Hi liebe Leute,
aus aktuellem Anlass, und weil sich die Beiträge über Angsthunde häufen, möchte ich euch gerne über unseren Angst(Stress)hund Pinsel berichten. Vielleicht kann sich ja der eine oder andere einen Tip abschauen, oder selbst gute Tips geben. 
Zuerst mal etwas Allgemeines:
Wir haben 2 Chow-Rüden, Vater (Pinsel - 4,5 Jahre) und Sohn (Louis - 2 Jahre). Als erstes zog Louis im zarten Alter von 8 Wochen bei uns ein und er lebt jetzt seit 2 Jahren bei uns. Er war/ist kein leichter Hund, aber wir haben ihn trotz einiger Erziehungsfehler ganz gut hinbekommen. Vor etwas über einem Jahr kam dann auch Pinsel zu uns. Die beiden verstanden sich auf Anhieb gut und alles schien gut zu laufen. Wir kennen Pinsel auch schon relativ lange, lernten ihn ca. 1 Jahr vor Louis´ Geburt kennen. Er war immer schon ein eher zurückhaltender Hund, was bei der Rasse aber nichts ungewöhnliches ist.
Mit der Zeit häuften sich allerdings die Situationen, in denen er Angst vor Menschen bekam, nervös herumlief und uns außerhalb der Wohnung ignorierte. Wir konnten in diesem Verhalten kein Schema erkennen, vor welchen Menschen er Angst hat und vor welchen nicht. Das war/ist für uns absolut zufällig. Sein Verhalten stellte für uns eigentlich kein Problem dar, es muß ihn ja nicht jeder anfassen. Trotzdem entschieden wir uns eine Verhaltenstherapeutin zu konsultieren. Schließlich kann ein Leben in Angst ja nicht angenehm für den Hund sein.
Pinsel´s Vorgeschichte:
Pinsel erblickte in Dänemark das Licht der Welt. Dort war er bis zu seiner 12ten Lebenswoche im Zwinger mit seinen Geschwistern und sein erstes Erlebnis mit der Außenwelt war die Autoreise von Dänemark nach Österreich. In der österreichischen Zuchtstätte wurde versucht, das Versäumte nachzuholen und Pinsel wurde erstmal die Welt gezeigt. Er nahm das alles sichtlich gelassen auf (warum er so „gelassen“ wirkte erkläre ich in einem späteren Abschnitt). Im zarten Alter von 15 Wochen mußte er mitansehen, wie sein 3-jähriger Rudelkamerad im Garten an einer Vergiftung durch Rattengift starb (Was zum Teufel ist mit den Leuten los, die Rattengift in fremde Gärten streuen). Nun gut, auch wenn es ihm in der Zuchtstätte gut ging, hatte er kein abwechslungsreiches Leben. Die Hunde dort sind zwar Hunde mit Familienanschluß, aber keine Familienhunde. Außer Garten und Ausstellung kannte er also nicht viel.
Im Alter von 3,5 Jahren war es dann soweit: Pinsel konnte nicht mehr bei der Züchterin bleiben (nicht weil er „ausgedient“ hatte, es leben dort mehr Senioren als aktive Zuchthunde). Er drehte während der Läufigkeit der Hündinnen komplett am Rad, durfte aber nicht mehr decken, weil die Züchterin keine Verpaarung mehr als 2 mal macht (bei 2 Zuchthündinnen, bei denen er nur auf eine „passt“ ist das halt schwierig). Er magerte ab, bekam Fieber und und und...
Um ihm einen Herzinfarkt ö.a. zu ersparen wurde also ein guter Platz für ihn gesucht. Wir, als große „Pinsel-Fans“, erklärten uns bereit ihn zu nehmen. Damit schließt sich jetzt der Kreis zu dem oben stehenden Text.
Pinsel´s Diagnose- und Therapiesitzungen:
1ste Einheit (3-stündig):
Nach ausfürlicher Beschreibung des Problems und Erklärung der Symptome ergab sich folgende Diagnose:
- Pinsel steht unter Dauerstress
Da er bis er 12 Wochen alt war, nichts kennengelernt hat, kann er in „normaler“ Umgebung die vielen Sinneseindrücke nicht verarbeiten. Da er früher fast nur im Garten lebte hatte er nicht so viele Eindrücke zu verarbeiten. Auf Ausstellungen wirkte er meist sehr gelassen, was daher kam, dass ihn die vielen Eindrücke praktisch „paralysiert“ haben. Zurück im Garten, konnte er seinen Serotoninspiegel wieder senken, daher fiel das alles nie so wirklich auf. Jetzt lebt er bei uns als Familienhund und hat täglich so viele Eindrücke, dass sich der Serotoninspiegel nicht mehr senkt (dauert ca. 2-6 Tage). Durch den ständigen Stress kommuniziert die cognitive Gehirnhälfte nicht mehr (bzw. weniger gut) mit der intuitiven. Deshalb nimmt er alle Situationen übermäßig wahr, was ihm noch mehr Stress verursacht.
- Körperliche Auswirkungen haben bereits begonnen
Stressfell, weicher Stuhl, Anfälligkeit auf Zecken wegen anderen Immunsgeruchs, teilweise Leberüberbelastung.
Vorgeschlagene Maßnahmen:
- 17/24 Methode: Pinsel sollte für eine Woche im Idealfall ca. 17 Stunden pro Tag schlafen.
(haben wir bis jetzt noch nicht geschafft)
- D.A.P.-Halsband
Verströmt Pheromone, die eine Mutter beim säugen ihrer Welpen abgibt. Wirkt dadurch beruhigend. Haben wir vor 2 Tagen bekommen und es ist sogar eine Wirkung wahrzunehmen.
- Kokos oder rote Beeren ins Fressen mischen
Senkt den Serotoninspiegel
- Vitaminpräparat (Vitamin B3,12,1,6, D) Pulverform-Kombi ohne Se&Zn
- Aloe Vera (freie Radikale)
- langkettige Omega-3-DHA Fettsäuren
- Cranio-Sakral-Massage in der nächsten Sitzung
- TT-Seminar
- Calming Signals Seminar
Sie nimmt zu diesem 2-tägigen Seminar max. 8 Personen auf, um vor allem auf die Rassespezifischen Signale einzugehen.
- Magnetfeldtherapie
Pinsel hatte die erste Stunde noch an diesem Tag und war Abends sichtlich enspannter.
2te Einheit (2-stündig):
Da sollte die Cranio-Sakral-Massage durchgeführt werden.
Also zuerst eine Stunde ab auf die Magnetfeldmatte. Dann der Versuch Pinsel erstmal zu berühren. Das gefiel ihm so gar nicht. Also zuerst mal probiert, Pinsel mit einem Pinsel (witzig) zu berühren. Das ging halbwegs. Dann der Versuch ihn mit so einer Art Handkissen zu berühren. Das bereitete ihm schon sichtlich Unbehagen. Dadurch haben wir vorerst auf die Handberührung verzichtet.
Man muß dazu sagen, wenn Pinsel etwas nicht mag, oder Angst hat, wird er niemals, in keinster Weise aggressiv (also kein Drohverhalten, kein zuschnappen, nichts). Ich hielt das für positiv, die Therapeutin belehrte mich eines besseren: Er hat dadurch kein Ventil um seinen Unmut rauszulassen und frisst das sozusagen alles in sich hinein. Wenn er sich nie wehrt, kann er Dingen die ihm Unbehagen verursachen nicht abwenden.
Erkenntnis aus dieser Sitzung:
- Pinsel hat keine Persönlichkeit. Er hat nie gelernt eine zu entwickeln. Als er mit 12 Wochen in sein neues Rudel kam, hatte er praktisch keine Prägung. Dort im Rudel, war er von Beginn an das letzte Glied.
- Pinsel kann sich nicht abgrenzen. Das heißt, wenn man ihn berührt, greift man praktisch durch ihn durch, bis auf sein innerstes. Natürlich will er das nicht (also von Fremden, von uns will er ständig gestreichelt und berührt werden).
Maßnahmen:
- Unseren beiden Hunden lernen, sich auch zu Hause getrennt voneinander aufhalten zu können. (für Louis sowieso kein Problem, der braucht eh niemanden. Wenn er könnte würde er selbst arbeiten gehen
)
- Nur einmal am Tag mit beiden gemeinsam spazieren gehen, die restlichen Spaziergänge getrennt. Wir haben es bis jetzt umgekehrt gemacht. Wir sind nur Abends mit ihnen getrennt gegangen um jedem Hund seine eigene Zeit zu gönnen. Pinsel muß sich aber etwas vom Rudel lösen, um sich selbst besser wahrnehmen zu können.
So weit so gut. Bis hierhin sind wir gekommen. Man kann eine leichte Tendenz der Besserung erkennen (oder sich einreden), aber es liegen noch lange Monate vor uns.
Die unmittelbar nächsten Schritte sind der neuerliche Versuch der Cranio-Sakral-Massage am nächsten Mittwoch und das Calming-Signals Seminar am darauf folgenden Wochenende, um Pinsel noch gezielter an schwierige Situationen heranführen, bzw. aus schwierigen Situationen herausführen zu können.
Falls sich jemand die Mühe gemacht hat, das alles zu lesen: DANKE!
Ich werde weiterhin berichten wie sich die Lage entwickelt.
LG