbar nicht weiter diskutiert wird. Selbst wenn man die Ausnahmeklause in von § 56 Tierschutzgesetz großzügig auslegen will und so die Kastration normaler Haushunde in Familien als gedeckt ansieht - ein schaler Beigeschmack bleibt.
Die Kastration bedeutet eine Amputation und steht, vom Gesetz hergesehen, damit in einer Reihe mit dem Kupieren von Ohren und Ruten. Die Rechtmäßigkeit von Kastrationen müssen im Einzelfall Gerichte prüfen. Verwertbare Urteile dazu sind im Moment nicht bekannt.