Puh, drei Seiten, ihr habt aber fleißig geschrieben.
Noch mal kurz zu den Schmerzmitteln:
Natürlich ist das auf eine gewisse Art unnatürlich. Genauso unnatürlich, wie einem Diabetiker Insulin zuzuführen. Einem herzkranken Patienten Herzmedikamente zu geben. Alle diese Medikamente könnten dazu führen, dass sich der Patient dann überfordert.
Ich persönlich muss sagen: wenn das das Kriterium wäre, dann müsste ich zunächst einmal mich selbst einschläfern. Aber ich kann sagen, dass ich trotz vieler krankheitsbedinger Einschränkungen Freude am Leben habe. Das war nicht immer so, aber inzwischen ist es so. Und so erlebe ich es auch bei der Omi.
Die Omi bekommt ihre Schmerzmedikamente. Überfordern tut sie sich deswegen eigentlich recht selten. Geht es ihr gut, steht sie am Törchen und will mit, wenn ich mit der Kleinen den Garten verlasse. Geht es ihr schlecht oder hat sie schlichtweg keine Lust, ignoriert sie mein Weggehen und sucht weiter im Garten nach Köstlichkeiten. Wenn sie dann aber mal mit geht, dann hat sie in der Regel auch Freude daran. Heute war ein windiger Tag, es gab überall was zu schnuffeln. Man konnte ihre Augen glänzen sehen. Die Äuglein glänzen, wenn sie sich auf die Decke fallen lässt, auf der ich vorm Kamin liege und sie sich ganz nah ankuschelt. Sie glänzen jeden Tag, wenn es langsam Essenzeit wird. Und solange das noch regelmäßig so ist, sehe ich kein "ich-will-nicht-mehr" bei ihr.
Ein Leben mit Einschränkungen ist etwas, an das sich auch ein Hund gewöhnen kann. Die Einschränkungen an sich sagen noch nichts über die Lebensfreude. Natürlich, sie ist früher gern herumgerannt. Als sie noch jung war. Als es mir noch besser ging, habe ich auch andere Hobbys gehabt. Aber die haben sich geändert. Was ja aber nicht heißt, dass die Lebensqualität nicht mehr da ist.
Sicher gibt es Menschen, die irgendwann nicht mehr wollen und können. Und genauso gibt es die, die in der selben oder selbst in schlimmeren Situationen kämpfen und dem Leben das Gute abgewinnen können. Und dann gibt es noch ganz unerträgliche Situationen. Ebenso gibt es Hunde, die sich aufgegeben haben. Und welche, die bis zuletzt noch Freude am Leben haben. Und es gibt auch da unerträgliche Situationen. Aber ich denke, dass das alles viel zu individuell ist als dass man es an einem äußeren Geschehen (wie z.b. der Notwendigkeit einer Schmerzmittelgabe) festmachen könnte. Die Entscheidung, wann ein Leben zuende gehen soll, ist so individuell, wie es Hunde gibt.
Klar ist für mich, dass ich meinen Hund nicht zwingen werde, weiter zu leben, wenn er nicht mehr will. Und ich glaube, dass man das deutlich merkt. Aber noch ist die Dame trotz ihrer Gebrechlichkeit und des Tumors sogar noch humorvoll genug, mich auszutricksen. Grinst sich eins, wenn sie es geschafft hat. Wer das gesehen hat, der glaubt nicht, dass es da schon Zeit ist. Die Tierärztin bewundert immer wieder den Willen dieser alten Dame, die schon zweimal als hoffnungslos betitelt war und es immer wieder geschafft hat, sich aufzurappeln. Weil sie leben wollte. Sie hatte einen denkbar schlechten Start ins Leben und ich habe so das Gefühl, sie kostet es aus bis zum letzten Moment. Dass es Einschränkungen gibt, das kennt sie ja. Das war früher nicht anders. Aber jetzt, jetzt hat sie außer Einschränkungen auch noch ein liebevolles Zuhause, wo sie umsorgt wird. Ich kanns bei ihr echt noch nicht erkennen, dass es an der Zeit wäre.