Ich denke, das ist vollkommen normal.
Ich würde einfach daran arbeiten, dem Hund neue Regeln zu vermitteln: er hat schlichtweg nicht wegzulaufen, bevor Du ihn nicht freigegeben hast. Daher nutze ich ein Freigabekommando für die Hunde.
Speziell bei Bossi hatte/habe ich dasselbe Problem. Hier verlange ich von ihm, bevor er wegläuft, daß er mich anguckt, und darauf wartet, ob er gehen darf. Wenn er das nicht soll, sag ich "nein, bleib da", oder nehme ihn ins Fuß bzw. an die Leine (je nachdem, wie reizvoll das Gegenüber ist, wie aufgedreht er ist, und ob ich denke, daß er losstarten könnte, oder ob ich sicher bin, daß er im Fuß bleibt, wenn ich das sage).
Habe das eingeführt, indem ich ihn, sobald sich irgendwas näherte, an die Leine genommen habe. Dann, wenn er los wollte, NEIN gesagt. Irgendwann hat er gemerkt, er kommt nicht einfach dort hin. Dann hat er angefangen, mich anzusehen - und dann kam meine Entscheidung, ein "Bleib da" oder die Freigabe nach dem Sitz und Ableinen (nach Absprache mit dem anderen HF). Inzwischen funktioniert das sehr gut, aber man muß natürlich trotzdem immer gucken, blind durch die Gegend laufen kann ich mit ihm nicht, ich muß schon aufpassen, und falls er mal nicht "nachfragt", muß ich ihn ausbremsen und ihn ins Fuß nehmen.
Nachdem er aber bei uns fast alle Hunde im Park kennt und sich mit ihnen versteht, durfte er sehr oft nach der Freigabe zu dem anderen dann hinlaufen, will heißen, er hatte mit "nachfragen" oft Erfolg und führt dies daher recht gut aus. Hat er mal nicht nachgefragt, und ich war zu langsam zum Stoppen, bin ich dann zu ihm und demjenigen (bzw. dem Hund, wo er halt hin ist), hingerannt und hab ihn sehr nachdrücklich weggenommen und erstmal angemotzt ("Hey - ich glaub, es hakt!" oder sowas *gg), dann angeleint, und bin dahin zurückgegangen, wo er durchgestartet ist, und er mußte dann anständig am anderen Hund vorbei.
Parallel habe ich extrem am Rückruf gearbeitet, mit viiiiel Spaß bei Befolgen des Rückrufs, anfangs auch mit Bestätigung auch nur eines Blicks zu mir, wenn ich ihn rief; während er schon unterwegs ist, lobe ich verbal schon mal, ist er da, gibt´s heute noch oft Party, Zerrspiel, Leckerli o.ä., zumindest aber ein verbales begeistertes Lob.
So habe ich erreicht, daß ich Bossi heute auch aus dem Spiel mit anderen Hunden heraus abrufen kann, oder wenn er eben auch schon zum anderen Hund rennt, noch im Laufen abfangen kann.
Wichtig ist halt, daß Dein Hund erstmal keine Möglichkeit mehr erhält, ohne diese "Rückfrage" und Deine Freigabe zum Erfolg zu kommen - d.h. da sind erstmal Leine und Aufpassen angesagt. Wenn der Hund nicht von sich aus mal zu Dir guckt, kannst auch damit arbeiten, ihm ein Sitz beizubringen: er sieht das Ziel (Mensch oder Hund, wo er hin will), Du gibst Sitz-Kommando, wenn er sitzt, Freigabe zum Hinrennen. So lernt er mit der Zeit, wenn er wo hinwill, muß er vorher sitzen, dann erreicht er sein Ziel - weil nur Du die Freigabe gibst (wenn Du willst *gg), nur über Dich kommt er an sein gewünschtes Ziel. Dann wrid er mit der Zeit lernen, sich bei sowas mehr an Dir zu orientieren.
Ganz wichtig bei all dem ist, daß der Hund nicht nur dann zurückgerufen wird, wenn was ist (siehe das, was Du unterm ersten Spiegelstrich schreibst- das ist nämlich die Folge davon, wenn man den Hund immer nur ruft, wenn was kommt...), sondern ihn ganz oft ruft, aber dann nur zum Spielen/Leckerligeben, und ihn in 90% der Fälle wieder wegschickt zum Spaßhaben. Denn sonst hast ganz schnell die unerwünschte Verknüpfung "Fraule ruft, da muß was Interessantes sein" - und ihn davon noch wegzukriegen, ist schwierig, und er wird auf Deinen Rückruf grundsätzlich erstmal nicht mehr kommen, weil er weiß, dann ist der Spaß zu Ende, bevor er richtig angefangen hat. Damit machst Du Dir also den ganzen Rückruf kaputt.
Hund rufen, loben, weiterschicken. Hund rufen, Leckerli rein, weiterschicken. Hund rufen, Zerrspiel, weiterschicken. Hund rufen, Suchspiel, weiterschicken. Hund rufen, anleinen, 1 Min. laufen an der Leine, loslassen - er darf wieder rennen. Hund rufen, Leckerli rein. Hund rufen, Leine dran, Leckerli rein, Leine ab und weiterschicken. Jemand kommt, Hund rufen und ins Fuß nehmen, Person geht vorbei, freigeben. Jemand kommt, Hund rufen, anleinen, nach 1 Minute wieder freigeben. Also immer wieder ne andere (aber fast durchweg interessante) Tätigkeit nach dem Abruf einstreuen, ganz selten das An-Die-Leine-Nehmen-und-daran-BLEIBEN machen, vom Verhältnis her. So sehen bei uns die Spaziergänge aus, und die Häufigkeit des Anleinens nach dem Rückruf. Natürlich nicht am Stück, sondern halt nur jetzt exemplarisch so vorgestellt, das Ganze ist natürlich im Laufe eines Spaziergangs verteilt. Dann kommt der Hund immer gerne, weil fast immer was Tolles auf den Rückruf folgt, dieser wird zuverlässiger, und Du kriegst die Verknüpfung weg "Fraule ruft - da kommt sicher wer". Also auch nicht immer zwangsläufig anleinen, wenn jemand kommt! Fußgehen reicht, wenn das funktioniert. Im Zweifel dann nen Bogen laufen, damit es durch den größeren Abstand dem Hund leichter fällt, im Fuß zu bleiben, und er nicht durchstartet. Aber wenn er eh ansonsten gut erzogen ist, dürfte das ja dann nicht das Problem sein.
Hoffe, meine Beschreibung hilft Dir ein bißchen - wenn nicht, frag einfach nochmal nach....
Viel Spaß beim Üben! ;-)