Also ich hab erst am Stadtrand meine Jugend verbracht, da hat es mich ziemlich genervt, daß es nur eine Buslinie bei uns gab und die am Wochenende nur stündlich fuhr - aber es war eigentlich ganz okay. Dann hab ich mitten in der Stadt gewohnt, konnte gegenüber zwischen 3 Discountern wählen, konnte Abends überlegen, ob ich Döner, Gyros, Pizza oder China-Buffet haben wollte usw. und dann hab ich meinen Freund kennengelernt. Der wohnt in 'nem 600-Einwohner-Dorf, wir haben gerade mal 'nen Bäcker und 'ne Kneipe hier und für alles muss man mindestens 10 Minuten mit dem Auto fahren, der Bus fährt in der Schulzeit stündlich, in den Ferien nur 3mal täglich usw.
Ohne Auto wäre es hier nicht auszuhalten, aber spätestens, als ich meine Hündin bekommen habe, hab ich gelernt, es zu schätzen. Wenn ich z.B. meinen Vater besuche und er meint, ich sollte den Hund mitbringen, wir könnten 'ne Runde spazieren gehen... dann merk ich doch, wie klein und mickrig die Parks da sind, wenn ich nach 10 Minuten wieder am Ausgangspunkt auskomme.
Shoppen, viel weggehen etc. war eigentlich noch nie so mein Ding, es waren eher Pferde, Hunde von Bekannten und meine Couch mit vielen Büchern. Jetzt ist es mein eigener Hund, der riesige Garten und meine Bücher sind geblieben. Was den Freundeskreis angeht, hat sich schon viel verändert, aber meine beste Freundin kenn ich seit 18 Jahren - damals waren wir beide ohne Hund, jetzt beide mit und auch, wenn wir nicht über Hunde reden und wir uns leider räumlich bedingt nur noch selten sehen, gehen uns die Gesprächsthemen nicht aus.
Ich hab auch Bekannte ohne Hund, allerdings funktioniert das auf Dauer nur, wenn sie den Hund akzeptieren...sie müssen ihn nicht lieben, aber sie lebt nunmal hier und normal trifft man sich auch mal zuhause, wenn dann jemanden die Hundehaare nerven, wird es schwierig. Ich mach zwar Zugeständnisse und saug vorher nochmal durch, aber steril wird es hier trotzdem nie sein. Zu Freunden gehe ich auch ohne Hund, aber natürlich hat man schon im Hinterkopf, daß der Hund noch Futter braucht oder wir noch 'ne Pipirunde gehen müssen, wenn wir nach Hause gehen, deswegen verquatscht man sich nicht mehr ganz so lange, sondern verabredet sich eben direkt für's nächste Mal.
Ich glaub nicht, daß der Hund mich wirklich verändert hat, ohne Auto würde ich hier vermutlich 'ne mittelschwere Krise bekommen, aber ich bin schnell in der Stadt und ich vermute, daß die Liebe zu Land und Grün eigentlich schon in mir steckte (als Kind war ich fast nur draußen) und nur eine Zeitlang von anderen Interessen überlagert wurden. Ich brauch die Nähe zur Stadt, aber ich möchte nicht mehr mittendrin leben!