Max Porter – Grief is the Thing with Feathers / Trauer ist das Ding mit Federn
"Eine junge Frau ist gestorben. Ihre Kinder, zwei kleine Jungen, und ihr Mann sind noch betäubt vom Schock, haben haufenweise Beileidsbekundungen und Lasagne zum Aufwärmen entgegengenommen, die notwendigen Dinge organisiert, und nun setzt die unerträgliche Leere ein. Da klingelt es an der Tür. Totenschwarz und gefiedert bricht es herein, eine überlebensgroße Krähe packt den Vater und verkündet: "Ich gehe erst wieder, wenn du mich nicht mehr brauchst."
Eine Geschichte über Trauer und noch ganz viel mehr. Nicht-linear erzählt in drei Stimmen, dem Vater, den zwei Söhnen und der Krähe.
Die väterliche Perspektive gibt Einblick in das tiefe Gefühl des Verlustes und seinen Kampf mit der Verantwortung, seine Kinder allein aufzuziehen. Die Stimme der Söhne bietet einen rohen und ungefilterten Blick auf die Trauer aus der Sicht von Kindern. Die Abschnitte offenbaren Verwirrung, Schmerz und den Versuch, ihre Mutter in irgendeiner Form zurückzubekommen. Die Krähe ist sowohl eine wörtliche als auch eine metaphorische Figur, die für die chaotische und unberechenbare Natur der Trauer steht. Sie ist manchmal tröstlich, manchmal störend, aber immer tiefgründig und hilft dabei, sich mit dem individuellen Schmerz der Charaktere auseinanderzusetzen.
Die Phasen der Trauer werden in dem Buch nicht nach dem Elisabeth Kübler-Ross-Modell auf konventionelle, lineare Weise beschrieben und ist auch in keinster Weise ein Selbsthilfebuch. Stattdessen wird die Trauer in dem Roman als chaotischer, ungerichteter Prozess dargestellt, ist zutiefst persönlich und eine sich entwickelnde, vielschichtige Erfahrung, die für jeden Betroffenen einzigartig ist. Porters Art zu schreiben überwindet konventionelle Erzählformen, teils durch poetische Abschnitte, oft durch das Textlayout an sich. Stilistisch sicher nicht jedermanns Sache, aber eine Erfahrung wert mMn.