Hallo Walter,
hier mal eine praxiserprobte Anleitung:
1. Würger wegschmeißen!
2. Training beginnen.
Dazu braucht Ihr:
- Jede Menge Geduld
- Jede Menge Leckerchen
Klingt schon mal einfach, oder?
Für die nächste Zeit solltet Ihr den Hund nach Möglichkeit ausschließlich um des Gassigehens-Willen ausführen und ihn nicht "mal schnell wohin mitnehmen", vor allem dann nicht, wenn Ihr in Eile seid, denn dann nützt all das Training nichts.
Zu Beginn würde ich dem Hund für einen Tag das Futter streichen. Keine Sorge - das schadet ihm nicht.
Dann mit ordentlich Leckerchen bewaffnen, normales Halsband oder Geschirr mit Leine umbinden und raus auf die Straße.
Wenn er anfängt, an Dir vorbeizulaufen, also Dich zu überholen, drehst Du direkt um (möglichst schnell!) und gehst in die andere Richtung. Kommt er nach und überholt Dich wieder, erneut zackig umdrehen und in die entgegengesetzte Richtung laufen usw., usf.
Dabei solltest Du unbedingt vorausschauend handeln - also nicht erst umdrehen, wenn der Hund schon mit voller Kraft in der Leine steht !!, sondern wesentlich früher, nämlich dann, wenn der Hundehintern an Dir vorbei will. Lass den Hund nicht "in die Leine knallen" oder zerr ihn durch die Gegend - das ist nur frustrierend für beide Seiten und kann dem Hund darüber hinaus sehr schaden.
Es ist praktisch, dabei gleich ein Kommando einzuüben, damit Du den Hund später verbal korrigieren kannst. Am Besten eines, das noch nicht anders belegt ist, also nicht "hier!", wenn Ihr das schon fürs Heranrufen verwendet oder so.
Jetzt kommt der eigentliche Trick:
Du solltest dem Hund zeitgleich zur Korrektur seines "Fehlverhaltens" immer ein alternatives, gewünschtes Verhalten zeigen.
Wenn Du NUR Zickzack läufst, bringt das überhaupt gar nichts, weil der Hund nicht verstehen wird, was Du von ihm willst.
Stattdessen hältst Du von anfang an, am besten direkt ab der Haustür, ein paar Leckerchen in Deiner Hand, auf Höhe Deines Körpers. Nicht vor Dir, nicht hinter Dir, sondern neben Dir.
Will der Hund an die Leckerchen (kleine Wurststückchen eignen sich sehr gut), muss er zwangsläufig auf Deiner Höhe laufen. Tut er das, bekommt er fleißig Leckerchen reingestopft und wird bitte gelobt wie Bolle.
Timing ist das A und O - sobald er auch nur für eine Sekunde "richtig" neben Dir herläuft, gibt es augenblicklich Snacks und ein Freudenfest.
Macht er wieder Anstalten, sich vorbeizudrängeln und nach vorne zu ziehen, setzt Du zur Kehrtwendung an. Kommt er nach und ist er dann auf Deiner Höhe, gibts wieder Leckerchen und "Feiiiiiner Hund!"...
Dabei bleibt die Leine die ganze Zeit locker und lang, das bedeutet, dass Du den Hund nicht durch eine superkurze Leine "zwingst", neben Dir zu laufen, sondern ihm das durch positive Bestätigung beibringst.
Es bedeutet auch nicht, dass der Hund permanent "Fuß" laufen soll!!!
Er hat seinen Bewegungsfreiraum je nach Leinenlänge nach wie vor, darf auch schnuppern, trödeln und die Seite wechseln etc. pp., aber er sollte Dich eben nicht abhängen, das heißt, wenn ich meinen Hund "von hinten" sehe, wird er freundlich daran erinnert, das da grade etwas nicht nach Wunsch läuft und er bitteschön wieder "zu mir!" (unser Kommando dafür) kommen soll.
Bei manchen Hunden dauert es einige Tage, bis sie das Prinzip verstanden haben, ab dann ist der Rest eigentlich nur noch Übungssache und vor allem: KONSEQUENZ.
Es liegt absolut und ausschließlich an Euch, ob Ihr das durchzieht, auch wenn Ihr in den ersten Tagen kaum von der Stelle kommen werdet und Euch sämtliche Passanten für Vollidioten halten, oder ob Ihr einknickt und nachlässig werdet, bevor er das sicher kann.
Bei den für ihn ganz besonders interessanten Subjekten, also in Eurem Fall Kindern, solltet Ihr genau dasselbe Muster beibehalten. Will er voraus, Kommando geben, direkt umdrehen und übermäßig belohnen, sobald er es richtig macht.
Drei mal, zehn mal, fünfzehn Mal...
Mit der Zeit - und die kann unter Umständen recht lange dauern! - wird er hier ebenfalls lernen, dass er nur an sein Ziel kommt, wenn er NICHT zieht.
Für einen schnelleren Lerneffekt würde ich raten, Trockenfutter zu füttern und ihn sein Futter u.a. beim Leinentraining großzügig "verdienen" zu lassen. Je weniger er im Napf vorfindet, desto interessanter wird das Futter als Belohnung. Darüber hinaus braucht man schon eine ganze Menge, um ihn anfangs bei der Stange zu halten.
Und schlussendlich:
Warum soll der Hund neben Dir her laufen und nicht vor Dir?
Ganz einfach - das hat nichts mit "Ich bin im Rudel der Alphamensch" zu tun, sondern simpel mit Physik. Wenn ein großer Hund mit ausgestreckter Leine vor Dir läuft, ist es für ihn wesentlich einfacher, loszupreschen und zu ziehen, sobald er etwas interessantes sieht.
Zweitens kannst Du einen Hund, der neben Dir geht wesentlich besser mit Deinem Körper kontrollieren: es reicht dann vollkommen aus, einen kleinen Schritt zur Seite zu machen, um ihm den Weg zu versperren (z.B. wenn der "Erzfeind" unvorhergesehen um die Ecke biegt), als wenn er schon drei Meter weiter vorne ist, als Du.
Drittens hat Dein Hund wesentlich mehr Spielraum, sich (wenn er es denn mal gelernt hat) an Dir zu orientieren und Deine Richtungswechsel mitzuvollziehen.
Liebe Grüße und viel Erfolg,
Sub.