Zitat
Jau, und schwarze Tinte wurde Orangefarben.....
Schwarze Tinte in der Schule - das war ein Verbrechen! Wir durften nur blaue benutzen. Wer eine andere Farbe benutzte, war ein Rebell..... und handelte sich z. B. bei Klassenarbeiten richtigen Ärger ein.
Die Lehrer durften natürlich rot, und wehe, es war eine grüne Bemerkung bei Arbeiten drunter oder am Rand! Dann war die Arbeit über den Tisch der Schuldirektorin gewandert - das bedeutete entweder eine grottenschlechte oder eine supertolle Leistung, selten mal etwas ganz normales....
Naja, Schule in den 60er Jahren war schon anders als heute.... ich glaube, das war eigentlich viel entspannter als heute, obwohl wir das damals sicher nicht so sahen. Aber ich denke nicht, dass die damaligen Lehrer wegen Angstzuständen nicht mehr fähig waren, Unterricht zu halten. Wir hatten noch eine ganze Reihe Lehrer, die bis zur Pensionierung gearbeitet haben. Die Frühpensionierung gab es eigentlich nur, wenn schwere Krankheiten auftraten.
Aus heutiger Sicht betrachte ich meine Schulzeit als schön. Wir hatten meist nur vormittags Schule, nachmittags war frei fürs Spielen, evtl. irgendwelche Hobbies. Nachmittagsunterricht gab es sehr selten - und meist war das dann Sport (wenn wir im grossen Stadion Leichtathletik machen mussten - Hass!) oder mal Kunstunterricht.
Heute ist es ja in den 8./9. Klassen fast die Regel, dass 8 Schulstunden pro Tag auf dem Plan stehen. So viel gab es bei uns im Alter von 14 Jahren nicht.
Im Geschichtsunterricht hörte die deutsche Geschichte etwa 1930 auf - danach ging es wieder zurück in die Steinzeit. Genaueres über die dunkle Zeit Deutschlands habe ich erst viel später erfahren - in gewerkschaftlichen Seminaren oder auch dann in Büchern oder Zeitschriften wie Spiegel oder Zeit.
Politikunterricht gab es nur sehr spärlich. Das wurde von uns "Kindern" ziemlich fern gehalten. Damals war man ja auch erst mit 21 volljährig (bis 1974), also musste man nicht so viel über Politik wissen, man durfte ja eh nicht mitreden.
Als ich dann mit 16 meine Ausbildung begann und kurz darauf Kontakt zur IG Metall bekam, nach einem halben Jahr in die Jugendvertretung gewählt wurde, da begann eine ganz neue Welt. Ich lernte Sichtweisen kennen, die mir bis dahin fremd waren - obwohl auch mein Vater Arbeiter war. Aber er war Arbeiter im öffentlichen Dienst, da gab es damals nicht viel zu meckern oder zu streiken.....
Wenn man heute hört, dass für 5 oder 6 Prozent mehr Einkommen gestreikt wird.... damals hätte man gelacht. Da ging es um 9, 10, 12 Prozent. Und im Endeffekt kamen 7 oder 8 raus. Und endlich überall 40-Stunden-Woche (1973 gab es z. B. im Grosshandel noch 44 Stunden).
Neue Gesetze regelten, dass Auszubildende keine "ausbildungsfremden" Arbeiten machen mussten - da gab es heisse Diskussionen, ob bei Schlossern und Drehern das Werkstatt kehren nun ausbildungsfremd war oder nicht....
Und trotz Gesetz: Die Stadttouren mit Frühstückseinkauf für Kolleginnen und Kollegen waren bei allen Azubis heiss begehrt - da fiel meist das eigene Frühstück mit ab....
Rumlungern gab es natürlich auch - schliesslich waren die 60er Jahre auch die Wiege der Hippies und der "68er".... Aber die "Gammler" wurden schon ganz schön schräg angeschaut, gerade in der Kleinstadt Trier (trotz Uni!). Wer keine Arbeit hatte, war oft wirklich arbeitsscheu - nicht so wie heute....
Tja, und im Auto musste man sich noch nicht anschnallen, man durfte hinten Winter- und vorne Sommerreifen draufhaben, das Verkehrsbild wurde vom VW-Käfer beherrscht, die Parklücken waren für die damaligen Autos breit genug, das Benzin erschwinglich.....
Na - aber ich möchte trotzdem nicht wieder in der damaligen Zeit mit ihrer Engstirnigkeit leben.
Gruss
Gudrun