Meine geliebte Joyce ist nun seit ca. 5 Monaten tot.
Bitte, habt Verständnis dafür, dass ich mich erst heute melde. Die Trauer ist noch nicht überwunden, aber es ist mir ein aufrichtiges Anliegen, mich bei allen ganz herlich zu bedanken, die mich in der schweren Zeit der Erkrankung von Joyce ermutigt und getröstet haben, sowie mit ihren Kenntnissen zur Seite gestanden sind. Diese Begleitung war für mich sehr wichtig.
So war es:
Am Dienstagabend rief mich die Familie an, um mir mitzuteilen, dass es Joyce immer schlechter ginge und die Entscheidung zur Euthanasie für Mittwoch, 11.00 Uhr, gefallen sei. Angeblich wollte sie nichts mehr essen und könne auch kaum aufstehen. Man gab mir Gelegenheit, mich am nächsten Morgen von Joyce zu verabschieden.
Als ich kam, freute sich meine Kleine unbändig, stand auf, leckte mein Gesicht ab, legte sich auf den Rücken, damit ich ihr den Bauch kraulen konnte und wollte mit mir mitgehen. Wir machten gemeinsam mit der Besitzerin einen kleinen Spaziergang. Sie schnüffelt interessiert, blieb an einer bestimmten Stelle stehen, weil sie dort immer von ihren Besitzer ein Stöckchen geworfen bekam. Sie höppelte hinter dem Stöckchen her, um es uns zu bringen. Auf meine Anmerkung, dass sich so doch nicht ein Hund verhalte, dem es so schlecht gehe, dass er eingeschläfert werden müsse, meinte die Besitzerin, dass dies nur ein vorübergehendes Verhalten und die Entscheidung getroffen sei, über die sie auch nicht mehr diskutieren wollte. Ich war wie erstarrt - was konnte ich tun?
Zuhause wartete ich, bis der Besitzer kam, um mit ihr zur TÄ zu fahren. Er wollte diesen Gang allein mit Joyce gehen, ich sollte nicht dabei sein. Mit meiner TÄ hatte ich vereinbart, dass ich Joyce nach der Euthanasie noch einmal sehen könnte, bevor sie zur Einäscherung abgeholt würde.
An der Urnenbeisetzung im eigenen Garten durfte ich teilnehmen.
An der medizinischen Betreuung durch meine TÄ habe ich nichts auszusetzten. Bestätigte doch Prof. Moritz (Spezialist für Hämatologie in Gießen), dass alles veranlaßt wurde, was auch er empfohlen hätte. Allerdings - die Frage der Besitzer, ob es Aussicht auf Heilung gäbe beantwortete sie wahrheitsgemäß, dass sie dies nicht wüßte, im augenblicklichen Zustand wohl eher unwahrscheinlich sei. Ich hätte mir gewünscht, dass sie zwar ihre eigene Einschätzung mitgeteilt , aber auch darauf hingewiesen hätte, dass der Zeitpunkt für eine Euthanasie noch nicht zwingend gegeben sei. Dies tat sie nicht, weil sie sich aus solchen Entscheidungen bewußt heraushält und mir sagte, dass mit dieser Diagnose jeder TA einer Euthanasie zustimmen würde. Obwohl ich sie als Ärztin sehr schätze, könnte ich diese Praxis nicht mehr aufsuchen, sollte es irgendwann doch einmal notwendig sein.
Ich weiß nicht, wie ich diese Zeit überstanden habe. Das schlimmste Horrorszenario, ein Albtraum, wurde Wirklichkeit. In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nie so hilflos gefühlt. Während ich Euch diese Zeilen schreibe, bricht alles wieder neu auf. Das Schlimmste ist für mich, dass ich das Vertrauen von Joyce in mich nicht wert war - ich habe ihr nicht geholfen. Ja, ich war für sie da, habe alles menschenmöglich unternommen - aber letztendlich konnte ich sie nicht vor einem zu frühen Tod bewahren. Vielleicht wäre der Zeitpunkt in einer Woche, einem Monat oder erst viel später gekommen. Aber dieser Zeitpunkt war nach meiner Einschätzung zu früh.
Der Familie gegenüber hege ich entgegen meinem eigentlichen Wesen die schlimmsten negativen Gedanken. Ich weiß, dass dies nicht gut ist, aber im Augenblick kann ich nicht anders.
Vielleicht versiegen eines Tages die Tränen um diese gute, liebenswerte Hündin. In meinem Herzen wird sie immer einen Platz haben und mich gedanklich mein Leben lang begleiten. Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, wartet Joyce vielleicht am Ende meines Lebens auf mich, damit wir nie mehr getrennt werden.
Danke nochmal Euch allen
Eure Karin