Hallo ihr Lieben,
heute möchte ich mich mal ausweinen, weil wir eine echt bescheuerte Begegnung mit einigen Hundehaltern hatten. Übrigens ist es diesmal ein Bericht von der anderen Seite.
Herr Leon und ich waren im Feld.
Inzwischen können wir mit den Panikattacken ja ganz gut umgehen, aber es gibt trotzdem noch schwache Momente. Ein Gewitter lag in der Luft und aus der Ferne hörten wir dumpfe Knallgeräusche ... Herr Leon klebte zitternd an meinem Bein. Ich hab den alten Herrn natürlich gelobt, denn das war unser Ziel - kein Flüchten, kein Kauern.
Ich war also in höchst-erfreuter Grundstimmung, als es plötzlich hinter mir brüllt: "Ich fass es nicht!"
Ein Mann mit Hund stapft wutentbrannt frontal auf uns zu.
Dass das genau die Situation ist, die mein Angsthund jetzt noch braucht um in die Panik zu kippen, kann der gute Mann ja nicht wissen. Ich baue mich also vor Herrn Leon auf, um ihn nach Möglichkeit aus der Situation herauszuhalten.
Ich lächle.
"Der Hund hat Angst vor Ihnen und Sie loben denn noch!"
Das Lächeln gefriert zu Eis und ich überlege, ob ich ihm die Flexi vielleicht nicht besser um seinen dürren, faltigen Hals ziehen sollte. Ich setze zu einer Erklärung an, als er loslegt:
Er erzählt mir, dass er und andere Spaziergänger schon häufiger beobachtet hätten, dass der Hund panische Angst vor uns habe. Er habe sogar schon mehrere Fluchtversuche unternommen, aber wir würden ihn immer wieder einfangen.
Außerdem herrsche bei uns Drill. Man habe schon häufiger beobachtet, dass der Hund sich nur auf Handzeichen an den Wegesrand setzt, wenn Fahrradfahrer oder Jogger vorbeikommen. Das sei Drill! Was müsse der Hund eine Angst vor uns haben, dass er so gehorcht!
Aber was könne man von uns erwarten, wo wir doch zu faul seien, die paar Meter ins Feld zu laufen. Und die Zähne des armen Hundes ... über die brauche man ja gar nicht sprechen. Wahrscheinlich waren wir sowieso noch nie mit dem Hund beim Tierarzt - würde ja zu uns passen.
Ich habe ihn nicht mit seiner Flexileine erdrosselt.
Das gemeine an der Situation war, dass hinter mir noch immer Herr Leon in einer Angstphase hockte. Herr Leon ist sehr empfinglich für meine Stimmungen - eine befreundete Hundetrainerin macht immer Witze darüber, dass der Hund und ich immer stimmungssynchron sind - also irgendwie versuchen halbwegs ruhig zu bleiben und trotzdem nicht an innerer Wut zu ersticken.
Ich hab nur die Augenbrauen hochgezogen, als er fertig war.
Ich hab mir fest vorgenommen, überhaupt gar nix zu sagen.
Ich konnte es aber nicht.
Also habe ich dem guten Mann erzählt, dass wir Herrn Leon mit zehneinhalb Jahren aus dem Tierheim übernommen haben - mit massiven Angstzuständen und wie großartig die Situation sich verbesser hat. Ich habe ihm erzählt wieviel Freude der alte Herr an neuen Kommandos und Tricks hat - von wegen Drill! Ich habe erzählt, dass er den Weg durch den Ort nicht mehr schafft. Wenn wir im Feld angekommen sind, humpelt und keucht er und möchte nach Hause. Ich möchte aber, das mein Opa das Beste vom Spaziergang mitnimmt ... das Feld und nicht den Weg durch den Ort dorthin! Also fahren wir ihn! Ich habe erzählt, dass der arme Kerl schlechte Zähne hat und wir bereits 2000 Euro in die Sanierung investiert haben ... und und und.
Der Mann hat sich sofort entschuldigt. Er war richtig sprachlos, sichtlich beschämt.
Ich war auch beschämt, weil ich ihm seine Irrtümer so um die Ohren gehauen habe. Ich hatte mich einfach nur so angegriffen gefühlt. Es tut schon auch weh, wenn man als schlechter Hundehalter dargestellt bzw. wahrgenommen wird.
Wir sind dann noch ein Stück zusammen gelaufen.
Herr Leon hat sich erholt und tobte mit dem anderen Hund ein bisschen durchs Feld.
*grummel*
Eure Tierquälerin,
Känguruh
:-)