Das ist ja genau das Problem.
Sowohl dieser Gutachterin als auch deins - ihr könntet euch BEIDE auf einen Platz stellen und beim SD zugucken und würdet euch noch bestätigt fühlen.
Zur Erklärung:
Die Gutachterin - ich habe es nämlich gelesen - vertritt von Anfang an eine Meinung bezüglich der "Schutzhundeausbildung", die nicht als neutral zu bezeichnen ist und zudem auf schlicht falschen Interpretationen beruht.
Sie geht davon aus, dass ein im Schutzdienst geführter Hund dazu abgerichtet wird, Menschen anzugreifen. Das macht sie bereits in der Einführung deutlich.
Das begründet sie praktisch auf Begrifflichkeiten innerhalb der PO ("Angriff auf den Hund",..) und Zitate von privaten(!!) Websiten irgendwelcher Schutzhundesportler.
Die literarischen bzw. wissenschaftlichen Quellen, auf denen Sophia so rumreitet beziehen sich rundweg auf einzelne Verhaltenszüge, Kausalketten und/oder Begriffe, aber in ganz anderem Kontext aufgearbeitet.
Die Begriffsänderung von SchH in VPG wird quasi als Verschleierungsmanöver verkauft. Dass die Verbände damit auf den Umstand reagiert haben, dass im Schutzdienst eben NICHT mehr das läuft was in seinen Ursprüngen mal mit der Schutzhundausbildung bezweckt wurde, wird nicht erwähnt.
Überhaupt wird vieles nicht erwähnt oder - in meinen Augen willentlich - im Kontext versickern lassen.
Die Autorin würde sich gern auf Feddersen-Peddersen berufen, die allerdings hat deutlich gemacht, dass der moderne Schutzdienst mit dem Scharfmachen von Hunden nichts zu tun habe.
Die Autorin beruft sich bei allen "zweckdienlichen" Aussagen zum beißenden Schutzhund auf Manfred Müller. Einen Autor, der aus gutem Grund nicht in einem Atemzug mit Feddersen und Bloch genannt wird und unter Hundesportlern umstritten ist.
Aus Gründen, die ich mir nicht zu hinterfragen anmaßen möchte, führt die Autorin keinen(!) einzigen(!) anderen Sachverständigen auf.
Sie erwähnt kurz Bloch in einem anderen Zusammenhang, Feddersen, die ihr nichts nützt, weil Feddersen klar den Unterschied zwischen Schutzdienst und dem Scharfmachen von Hunden herausstellt und alles andere sind Begriffsausarbeitungen und fragwürdige "Quellen".
So gründet die Ausführung darüber, wie "Schutzhundler" denn im allgemeinen so drauf wären auf einer PRIVATEN NACHRICHT einer einzigen Person.
Bezüglich der Beißstatistiken, die Sophie ebenfalls so hoch hält..
Zunächst mal erklärt die Autorin, es gebe keine Statistik, der verlässlich zu entnehmen wäre, welche "Ausbildung" der Hund genossen habe.
Dann kommt das hier:
Zitat
SCHNEIDER et al. (2005, 174) stellten fest, dass 13,3% von insgesamt 1655 Rottweilern bzw. Rottweilermischlingen, die in Bayern einem Wesenstest unterzogen wurden, eine Schutzhundeausbildung absolviert hatten; in den Testsituationen unterschied sich das Verhalten der Schutzhunde nicht signifikant von dem der
unausgebildeten Hunde; allerdings ist zu diesem Ergebnis anzumerken, dass – laut Halterangaben – nur ein geringer Anteil der in die Untersuchung einbezogenen Hunde (6,4%) als Wachhunde gehalten wurden (vgl. BAUMANN 2005, 87).
Jetzt ist plötzlich doch nicht mehr die Ausbildung das Problem, sondern die "Haltung als Wachhund"? Die Autorin vermeidet hier leider auch die Nennung von Zahlen. Inwiefern unterscheidet sich die Reaktion der "Schutzhunde" nicht signifikant? Wurden die auch alle nicht aggressiv, so wie 95% der übrigen Hunde?
Und es wird noch besser:
Zitat
UNSHELM et al. (1993) stellten fest, dass die Ausbildung des Hundes einen
wesentlichen Einfluss auf das Beißverhalten gegenüber Artgenossen ausübt: 83%
der in dieser Studie untersuchten und in eine innerartliche Beißerei verwickelten
Hunde waren nicht ausgebildet, 17% hatten eine Ausbildung zum Schutz-, Wachoder
Jagdhund absolviert.
Zum einen sind jetzt plötzlich Jagdhunde auch involviert - das waren sie bis zu diesem Punkt nicht, man darf sich fragen weshalb - zum anderen gibt es plötzlich eine Ausbildung zum Wachhund...
Und es geht weiter:
Zitat
In einer Untersuchung von GERSHMAN et al. wiesen nur 4 von 174 durch
Beißvorfälle auffällig gewordene Hunde eine Schutzhundeausbildung auf.
Anbetracht dieser nicht eben zuträglichen Zahlen behilft sich die Autorin wie folgt:
Zitat
Andere Untersuchungen enthalten jedoch sehr wohl Hinweise darauf, dass das
gezielte Training auf Schärfe am Mann zum Abbau der Beißhemmung führen kann
(vgl. STEINFELDT 2002, 151):
Nun geht es auf einmal um Mannschärfe. Nicht mehr um die Schutzhundeausbildung. Aber der Kontext ist bewusst so gewählt, dass dieser Umstand ebensowenig ins Auge springt wie das plötzliche Auftauchen der Jagdhunde.
In ihrer Not beruft sich die Autorin auf ein Werk von 1987(!!) also einem Buch VOR der großen "Revolution" im Schutzhundesport.
Zitat
Auf mögliche negative Folgen der durch die Schutzhundeausbildung antrainierten
Schärfe weist bereits OCHSENBEIN (1987) hin: Um einen Hund im Rahmen der
Schutzhundeausbildung schärfer zu machen, muss die Beißhemmung abgebaut
werden; dadurch steigen aber auch Unberechenbarkeit und Gefährlichkeit des
Hundes (OCHSENBEIN 1987 zit. nach ROLL 1994, 52).
Und da das alleine noch etwas schwach auf der Brust ist, wird ein vollkommen Belegfreier "Quellverweis" nachgeschoben, der plötzlich von 40% beißender Schutzhunde spricht
Zitat
ROLL stellt in seiner Untersuchung fest, dass ca. 40% der beißenden Hunde eine
Schutzhundeausbildung absolviert hatten und weist ausdrücklich darauf hin, dass
beißende Hunde häufiger eine Schutz- oder Begleithundeprüfung abgelegt hatten
und öfter zum Zweck der Personen- oder Objektsicherung gehalten wurden als die
nicht beißenden Artgenossen (vgl. ROLL 1994, 140).
Was nicht zur Erwähnung kommt ist, worauf diese Zahl begründet. 40% welcher Hunde? Wie definiert ROLL Schutzhundausbildung? Wirft er vielleicht Ziviles Scharfmachen und Schutzdienst in einen Topf? Anders kann man sich diesen Zahlensprung ja kaum erklären...
Als Gewichtsbeleg führt sie letztlich die Zahl der Beißvorfälle mit Hunden in privaten Wachdiensten an:
Zitat
Eine Auswertung von Beißunfällen mit Hunden privater Bewachungsunternehmen
ergab, dass sich 50% der Unfälle bei der Ablösung, im Rahmen der Hundepflege und
insbesondere bei der Ausbildung ereigneten; bei der Streife, die ca. 80-90% des
täglichen Umgangs mit dem Hund umfasst, passierten 46% der Unfälle
Allerdings erwähnt sie hier nicht - sie wird wissen warum - wieviele dieser Hunde im Schutzdienst geführt wurden, wie er nach PO in den Prüfungen abverlangt wird.
Ich könnte den Rest jetzt auch noch zerlegen, aber ich denke, das Bild ist schlüssig. Die Autorin hat eine ganz bestimmte Meinung zum Thema und hat sich ihre "Quellen" so zusammengestellt, dass sie diese Meinung untermauern.
Sie versucht bekannte Namen (Feddersen, Bloch etc.) für dieses Vorhaben einzuspannen, muss sich aber dabei relativ geschickt anstellen, weil keiner dieser Leute in ihr Horn bläßt.
Wissenschaftlich ist das nicht.