Beiträge von Momo und Lotte

    Tag 4 mit Elsa, 7.12.2020

    Elsas Husten zeigte keinerlei Verbesserung. Sie lag zwischenzeitlich völlig erschöpft auf der Seite und hustete im Halbschlaf.
    Der Interessent aus dem Nebenort, der schon vor Elsas Ausreise feststand, meldete sich.
    Ein netter Kerl, er und seine Frau haben einen Petit Vendeen, eine Rasse, die ich sehr mag. Klang alles toll. Eigenheim. Garten. Homeoffice. Urlaub immer nur mit den Hunden. Beide Elternpaare in der Umgebung und immer als Hundesitter zur Hand. Klang wirklich perfekt.
    Nur - ich hatte nicht die Nerven. Ich war so besorgt und er war so zuversichtlich, damit kam ich irgendwie nicht klar. Ich kam nicht damit zurecht, dass er meinte, seine Hündin und Elsa würden sich bestimmt verstehen, denn mir war klar, dass Elsa überhaupt nicht in einem Zustand ist, in dem wir das probieren würden. Ich sagte ihm, dass ich mich wieder melde, wenn sie gesund ist. Und dass es bestimmt ganz toll ist, dass sein Tierarzt sich mit homöopathischen Mitteln auskennt, dass mich das aber nicht weiter bringt weil Elsa ernsthaft krank ist.
    Inzwischen war eine Art Hundeschleuse installiert, durch die gewährleistet war, dass die Hunde sich nicht begegnen, wenn entweder Elsa oder Alma und Bolle die Wohnung verlassen.
    Ich hatte an dem Dienstag nur eine Stunde Unterricht und erinnere mich, dass ich ungeduscht und unvorbereitet in die Schule gefahren bin und vor und nach der Stunde zuhause angerufen habe, um zu erfragen, wie es Elsa geht. Und damit meinte ich eigentlich, ob sie noch lebt.
    Abends waren wir mit ihr bei meinem Haustierarzt.
    Er ist der netteste Mensch, er ist der Typ, den man in Krisensituationen braucht. Auch wenn er diagnostisch nicht das Wahre ist, ich vertraue ihm auf menschlicher Ebene und darauf, dass er sagt, wenn er fachlich nicht weiter weiß.
    Er hörte Elsa ab und sagte sofort "Haben die in der TK XXX das Herz denn nicht abgehört?!"
    "Doch" sagte ich "Sie haben gesagt, es gäbe nur ein leichtes Nebengeräusch."
    "Dass das Herz statt eines Doppelschlags überwiegend nur einen einfachen hören lässt, haben die nicht gehört?!"
    Und da war dieser riesige Elefant im Raum.
    Er erklärte mir, dass er keinen Herzultraschall machen könne. Dass Wasser in der Lunge sei. Dass das Herz so schlimm klänge, dass er nicht wüsste, ob überhaupt irgendetwas zu machen sei, dass die Prognose nicht gut sei, er aber keine richtige Diagnose stellen könnte.
    Er telefonierte sämtliche Kolleg*innen auf ihren Privatnummern ab, ob irgendjemand in dieser Woche einen Herzultraschall vornehmen könnte. Niemand hatte Zeit.
    Niemand.
    Er gab mir ein Diuretikum für Elsa mit, schenkte mir sogar einen Blister. "Tierschutzpreise" hat er gesagt und für die ganze Untersuchung und das Herumtelefonieren 8 Euro berechnet.

    Er hat einfach das Herz am rechten Fleck, ob er nun ein guter Diagnostiker ist oder nicht.

    Ich trug Elsa zurück ins Auto, erzählte meinem wartenden Freund, dass wir schnellstmöglich jemanden bräuchten, der sich das ansieht.
    Noch im Auto telefonierte ich sämtliche mir bekannten Kliniken in der Umgebung ab. NIEMAND konnte mir einen Termin geben.
    "Unser Kardiologe hat gerade Urlaub", "Wir haben derzeit keine Kardiologie", "Wir haben einen Termin in drei Wochen", "Sie können am Donnerstag um 9 vorbeikommen und sich anmelden, wir können aber nicht versprechen, ob sie drankommen, wir sind sehr ausgebucht."
    Wir sind während der Telefonate im Kreis gefahren, um dann die Autobahnauffahrt in die richtige Richtung nehmen zu können.
    Letztlich haben wir in unserer Straße geparkt und sich unverrichteter Dinge wieder nach Hause.

    Der Erfolg des Tages war, dass ich Elsa keinen Fenchelhonig und diese dämlichen Hustentropfen nicht mehr einflößen musste. Und ich war - trotz Panik - irgendwie auch froh, dass da nun etwas im Raum stand, was für mich nachvollziehbar war.
    Ich hätte die Tierklinik, in der wir am Sonntag waren, am liebsten mit wüsten Beschimpfungen am Telefon versehen.
    Die Vermittlerin fand schließlich eine Tierärztin in Solingen, rund eine halbe Stunde Fahrt von hier, die sich auf Kardiologie spezialisiert hat. Bei dieser bekamen wir spontan (weil die gute echt noch spät abends ihre Mails gecheckt hat) am nächsten Tag einen Termin. Zu diesem Termin musste mein Freund mit Elsa, denn ich musste in die Schule.
    Mein medizinisch völlig ungebildeter Freund.
    Der eh schon ziemlich angestrengt von der Gesamtsituation war.
    Und für den klar war, dass ich am Mittwoch von 7.30 bis 16.30 in der Schule bin, weshalb er auch die komplette Fürsorge für unsere Hunde tragen muss.

    Es folgte eine fast schlaflose Nacht, mit einer hustenden Elsa, die nun auch Unmengen Urin verlor.

    Unser Friedhof und alle anderen Friedhöfe die ich kenne sind für Hunde gesprerrt.

    Krass! Hier nicht. Da steht ein Schild, dass Hunde an der Leine zu führen sind und Hinterlassenschaften zu entfernen sind. Da bin ich auch echt froh drüber. Und die netten Friedhofsgärtner*innen begrüßen mich und die Hunde auch immer ganz freundlich. Da bin ich auch echt froh drum. :)

    Hui das tönt ja alles andere als gut! :shocked: Bin gespannt, was du noch zu berichten hast...Wie lange hast du sie jetzt schon?

    Seit dem 5.12. - ich mag mir hier alles mal so nach und nach von der Seele schreiben, aufbereiten, ein bisschen Psychohygiene betreiben und wenn ich im "jetzt" angekommen bin, einfach so festhalten, wie sich ihr Zustand verändert, was körperlich und psychisch anders wird. Da ich aktuell wieder Veränderungen feststelle, ist das für mich wahrscheinlich ganz hilfreich, das mal chronologisch zu sammeln.
    Da sie nicht mehr sehr viel Zeit hat, ist das für mich wichtig, um mich vorzubereiten und abschätzen zu können, wann der richtige Zeitpunkt ist, sie gehen zu lassen.

    Naja, und vielleicht ist irgendwann irgendwer entweder in der Situation mit einem herzkranken Hund oder mit einem etwas anstrengenderen Pflegi und kann vielleicht irgendwie von diesem Thread profitieren. Weiß man ja nie.

    Mach dazu mal einen neuen Thread auf mit einem griffigen Titel. Vielleicht "Suche Tierklinik mit Spezialgebiet Orthopädie", da wird sicher jemand antworten! Es gibt auf jeden Fall Tierärzte, die darauf spezialisiert sind. Ich glaube, Phonhaus war das, die mir mal eine Seite verlinkt hatte... hoffentlich finde ich die wieder. Die war jedenfalls ziemlich unübersichtlich, da die Praxen nicht geografisch sortiert waren.

    Wandern klingt echt nicht so gut mit kaputtem Ellenbogen. Aber ob das machbar wäre, hängt sicher auch von der Auswertung des CT ab. Wann habt ihr denn das ausführliche Gespräch?

    Tag 2 mit Elsa, 6.12.2020

    Die Vermittlerin sagte zu, dass ich direkt in die nächstgelegene Tierklinik fahren konnte und meldete uns dort an. Es war Sonntag und es tat mir wahnsinnig leid, Elsa direkt wieder ins Auto packen zu müssen. Die Autofahrt schien ihr nicht auszumachen - aus heutiger Sicht weiß ich, dass sie nur zu schlapp war, um sich entsprechend mitzuteilen.

    Elsa hustete in der Tierklinik gar nicht. Ich zeigte Videos, sagte, dass es eine Lungenentzündung sein könne, da es so schlimm klang. Ich sagte, dass ihr Herz komisch schlägt - man konnte es ja selbst durch den Brustkorb sehen, weil sie so dünn war. Die Tierärztin hörte sie ab und sagte, es gäbe nur ein ganz leichtes Herzgeräusch, das wäre nicht besorgniserregend.
    Elsa habe einen sehr niedrigen Puls, sie wäre einfach entspannt und gelassen, sie würde Tierärzte wohl schon kennen. Die Lunge klänge unauffällig, es gäbe kein Fieber. Sie bekam einen pflanzlichen Hustensaft und ich solle Fenchelhonig geben, sicher sei sie nur vom Transport etwas angeschlagen.
    130 Euro waren fällig und ich fuhr mit Elsa nach hause, die sofort weiter hustete, sobald sie versuchte, zur Ruhe zu kommen.

    Ich erzählte der Vermittlerin von allem und flößte Elsa regelmäßig mit der Spritze Hustensaft und Fenchelhonig ein. Sie fraß nicht mehr und zeigte ein anhaltendes Stressgesicht.
    Ich nahm erneut die Vergesellschaftung vorsichtig in Angriff, trennte provisorisch einen Bereich des Sofas und der Hundebox im Wohnzimmer ab, setze mich zu ihr und sie schlief in der Box ein wenig. Sobald sich etwas bewegte, bekam Elsa Stress. Wenn ich zur Toilette ging, fing sie an zu schreien und zu husten. Wenn die anderen Hunde sich näherten, drohte sie deutlich.
    So ging das alles nicht.
    Wir zogen zurück ins Schlafzimmer.
    Bolle und Alma waren extrem verwirrt.
    Ich versuchte irgendetwas zu essen in Elsa zu kriegen, kochte ihr Hühnersuppe, sie nahm nichts an.
    Es war erst Tag zwei und ich dachte ständig, dass sie das nicht überleben wird.
    Meine Mutter - ihrerseits mit einem sehr lieben Pflegi mit Demodexmilben und dramatischem Hautbild versorgt - sagte, ich solle mir keine Sorgen machen.
    Man versucht ja immer, den Tierärzt*innen zu glauben, wenn aber eine Mama zu einem sagt, dass man sich nicht aufregen soll, beherzigt man das irgendwie. Ich zumindest.
    Wir verbrachten den Rest des Tages im Bett. Zum pinkeln ging Elsa vor das Schlafzimmerfenster oder ins Badezimmer. Es war zu kalt draußen. Und da ich mir Sorgen machte, hab ich nicht versucht, sie in den Garten zu setzen. Ich wollte einfach nur, dass sie Ruhe findet und gesund wird.

    Tag 3 mit Elsa, 7.12.2020

    Die Nacht war wieder schrecklich. Mein Freund hatte im Wohnzimmer geschlafen, denn irgendwer muss ja zur Ruhe kommen. Ich musste nun zur Schule, er musste den Schlafzimmerdienst bei Elsa übernehmen. Sie fraß weiterhin nicht richtig. Ab und zu ein kleines Stückchen von den allerbilligsten Leckerchen, die hauptsächlich aus Geschmacksverstärkern bestehen.
    Als ich nach vier Stunden aus der Schule zurückkam, rief ich meinen Haustierarzt an. Ich sagte, dass ich an die Diagnose Zwingerhusten nicht so recht glaube, zumal ich inzwischen gesehen hatte, dass sie zumindest gegen eine Form von Zwingerhusten geimpft war. An dem Tag war kein Termin mehr frei, ich solle am Dienstag abends um 18:00 kommen, sie würden das gerne ansehen und dann vermutlich ein Antibiotikum einsetzen.
    Ich klärte das mit der Vermittlerin und sie stimmte dem Termin zu.

    Ich kam mir dabei selbst bescheuert vor, schließlich war ich extra in der Tierklinik gewesen, dafür war recht viel Vereinsgeld geflossen und wegen eines hustenden Hundes noch mal zum Tierarzt - mir war schon klar, dass mich alle für überbesorgt halten, da Hunde so häufig mit kleineren Infekten und gerne auch Giardien und manchmal auch Herzwürmern im Gepäck aussteigen. Eigentlich gehört das zur Standardausstattung. Aber bei Elsa war alles irgendwie anders.
    Und ich versprach, den Termin ja wieder absagen zu können, falls sich die Symptome bis zum Dienstag bessern sollten.

    Inzwischen versuchte ich alles. Thunfisch. Leberwurst. Wiener. Hähnchen. Katzenfutter. Teures Nassfutter. Billiges Nassfutter. Kartoffeln. Brot. Fehlanzeige, sie nahm nichts. Und wurde langsam etwas kritisch mit mir, denn ich kam immer mit Dingen, die sie nicht wollte, zog ihr einen OP-Body an, gab ihr den Hustensaft und den Fenchelhonig mit der Spritze ein - sie quittierte das mir gegenüber mit Meideverhalten, sobald sie sah, dass ich auch nur irgendetwas in der Hand hatte. Wenn ich nichts hatte, kuschelte sie sich an mich und versuchte unter ihren Hustenanfällen zum Schlaf zu kommen.

    An diesem Tag waren wir im Garten, wo sie sich sofort löste. Wenn sie draußen war, hustete sie nicht. Aber es war zu kalt um draußen zu bleiben. Und ich glaubte ja immer noch an eine Lungenentzündung und war gedanklich bei Antibiose, Ruhe, Wärme, Hühnersuppe. Nicht bei Im Garten rumstehen und sich den knochigen Arsch abfrieren.

    Kann man nicht die Hundesachen in ein Altes Bettzeug stopfen und darin in die Waschmaschine stopfen? Oder wird das dann nicht richtig sauber? (Weil: ich lebe einfach mit Hundehaaren überall und habe das als zwingenden Zustand angenommen)

    Edit: Quatschkommentar, sorry, ihr habt ja sogar einen Profiwäschesack bestellt. :headbash:

    Hatte der Verein einen an B für Elsa, wenn es mit euren Hunden nicht geht?

    Es gab sogar schon Interessenten im Nachbarort.
    Und meine Mutter, die am gleichen Tag ihren Pflegi bekam, und ich hatten den heimlichen Deal, dass wir zur Not Pflegis tauschen müssen. Oder sie eben zwei hat. Aber einen richtigen Plan B, der auch gut gepasst hätte, gab's nicht, nein. Es hat aber auch niemand damit gerechnet, dass so eine kleine Katastrophe hier hin verschifft wird. Der Plan B wäre dann gesucht worden, nehme ich an, wenn ich gesagt hätte, dass ich das Handtuch schmeiße. Und ich glaub, ich war auch mehr als ein Mal kurz davor.

    "Mein" Verein ist ja viel, viel kleiner, als der Verein, aus dem Elsa kommt. Die sagen mir gebetsmühlenartig im Vorfeld, dass es keinen Plan B gibt und ich gut abwägen soll, ob ich zur Not trennen kann, da im Moment keine Pflegestelle frei wäre, um einen Hund schnell umzusetzen. Zum Glück ist dieser Notfall nie eingetreten. Und was es heißt, wenn man (zunächst mal) trennen muss, hat Elsa mir schlussendlich beigebracht. Die Erfahrung brauche ich nicht noch mal.

    Ich kann hier leider nichts aus Erfahrung beitragen. Auf jeden Fall solltest du die Suchfunktion mal benutzen, zur ED gibt es sicher etliche hilfreiche Beiträge.
    Besser wird die nicht, das ist nicht möglich. Du kannst frühzeitig operieren oder betreibst ein Leben lang Schmerzmanagement.

    Wenn eine Operation vorgeschlagen wird und das Fragment entfernt wird (so habe ich die OP verstanden, ich hoffe, ich irre mich nicht), würde ich diese auch (in einer Klinik, die das wirklich gut kann) vornehmen lassen, insbesondere ein junger Hund wird davon sicher profitieren.

    Da so eine OP aber vielleicht nicht notfallmäßig über's Knie gebrochen werden muss, würde ich mit der TK (oder mit der Zweitmeinungstierklinik) besprechen, ob sie es für eine gute Idee halten, den Hund zunächst mal mit Schmerzmedikamenten zu versorgen und die Operation nach dem Urlaub durchzuführen.

    ich wünsch euch jedenfalls viel Glück!

    - Tagebuchthread über meine herzkranke Pflegehündin aus Rumänien. Weil ich weiß, dass sie nicht mehr ewig hat. Und weil ich irgendwie alles zusammenhalten will. -


    Vorgeplänkel und Tag 1.

    Meine letzte Pflegehündin hatte ich gerade selbst adoptiert, sie war noch kein halbes Jahr Teil unserer kleinen Familie, als mich ein Verein, in dem meine Mutter als Pflegestelle tätig ist, kontaktierte.

    Ich hatte einige Wochen zuvor schon mal angekündigt, dass ich für Notfälle evtl. bereit stehen würde. Ab dem 19.12.20, denn da würden die Weihnachtsferien beginnen, könnte ich "etwas Nettes und Freundliches" kurzzeitig aufnehmen, "ängstlich, schüchtern, ein wenig misstrauisch ist kein Problem, bitte keine Welpen, nichts Hibbeliges, eher etwas etwas Zurückhaltendes, wo man ein bisschen Selbstbewusstsein schenken muss"

    Am 2.12. rief der Verein an und fragte, ob ich Elsa übernehmen könnte. Sie sei klein, erst drei Jahre alt, hübsch und freundlich, sie sei sicher schnell vermittelt. Aber sie müsste ganz schnell weg, da sie im Shelter unheimlich leiden würde und sich bei ihren Ausbruchversuchen die ganze Haut von der Nase aufreißen würde, um aus dem Zwinger zu entkommen.

    Ich sah mir das Video an, es sah wirklich schlimm aus. Ich sagte zu, hatte aber Bauchschmerzen, denn ich hatte irgendwie von Anfang an das Gefühl, dass es mit Elsa nicht einfach werden würde. Und mein Bauchgefühl liegt bei solchen Sachen meist richtig.
    "Allerdings muss sie so schnell wie möglich raus, schon am 5.12. soll sie im Trapo sitzen, wir haben große Sorge um sie."

    ... schwierig. Einen neuen Pflegi mitten in der Schulzeit aufzunehmen, das ist eine große Herausforderung. Heißt vor allem auch, dass der Freund mitspielen muss. Und für die Entscheidungsfindung hatten wir eigentlich gar keine Zeit. Wir haben trotzdem zugesagt - und schon vor Elsas Einzug hing der Haussegen deshalb hier schief.

    Die Organisation des Transports fand ich extrem unübersichtlich. Irgendwann erfuhr ich dann, dass ich Elsa bei Aachen abholen sollte. Alles lief ganz anders als bei "meinem" Verein, zum Teil chaotischer, zum Teil professioneller aber dadurch auch irgendwie unpersönlicher, ...das war vielleicht auch Corona geschuldet.

    Wir fuhren mit unserem Auto direkt an den Transporter, ich saß auf der Rückbank, reichte der netten Helferin zwei Leinen und die Verträge und hatte plötzlich einen Hund auf der Rückbank, der sehr viel kleiner war, als ich erwartet hatte. Es war rührend, sie kuschelte sich direkt ein, rollte sich in meinem Arm zusammen und schlief. Sie war völlig fertig.

    Zu meinem Freund sagte ich nur "oh Gott, sie ist so zart." "sie ist viel zu dünn" "sie hustet" "ihr Herz schlägt irgendwie komisch" und "sie hat die kleinste Nase, die ich je angefasst habe".
    Viel mehr sprach ich auf der ganzen Fahrt nicht, hatte nur dieses Häuflein Hund eingerollt neben mir liegen und starrte es an, während mein Herz immer matschiger wurde.

    Als wir wieder in Wuppertal ankamen, blieb ich mit Elsa im Auto sitzen, wir hatten etwas weiter weg geparkt, da ich normalerweise, wenn ich einen Pflegi abhole, immer erst mal mit der endgültigen Besatzung des Haushalts einen gemeinsamen Spaziergang mache, bevor ich den Fremdling einfach mit in die Wohnung nehme. Mit meinem lieben Bolle hat das bisher immer sehr gut geklappt. Wie Alma das machen würde, war bis dahin fraglich - denn die ist weniger geschmeidig als mein Dicker.
    Mein Freund holte also unsere beiden. Elsa wurde wach, erspähte aus dem Auto einen anderen fremden Hund, der da ausgeführt wurde und fiepte angespannt los, sprang von Fenster zu Fenster um den Weg des anderen Hundes zu verfolgen. Das irritierte mich etwas, ich konnte es aber nicht einschätzen. Und wenn man eins als Pflegestelle weiß, dann dass man einen Hund, der gerade aus dem Trapo gestiegen ist, auch einfach nicht nachhaltig einschätzen kann.

    Ich stieg mit Elsa aus, sie löste sich, lief recht ordentlich an der Leine (viele legen sich ja einfach auf den Boden oder machen das Wildpferd) und wir gingen zum Stressabbau langsam etwas die Straße hinab. Dann sahen wir meinen Freund, Alma und Bolle auf der anderen Straßenseite, näherten uns in huldvollem Bogen, nach etwas steifen Gefiepe von Elsa gab es eine sehr höflich ignorante Begrüßung von allen - das lief perfekt.
    Also alle zusammen Richtung Wohnung.
    Elsa traute sich ohne große Sorge hinein. Langsam verdichteten sich die Indizien dafür, dass sie schon mal in menschlicher Obhut gelebt hatte, denn bisher war es bei allen meinen Pflegis und Tierschutzhunden so, dass Häuser zu betreten zunächst etwas schier Undenkbares war.

    Sie fraß ein wenig, trank ein wenig, inspizierte das Wohnzimmer staksig und vorsichtig, checkte die 7 vorbereiteten Liegemöglichkeiten und legte sich auf das orthopädische Hundebett ganz eng neben meinen Freund. Das Bett war recht nah an Bolles Körbchen.
    Als Bolle irgendwann in ihre Nähe wollte, um einfach mal vorsichtig am Boden zu schnüffeln, drohte sie ihm deutlich. So deutlich, das selbst mein unsensibles Blödbärchen das verstanden hat. Nicht sonderlich beeindruckt verkrümelte er sich auf die minimale für Elsa eben erträgliche Distanz, argwöhnisch vom Fremdling beobachtet.
    Alma verzog sich sicherheitshalber direkt aufs Sofa, das befand sich in gebührendem Abstand.

    Es dauerte nicht lange, vielleicht eine Stunde, als Elsa begann, sowohl Alma als auch Bolle bei jeder Bewegung zu bedeuten, sie zu unterlassen. Wer einmal das Wohnzimmer verlassen hatte, wurde von Elsas Bett aus von ihr angefletscht, wenn er wieder in den Raum wollte. Das war aus zweierlei Hinsicht schwierig: Alma versuchte sich nun unsichtbar zu machen (damit hatte ich nicht gerechnet, denn Alma ist draußen schon eher auf Krawall gebürstet) und Bolle kann Hundesprache nicht so gut und nimmt so eine Drohung einfach nicht wahr. Oder nicht ernst.

    Elsas Husten wurde innerhalb dieser kurzen Zeit nahezu minütlich schlimmer.
    Ich sah einen Zusammenhang zwischen dem Stress, auch zwischen dem Verteidigen ihres Nahraums, und ihrem Husten.
    Es gab also nun drei gute Gründe, die Hunde zu trennen.
    Normalerweise schlafe ich mit den Neupflegis im Wohnzimmer.
    Nun aber musste Elsa mit ins Schlafzimmer, das keine Tür hat, weshalb es mit einem Sessel verbarrikadiert wurde. Sie hustete die ganze Nacht. Sie war so wahnsinnig müde. Aber immer, wenn sie sich hinlegte, kam ein Hustenanfall über sie. Ihr Bauch war noch frisch rasiert, die Kastration kann kaum mehr als zwei oder drei Tage her gewesen sein.
    Einen Pflegehund in so einem bedauernswerten Zustand hatte ich nicht erwartet.
    Wir waren beide völlig gerädert am nächsten Tag. Sie lag neben mir im Bett und war einfach ein dünnes Häufchen Elend.
    Ich rief die Vermittlerin an und sagte, dass ich gern sofort mit Elsa in die Tierklinik fahren möchte.

    7293-elsa