Dazu sollte tatsächlich der Begriff "Normalität", in Bezug auf Verhalten, also das, was normalerweise, üblicherweise als Verhalten gezeigt wird bei der Gesamtpopulation von Hunden ohne Übertypisierungen betrachtet werden.
Dass bei bestimmten Selektionszielen Merkmale gehäuft (also signifikant verstärkt) auftreten, die bei einer Betrachtung der Gesamtpopulation nicht als normales, übliches Verhalten erscheinen, macht diese verstärkt bei diesem Selektionsziel gezeigten Verhaltensmerkmale nicht normal.
Es ist ja ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, immer wieder neu auszuloten, wo die Grenze zwischen Normalität und A-Normalität liegt. Letztendlich ist Normalität aber vor allem eines: ein Spektrum.
Ich kenne zum Beispiel einen Haufen Hunde, die dieses Verhalten in mehr oder minder starker Form zeigen: Schäferhunde, Terrier, kernige Hüter und allen voraus viele, viele Mischlinge. Nur, weil ein Großteil der Hunde dieses Verhalten nicht zeigt, heißt es nicht gleich, dass es anormal ist. Du kannst Normalität nicht allein anhand des Modalwertes festmachen. Wenn wir danach gehen, müsste es auch total anormal sein, männlich zu sein - weil über 50% der Menschen weiblich sind. Auch Minderheiten gehören zum Normalitäts-Spektrum.
Davon abgesehen: Durch die Selektion auf bestimmte Rassen hin wurden alle Hunde mehr oder weniger stark verändert. Um einen Überblick über die ursprünglichen Verhaltensweisen eines Haushundes ohne Selektion zu erlangen, müsste man sich also das Verhalten von recht ursprünglichen, wenig überzüchteten Rassen anschauen. Und da sind doch einige Hunde dabei, die genau so ein Verhalten gehäuft zeigen. Um bei meinen Osteuropäern zu bleiben: Puli, Mudi, Kroatischer Schäferhund, die ganzen Osteuropäischen HSHs und deren Mixe neigen meiner bisherigen Erfahrung nach durchaus dazu, mal gegen den Halter zu gehen. Nicht alle, klar, aber als wahnsinnig ungewöhnlich würde ich das bei denen nicht beschreiben.