Hallo,
na dann erzähle ich einfach mal von Fiete 
Er war ein sehr unkomplizierter Welpe, verschmust, schnell stubenrein und kaputt gemacht hat er fast gar nichts.
Gegeben hat er sich stets furchtlos, aufgeweckt, lernbereit und menschenbezogen.
Insbesondere ich war sehr engagiert und verlor leider oft aus den Augen, wie jung dieser clevere, kleine Fratz war und so konnte er bis zur 16. Woche die gängisten Grundkommandos, ein paar Tricks und wir machten sogar schon Dummytraining mit ihm. Das überfordete ihn völlig und es begann eine sehr unleidliche Phase des Leine- und Hosenbeinbeißens, sowie ein Rückschritt in der Stubenreinheit.
Da ich zum Glück schnell erkannte, was ich angerichtet hatte und das Programm fast gänzlich strich und mich nur auf die Marotten konzentrierte, legte sich das jedoch schnell.
Mit ca. 6 Monaten ging er dann regelmäßig mit meinem Vater mit zur Arbeit. Bis dahin hatten sich wochentags vor Allem mein Freund und ich um ihn gekümmert, meine Eltern waren eigentlich nur am Wochenende involviert gewesen.
Mein Vater baute damals ein Haus samt Gründstück aus und um. Er war meist die ganze Woche weg, da der Heimweg zu lang war, um ihn zwei Mal täglich zu absolvieren.
Ich erfuhr erst später, welche Narrenfreiheit Fiete dort gehabt hatte. Auf dem großen Grundstück durfte er sich die größte Zeit des Tages unkontrolliert bewegen.
Dieser Zustand war denkbar ungünstig, denn die Pubertät begann, Zwerg Nase wurde sowieso schon immer selbstständiger und entdeckte das Jagen für sich, was er auf dem Grundstück hemmungslos ausleben konnte.
Gleichzeitig fing er auch an, dieses zu bewachen.
Die Erzählungen darüber, dass er abgehauen sei, nicht mehr an der Leine gehen wollte, draußen nicht mehr ansprechbar sei und beim kleinsten Anzeichen von Frust in schier endloses Geheule ausbrechen würde, häuften sich im nächsten halben Jahr.
Er war nervös und unruhig, ungebunden und sehr selbstständig geworden.
Kuscheln mochte er auch fast nicht mehr.
Ich versuchte in der wenigen Zeit, in der wir uns sahen, erzieherisch vieles, wurde aber nicht unterstützt, hatte die falsche Methode, wie auch immer - es besserte sich nur unwesentlich und so bekam Herr Hund Schleppleinenzwang und Spaziergänge mit ihm wurden unschön.
Gleichzeitig bahnte sich schleichend eine für die Pubertät übliche Angstphase an, die durch die Unbeständigkeit der Situation und durch unser für ihn sicherlich auch unberechenbaren Erziehungsversuchen noch verstärkt wurde.
Wenig später verlor mein Vater den Auftrag und war wieder viel zu Hause. Auch bei mir bahnte sich das Ende meiner Schulzeit an und so hatten wir viel Zeit, die aber allein nichts brachte.
Fiete war nun etwas über ein Jahr alt und entwickelte unterdessen für mich beinahe unspezifisch und wahllos wirkende Ängste, die darin gipfelten, dass er Angst vor dem Laminat bekam, das fast in der gesammten Wohnung lag.
Die Situation wurde sehr verkrampft, drinnen hielt er sich nur noch in der Küche oder auf dem kleinen Wohnzimmerteppich auf, draußen zog er uns durch die Gegend und war nur dann ansprechbar, wenn kein Hund in Sicht war und man ihn ein Leckerli unter die Nase hielt.
Unsere Bindung war schlecht geworden, wir mussten ihm ein paar unangenehme Sachen "antun" (z.B. Zecke, die auf dem Augennerv saß, entfernen) - er bekam zeitweise auch Angst vor unseren Händen. Fremde ließ er gar nicht mehr an sich heran.
In "seiner" Straße begann er auch, Menschen zu kontrollieren und sich auszusuchen, wer verschwinden sollte, wer willkommen war und wen man getrost ignorieren konnte. Man musste viel aufpassen, er hätte nicht gebissen, aber durchaus gezwickt.
Es blieb ein Weilchen so, obwohl ich viel versuchte. Besserung trat ein, als wir Teppich verlegten und ich einen komplett neuen Ansatz ging. Da war er ca. 17 Monate alt. Ich hatte mit meinem Vater endlich vereinbaren können, einen Trainer zu Rate zu ziehen und das ließ einen Knoten der Verkrampfung platzen.
Wir alle wurden entspannter und Fiete wurde es auch.
Als wir dann endlich zwei Monate später den Termin hatten, war vieles schon um einiges besser geworden.
In der Zeit hatte ich mich größtenteils auf Bindungsarbeit konzentriert und Fiete hatte bereitwillig mitgemacht.
Die Trainerin half mir mit gutem Handwerkszeug und brachte mir bei, durchsetzungsfähiger und "härter" zu werden, die Grenzen für Fiete enger zu stecken und es tat uns nach anfänglicher Unsicherheit sehr gut.
Er fing an, mir wie selbstverständlich viel zu überlassen. Welcher Mensch war in Ordnung, wo gehen wir hin, ist das gefährlich, mit welchem Hund darf ich spielen?
Eine reine Wohltat, für ihn und für mich.
So lang ist das nicht her, er wird demnächst zwei Jahre alt, doch die Entwicklung in der letzten Zeit war grandios. Unsere Bindung ist viel enger geworden, man kann endlich wieder viel miteinander unternehmen - wobei ich immer darauf achten muss, ihm nicht zu viel zuzumuten.
Dadurch, dass ich ihm endlich Sicherheit geben kann, ist er viel souveräner geworden, insbesondere im Umgang mit anderen Hunde. Das gelegentliche Pöbeln aus Frust ist komplett weg, wie ein Berserker fiepen und zu einem anderen Hund ziehen, tut er auch seltener.
Ansätze zum jagen lassen sich in den allermeisten Fällen durch ein einfaches "Nein" unterbinden.
Was er sich aber durchweg bewahrt hat, ist sein liebes Wesen. Er geht auch bei großer Angst nicht nach vorne, ist weder futterneidisch, noch verteidigt er andere Ressourcen.
Für seine Rasse ist er nach wie vor ein ruhiges Exemplar, in der Wohnung merkt man ihn fast nicht.
Er hat Spaß daran, Neues zu lernen und reagiert sensibel auf Stimmungsschwankungen unsererseits.
Mittlerweile ist er wieder eine echte Schmusebacke geworden und genießt Körperkontakt.
Es war zwar turbolent, aber ich find den Stinkstiefel einfach toll :fondof:
Seine Eigenarten machen Spaß, wenn man damit umzugehen weiß.
So, ein kleiner Roman für dich 
Ich hoffe, es ist nicht allzu ausführlich geraten.
Liebe Grüße