Zitat
....Wenn der Hund merkt, daß er mit seinem unerwünschten Verhalten keinen Erfolg hat, mit erwünschtem Verhalten aber eben schon, wieso sollte er das unerwünschte Verhalten überhaupt noch zeigen.
...ganz einfach: er HAT ja meist Erfolg mit dem unerwünschten Verhalten! Beispiel: Jagen. Wenn Du einen jagenden Hund nicht belohnst für´s Jagen (und dafür dann am besten das Schlafen im Körbchen klickerst als Alternativerhalten *gg), Du glaubst doch nicht allen Ernstes, daß er dann mit dem Jagen aufhören wird oder auch nur die gegebene Alternative irgendwie mit dem Jagdverhalten in Verbindung bringt? Egal, welche Alternative, für den Hund GIBT es in dem Moment keine. Ich leih Dir mal ein "Probier-Objekt", an dem Du Dich versuchen kannst....*gg Läßt Du Dich auf eine Wette ein? ;-)
(keine Sorge, ich bestehe nicht darauf, nach dem ersten Erfolg finge mein Anti-Jagd-Training von vorne an, lieber nich....)
Natürlich hilft Ignorieren in Fällen von Betteln, Lästigsein, Aufmerksamkeitwollen, ImAutojaulen. Denn da ist das Ziel, daß der Hund was haben will, hier kannst Du einen Erfolg mit Ignorieren verhindern.
Aber echtes, selbstbelohnendes Fehlverhalten kriegst Du mit der Ignorier-Methode nicht weg. Kläfft zB Dein Hund ständig am Zaun, wenn wer kommt, hat er jedes Mal einen Erfolg: der Passant geht weg. Der Hund weiß ja nicht, daß der Typ eh weitergehen wollte, in seinen Augen hat der Hund den Kerl geschafft zu vertreiben und das Grundstück erfolgreich verteidigt. Durch diesen Erfolg wird er das Verhalten im Gegenteil sogar verstärkt zeigen künftig, auch wenn DU es ignorierst, denn die Bestätigung bekommt er nicht durch Dich, sondern dadurch, daß der Mensch weggeht, diese Bestätigung kannst Du nicht verhindern.
Genauso zB Klauen vom Tisch: die Bestätigung (Lob), die der Hund nicht durch Dich erhält, weil Du ihn ignorierst, holt er sich selbst dadurch, daß er das Schnitzel vom Teller zu holen schafft. Wie willst Du ihm zeigen, daß Du das nicht magst, wenn Du es kommentarlos hinnimmst? Glaubst Du, wenn Du ein Alternativverhalten beibringst (Absitzen vorm Tisch), OHNE ihm zu zeigen, daß das Klauen nicht gewünscht wird, läßt er das? Du siehst das Absitzen nicht, kannst es nicht bestätigen - also holt er sich die Bestätigung fürs Absitzen vom Tisch....
Mobbt Dein Ersthund den neu hinzugekommenen Zweithund, wird dieser, wenn Du das einfach nur ignorierst, irgendwann entweder verletzt oder aber vollkommen verängstigt und hektisch im Eck sitzen, weil er nicht in Ruhe gelassen wird, und keine Ruhe finden. Ich glaube niht, daß der Hund damit von alleine aufhört, wenn Du nicht eingreifst: Erfolg für den Hund entsteht, weil der Kleine aus dem Weg geht, sich an die Ressourcen des Ersten nicht herantraut, Dein Verhalten (Ignorieren) bestätigt den Hund - "wer schweigt, stimmt zu" gilt in diesem Falle... er wird immer weiter mobben, bis der kleinere aufgibt/geht/abgegeben wird.
Rennt der Hund ohne Deine Genehmigung zu einem anderen Hund hin: was für ein Alternativverhalten stellst Du Dir vor? Einzige Möglichkeit: Hund festhalten, absitzen lassen und dann freigeben. So lernt er, daß er ans Ziel kommt, wenn er vorher absitzt und sich kurz auf Dich konzentriert ("nachfragt", ob er darf). Ignorieren zeigt dem Hund, daß Du mit diesem Verhalten einverstanden bist, daß nichts dabei ist, einfach loszustürmen. Das wäre in dem Fall also ein Alternativverhalten, dieses Absitzenlassen - aber funktioniert nur, wenn der Hund sich möglichst wenig selbst bestätigen kann, d.h. Du verhinderst seinen Erfolg, indem Du den Hund anleinst, bevor er den anderen Hund entdeckt hat - so lange, bis er zuverlässig von alleine absitzt. Jedes Mal, bei dem der Hund es schafft, zu einem anderen hinzurennen, ist für ihn wieder ein Erfolg und bestätigt ihn in diesem Vorgehen, macht Dir Dein Training schwieriger, bringt Rückschritte. Auch hier, in der Lernzeit für das Alternativverhalten, erhielte der Hund die Bestätigung durch das Laufenlassen mit ignorieren. Also vollkommen kontraproduktiv an dieser Stelle.
Also, langer rede kurzer Sinn: Ignorieren ja - wenn es sich nicht um ein selbstbelohnendes Verhalten handelt, da nämlich muß dann der HH schneller sein als der Hund (rechtzeitig eingreifen, IM Augenblick, wo durch den Hund zur Tat geschritten werden sollte). Ansonsten: Strafe ist dann was für hinterher für den Halter, der nicht schnell genug war, um den Hund von der Tat abzuhalten..... *gg Wenn der Hund vom Jagen zurückkommt, oder der Passant schon vertrieben wurde, oder das Schnitzel vom Tisch schon halb verdaut ist, bringt auch eine Strafe nichts mehr.
Deswegen strafe ich nicht, ich breche unerwünschtes Verhalten ab. Wenns schon stattgefunden hat, war ich nicht schnell genug, und provoziere genau diese Situation das nächste Mal gezielt und vorbereitet, sodaß ich rechtzeitig eingreifen und abbrechen kann:
- "Nein" und weggehen, wenn mein Hund pöbeln möchte, noch bevor er beim anderen Hund ist (also schon in
dem Moment, wo er den anderen entdeckt hat und beginnt, sich aufzuplustern),
- abrufen, sobald er im Wald auf die Spur gehen möchte, oder
- ein böses Grollen/lautes NEIN, wenn er sich dem Schnitzel auf dem Tisch auch nur nähert.
Solange ich das nicht tun kann (keine Zeit oder ich überlege noch, wie ich die Situation gezielt nachstellen kann), vermeide ich, daß der Hund mit dem Verhalten Erfolg haben kann: Hund nicht allein im Garten, Schnitzel nicht unbewacht auf dem Tisch, Hund im Wald an der Leine, etc. pp....
LG,
BieBoss