Es wird einfach nie Feierabend auf der Baustelle
Unser Joggerproblem sind wir so gut wie los, Resourcen werden auch keine mehr verteidigt, dafür haben wir jetzt ein Bindungsproblem. Ganz toll.
Irgendwann vor nem knappen Monat oder so setzte ne Veränderung ein, und aus meinem Mamakind, das total auf mich fixiert und überall abrufbar war, wurde ein launischer Rüpel, der mich manchmal am liebsten gar nicht kennen würde.
Weil er im Beisein anderer Hunde überhaupt nicht mehr hört, ist Milo zur Zeit draussen an der Schleppleine. Ist ja normal im Teenie-Alter, dachte ich, dass die Ohren mal auf Durchzug stehen, muss man das HIER eben immer durchsetzen. Und ja, Milo hat gelernt, was HIER bedeutet. Wenn es dem Herrn genehm ist, kommt er auf ein HIER angewetzt, dass die Ohren fliegen. Zwar wurde dieser Anblick auch immer seltener, aber ein Bindungsproblem? Bei uns Dream Team? Niiieee im Leben....
Heute im Erziehungskurs war es dann ganz, ganz krass. Bei der ersten Versteck-Abrufübung (vor der er kurz angebunden gewesen war), kam er mich noch suchen wie ne Eins. Grosses Lob, natürlich. Bei einer späteren Übung zeigte er noch durchaus Interesse an meinem Verbleiben, aber wurde dann durch die Anwesenheit einer Junghündin angelenkt. Die Trainerin musste ihn quasi an der losen Schleppleine zu mir hin lotsen. Er bedachte mich immerhin mit einem müden Blick und nahm meine Freude über sein Kommen gnädig zur Kenntnis.
Beim dritten Mal (extra vereinfachte Übung, freie Bahn zu mir hin, keine Ablenkung durch andere Hunde, Trainerin hält ihn an der extra langen Schlepp) kam er gar nicht mehr. Ihr müsst euch das so vorstellen: Ich rufe freudig, der Hund sitzt und sieht mich an. Er weiss, wenn er kommt, gibt es was Gutes. Es gibt auch kein Alternativ-Programm durch andere Hunde. Aber er rührt sich nicht. Er schaut nicht weg, er versucht nicht zu den anderen Hunden zu kommen (obwohl es ganz klar das ist, was er will, aber er ist ja an der Schlepp und kann nur in meine Richtung). Er sitzt und schaut. Auf Signal der Trainerin rufe ich nochmal, hampel herum, wedel mit Spieli, gehe rückwärts, das volle Programm. Nichts. Der Hund sitzt wie festgewachsen und schaut mir zu. Die Trainerin versucht ihn schliesslich zu animieren, zu mir zu laufen, indem sie auch freudig in meine Richtung läuft. Nichts. Der Hund sitzt und schaut mich an. Er will nicht. Nicht für Wurst, nicht fürs Lieblings-Spieli, nicht für die Trainerin, und schon gar nicht für mich.
Schliesslich muss sie ihn an der Leine zu mir führen.
In dem Moment war ich kurz vorm Losheulen. Ich weiss es ist dumm, aber das tat in dem Moment richtig weh: Mein Kleiner findet doof auf seinem Hintern zu hocken immer noch spannender, als zu mir zu kommen 
Es gab dann erst mal ne Krisensitzung mit beiden Trainerinnen, die mich erst mal beruhigt und ermahnt haben, das nicht persönlich zu nehmen. Mein Hund ist mein ein und alles, aber wenn es andersherum nicht so ist, kann das viele Gründe haben. Hab ich auch schon alles irgendwo mal gehört oder gelesen, aber beim eigenen Hund fällt es sehr schwer, sich das einzugestehen. Angst, Überforderung etc. schliessen die Trainerinnen bei ihm aus.
Aus dem Gespräch haben sich dann folgende Umstände als potentielle Ursache bzw Verstärker ergeben:
Milo ist in nem schwierigen Alter, und noch dazu recht selbstbewusst und gewohnt, dass alle Leute und Hunde von ihm begeistert sind. Er ist Everybody's Darling.
Ich bemühe mich zu viel um Milo und bespasse ihn zu viel zu Hause (ironischerweise weil ich dadurch an unserer Bindung arbeiten wollte). Kein Wunder, dass ihn mein Programm draussen wenig interessiert.
Im Büro darf er sich auch ungehindert bei Hinz und Kunz Streichel- und Spieleinheiten abholen, weil er ja so lieb und suess ist. Dabei ist es keinesfalls so, dass er sich den Leuten aufdrängt. Nur findet ihn jeder so bezaubernd, dass kaum einer an ihm vorbeigehen kann ohne ihn zumindest kurz zu streicheln oder anzusprechen.
Es darf zu viel mit anderen Hunden spielen. Ich bin für ihn nur das Vehikel, dass ihn auf die Hundewiese bringt und wieder mit nach Hause nimmt. Das Toben mit anderen Hunden ist sein Tageshöhepunkt.
Uns wurde jetzt ein knallhartes Entzugs-Programm verordnet:
Milo darf bis auf weiteres gar nicht mehr mit anderen Hunden spielen.
In der Wohnung wird auch nicht mehr gespielt. Tricks üben ist erlaubt.
Er wird auf Spaziergängen aus der Hand gefüttert, muss für sein Futter arbeiten.
Die Fremd-Streichelei und Spielerei im Büro wird massiv eingeschränkt. Milo soll bei mir unterm Tisch liegen und wird nur von mir beachtet, wenn ich es will.
Ich gehe dort spazieren wo wenig Ablenkung ist. Wenn wir an spielenden Hunden vorbeikommen bleibt Milo an der Leine. Wenn ich ihn unterwegs zum Spielen animiere und er macht nicht mit, darf er auch nichts anderes machen (z.B. schnüffeln oder Stöckchen durch die Gegend tragen).
Sprich, er muss lernen, dass die Beschäftigung mit mir seine einzige Möglichkeit ist, Spass zu haben. Klar, dass ich ihm dann auch viel Spass und Abwechslung bieten muss, aber er darf sich beides nicht mehr anderweitig suchen.
Es klingt alles ziemlich logisch, aber wird sicher auch sehr schwer werden. Ich bin mir im Klaren, dass wenn ich das mache, ich es auch knallhart durchziehen muss. Mein Hauptproblem wird sein, nicht ständig zu denken: "Oje, der arme Hund" :/
Jetzt würde mich einfach nur interessieren, ob von euch jemand schon mal mit nem ähnlichen Problem zu kämpfen hatte, oder die oben beschriebene Methode schon mal angewandt hat, und mit welchem Erfolg.
Vielen Dank schon mal für eure Kommentare und Antworten.