Hallo,
ich finde es gut, dass unabhängig vom "auslösenden" Thread hier noch einmal ein Austausch zu diesem Thema stattfindet.
Ich selbst habe bisher in diesem einen Moment, in dem die Entscheidung zum Einschläfern stattgefunden hat, immer sehr genau gewußt, dass JETZT dieser Moment gekommen ist.
Kurz vorher waren immer noch leise Zweifel da - aber, in diesem einen Moment waren sie wie weggeblasen.
Nun habe ich den Vorteil, dass ich einige Therapiemöglichkeiten und Medikamente sehr differenziert betrachte, da ich beruflich als Intensivpflegekraft täglich damit umgehe. Dort sehe ich jeden Tag, wieweit ich für mich selbst gehen würde (das Stichwort Patientenverfügung ist ja schon gefallen) und habe dadurch eine recht abgeklärte Haltung einigen Erkrankungen und Therapien gegenüber.
Deshalb betrachte ich auch die möglichen Behandlungsarten für meine Tiere sehr differenziert - da kann man die Fortschritte in der Veterinärmedizin nicht alle über einen Kamm scheren - die Herztablette, die zweimal täglich gegeben dem herzkranken Hund noch ein gutes Leben ermöglicht, sehe ich persönlich als völlig in Ordnung an, eine ausufernde, invasive Diagnostik bei einem Hund mit bösartigem Primärtumor, mit bereits vorhandenen Metastasen in der Lunge eher nicht - ABER das sind immer Einzelfallentscheidungen, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen Halter, Hund und Tierarzt gefällt werden können.
Oft wird schon die dauerhafte Gabe von Schmerzmitteln als No-Go genannt - teilweise mit sehr obskuren Vorstellungen in Sachen "benebelt" verbunden, die einfach nicht den Tatsachen entsprechen.
Was mich auch immer wieder schmerzt, ist die Aussage vieler Halter "also, wenn mein Hund einen Rollwagen bräuchte, dann würde ich ihn einschläfern lassen..." - da sehe ich die mittlerweile an die Hundert gehenden Patientenhunde vor meinen Augen, die auch mit Rollwagen ein absolut hundegerechtes Leben führen können, mein Lieblingsbeispiel ist der Galgo, der auf der Kaninchenjagd durchstartete...mit Rollwagen, ja und? Werden da nicht manchmal die eigenen Ängste und Gefühle im Umgang mit einer potentiellen Behinderung auf ein Lebewesen projeziert, das solche Gedankengänge gar nicht kennt?
Für mich das Allerwichtigste bei der Option des Einschläferns bei unseren Tieren ist die Intention, die dahintersteckt.
Bin ich als Halter sozusagen der Anwalt meines Vierbeiners, der nach bestem Wissen und Gewissen im Sinne des Tieres entscheidet?
Oder bin ich als Halter nur der, der Angst vor dieser Entscheidung hat, Angst vor dem eigenen Verlust, Angst vor der Verantwortung, angst vor der Entscheidung an sich?
Das alles ist nur menschlich - aber in diesem einen Moment müssen wir Tierhalter einfach da drüber stehen - über den eigenen Gefühlen und die Liebe zu dem Tier in den Vordergrund stellen. Unsere eigenen Gedanken und Bedürfnisse von denen des Tieres trennen und in seinem Sinne handeln und entscheiden.
Mit einem alten, kranken oder einem jüngeren kranken Tier, muss man sich jeden Tag aufs Neue die Frage stellen, ob es noch richtig ist, was man da tut.
Weil man schleichende Verschlechterungen bei bestem Willen manchmal gar nicht bemerken KANN, wenn man ein Tier rund um die Uhr um sich hat, finde ich es noch sehr wichtig, dass man sich über die Gefahr der Betriebsblindheit im Klaren ist und nach Möglichkeit jemanden hat, der das Tier, um das es geht, nur in regelmäßigen Abständen zu Gesicht bekommt. Dafür bietet sich der TA des Vertrauens an - und auch das gehört für mich zu den unabdingbaren Voraussetzungen, wenn es um die Betreuung eines schwer kranken Tieres geht, eine enge und vor allem vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem TA.
Was ich mir für das DF hier wünschen würde, wäre ein etwas behutsamerer Umgang mit diesem Thema, wenn es in einzelnen Threads zur Sprache kommt.
Mir fehlt einfach manchmal das Bewußtsein einiger Schreiber hier, dass es auch viele andere HH gibt, die dieses Thema sehr differenziert betrachten, die im Rahmen des Machbaren alles für ihre Vierbeiner tun, aber dann, wenn ein bestimmter Punkt erreicht ist, den nur Halter, Hund und TA gemeinsam beschliessen können, auch die Entscheidung zum Einschläfern zur rechten Zeit treffen.
Wenn einem beim Mitlesen leise Zweifel kommen - ist es für mich kein Unding die auch auszusprechen, aber da wäre mir ein vorsichtiges Nachfragen lieber, als einfach nur Plattitüden in den Raum zu werfen, die einen Tierhalter, der gerade mit seinem Hund die letzte Zeit verbringt, wirklich schwer verletzen können. Das empfinde ich als gedankenlos und unsensibel - denn diese Plattitüden stammen nur von Zuschauern, die jeweils nur einen kleinen Teil dessen mitbekommen, was bei dem TS gerade ansteht. Und sich daraufhin eine Meinung zu bilden, die in einer Vorwurfshaltung mündet, warum das tier noch nicht eingeschläfert wurde, geht meiner Meinung nach weit über das, was dieses Forum hier bieten soll, hinaus.
Es ist nicht immer die Frage, WAS geschrieben wird, sondern oft mehr die Frage, WIE etwas geschrieben wird.
Ich finde es wichtig, dass es hier eine Plattform gibt, wo man seine eigenen Gedanken zu diesem doch sehr emotionalen Thema loswerden kann - aber dann so wie jetzt, in einen eigenen "neutralisierten" Thread.
LG, 'Chris