ZitatDa war mein Kaffee dann kalt und meine Schwimu meinte : Der arme Hund.
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Liebe Simone,
solche Sprüche kenne ich
Ich erzähl dir mal eine kleine Geschichte und versuche, mich relativ kurz zu fassen:
Am 01.11.05 bekamen wir unsere kleine Spanierin. Streunerhund, sehr eigenständiges Wesen, das linke Auge fehlte, mit ausgeprägtem Jagdtrieb. Jack-Russel-Dalmatiner-Podenco-Mix (wobei ich bis heute den Dalmi weder äußerlich noch innerlich erkennen kann). Im Haus typisch Podenco: absolut ruhig, unaufdringlich, suchte sich immer irgendwo einen Platz in der Sonne, beobachtete mich und schlief ansonsten. Draußen typisch JRT-Podenco: sie ging vor, jagte, hörte nicht, stur, dickköpfig, ignorierte mich. Ob ich in der Nähe war, hat sie null interessiert. Wozu auch? Sie hatte ja schon bewiesen, dass sie auch allein ganz gut überleben kann. Wofür braucht man Menschen? Und wenn, dann ist der eine so gut wie der andere, zum Spazieren gehen und Futter hinstellen.
Durch eine Freundin kam ich dann an eine Hundetrainerin, die mir NICHT zeigte, wie ein Hund "Sitz", "Platz" usw. macht. Sondern uns erst mal klare Hausregeln gab. Ich musste einfach sturer, dickköpfiger und vor allem ignoranter sein. Und konsequent. Ein einmal gegebenes Kommando wurde durchgesetzt. Ins Körbchen schicken sah bei uns anfangs so aus wie bei dir: Kaffee kalt. Zig mal wieder aufstehen, auf ihren Platz schicken. Am zweiten Tag hatte ich die Nase voll und hab sie angebunden. So, dass sie es sich im Korb oder daneben bequem machen konnte, aber nicht mehr weg da, Wassernapf natürlich in Reichweite. Sie hat mich nur angesehen. Dort musste sie dann (außer zum Spazieren gehen und Füttern) den ganzen Tag bleiben und mein Partner und Sohn bekamen die Anweisung, den Hund nicht zu beachten.
Am nächsten Tag Leine weg. Safran blieb liegen, wenn ich sie ins Körbchen schickte.
Gleichzeitig Handfütterung, Schmusestunden (im Korb), Kommandos in Haus und Garten üben (ich habe manchmal 3 Min. vor ihr gestanden in denen sie mich geflissentlich ignorierte, bevor sie Sitz machte), lange Spaziergänge an der Leine (wo sie nur neben oder hinter mir gehen durfte mit den Kommandos "Hierbleiben" oder "Hinter mir", denn sie sollte ja nicht die ganze Zeit bei "Fuß" laufen).
Safran war drei Monate!! für meine Umwelt "der Hund, der nix darf", "der arme Hund", der "warum-hast-du-dir-eigentlich-einen-Hund-geholt?-Hund".
Mein Partner meinte, so hätte er sich das Leben mit Hund aber nicht vorgestellt und mein Sohn fragte, wann wir denn endlich einen Hund bekämen.
Und ich? Ich bin fast verzweifelt. Schließlich wollte ich dieses Notfell haben um zu spielen, zu kuscheln, ihm endlich ein schönes Leben geben zu dürfen, wo sie es doch bislang so schwer hatte.
Aber ich wollte eben auch einen Hund, der sich benimmt, den ich überall mit hinnehmen kann, der nicht jagen geht, der mich beachtet, wenn ich etwas sage. Keinen funktionierenden Hund, sondern einen gehorchenden.
Nach drei Monaten Ignoranz und Konsequenz auf der einen Seite und Bindungsarbeit auf der anderen, hatten wir endlich annähernd diesen Hund.
Da habe ich gaaaanz langsam die Hausregeln etwas gelockert. Sie durfte sich ihren Sonnenplatz wieder selbst aussuchen im Haus, sie kroch nachts an mein Fußende und ich hab so getan, als würde ich es nicht merken. Sie legte sich aufs Sofa neben mich, wenn ich las. Erst mit Abstand, dann mit Körperkontakt.
Drei Monate habe ich mich gegen Partner, Sohn, Familie, Freunde, Bekannte durchgesetzt. Und es war jeden einzelnen Tag dieser drei Monate wert!!
Die eigentliche Bindung kam allerdings erst nach fast einem Jahr. Da hat sie mich das erste Mal gesucht, als ich mich im Wald hinter nem Baum versteckte.
Jetzt aber haben wir genau den Hund, den wir haben wollten. Einen absolut tollen Familienhund, den wir überall mitnehmen können, wenn wir wollen, der aber genauso gut allein sein kann. Mit dem wir kuscheln, spielen, toben können. Der im Bett unter meiner Decke schläft. Dem ich aber auch ein "Nein" nicht zweimal sagen muss. Der Warten kann und nichts einfordert.
Als wir letzten August unseren Flaffy, einen vier Monate alten Welpen, direkt per Flugzeug von Fuerte bekamen hat Safrans Pflegemama seine "Nachkontrolle" übernommen und uns in unserem neuen Haus mit ihrer Hündin und ihrem damaligen Pflegehund besucht. Wir saßen auf der Terrasse, tranken Kaffee, Safran lag nach dem Spielen entspannt auf meinem Schoß (auch das darf sie nun). Irgendwann fragte sie dann, ob Safran eigentlich jemals versucht hätte, die Führung hier zu übernehmen. Sie hatte sie ja ganze drei Monate in Pflege (wer will schon nen einäugigen Hund?). Ich habe nur geantwortet: "Nein, aber dazu hatte sie auch gar keine Gelegenheit".
Safran und ich verstehen uns mittlerweile ohne Worte. So wie sie mich anfangs beobachtete, habe ich auch sie beobachtet. Sie ist ein Teil meiner Seele. Und durch keinen meiner bisherigen Hunde habe ich so viel gelernt, wie durch sie.
Flaffy gibt mir durch seine überschäumende Lebenslust Freude und Lachen. Safran gibt mir Ruhe und Kraft. Und ich gebe den Hunden dafür alles, was sie brauchen.
Beide haben mir gezeigt, dass Ruhe, Konsequenz, Ignoranz und zu von uns bestimmten Zeiten Spielen, Toben, Kopfarbeit, Schmusen usw. dafür sorgen, dass die Hunde ein hundegerechtes Leben führen und selber auch ruhig, ausgeglichen und souverän werden.
Also bitte gib nicht auf. Und überhöre einfach solche Sprüche wie von deiner Schwiegermutter, auch wenns manchmal schwerfällt. Was glaubst du, wie sie nachher schaut, wenn Kira nicht mehr so nervig ist?
Hmmm, mit dem kurz fassen ist mal wieder nix geworden
Aber ich hoffe, es hilft dir durchzuhalten. Was sind schon ein paar Wochen/Monate gegen viele, viele Jahre schönes, harmonisches Hundeleben?
Ich wünsche dir, und vor allem Kira und Jacko, dass du das schaffst. Du tust ihr damit nichts Schlechtes. Im Gegenteil...
LG,
SaFla